„Die Letzten ihrer Art“ nennt sich das weltmusikalische Schauspiel, das am Freitag, 18. Oktober um 20 Uhr in der Historischen Druckerei Seidel in Sulzbach-Rosenberg über die Bühne geht. "Gankino Circus" sind mit ihrem schrägen Konzertkabarett zu Gast in der Oberpfalz. Die Kulturredaktion hat vorab bei Percussionist Johannes Sens nachgefragt.
ONETZ: Herr Sens, Sie machen seit Ihrer Jugend gemeinsam Musik- wie kam es zur Idee als „Gankino Circus“ Franken und den Rest der Welt zu erobern?
Johannes Sens: Nachdem wir praktisch unsere ganze Jugend in Dietenhofen, im Wirtshaus, verbracht hatten, zog es uns in die weite Welt. Wir wollten mal etwas Anderes sehen und sind los gefahren, um uns anzuschauen wie das anderswo so läuft. Bis dahin dachten wir, dass es überall so zugeht wie bei uns in Dietenhofen. Also haben wir Straßenmusik gemacht und sind dabei durch fast ganz Europa gezogen. Frankreich, Schweiz, Belgien, Östereich, Serbien, Ungarn, Bulgarien, überall haben wir unsere fränkische Volksmusik auf der Straße gespielt. Später dann auch weiter weg: Kasachstan, Armenien und Georgien. Überall gibts tolle Volksmusik und nette Leut. Fast überall kann man auch trinkbares Bier finden.
ONETZ: Wann kam der bulgarische Tanz „Gankino“ ins Spiel?
Als wir den Gankino zum ersten Mal gehört hatten, hats uns den Vogel raus gehauen. Die fränkische Volksmusik ist ja eher gerade und gewissermaßen gleichmäßig. Aber anderswo gibt es auch die ganzen ungeraden Takte. Und die Bulgaren lernen die schon im Konfirmationsunterricht. Dort singen dir die kleinen Kinder schon Elfachteltakte vor - oder Dreizehnachtel, egal was. Das ist wirklich großartig. Wir mussten das unbedingt genauer anschauen. Und haben schnell raus gefunden, dass es den meisten Stücken total gut tut, wenn die a weng krummer werden. Und so sind wir auf den Trichter gekommen, dass wir die fränkischen Stückli mit dem bulgarischem Feuer verbinden.
ONETZ: Wie klappt es denn so mit der Verständigung, wenn vier eingefleischte Franken weit weg von der Heimat auftreten?
Früher wars ja so, dass man uns in Andorf oder Großhabersdorf, sobald wir a weng aus Dietenhofen raus gefahren sind, schon nicht mehr verstanden hat. Aber mit etwas Übung haben wir gelernt, wie man mit den Leuten sprechen muss, dass die verstehen was wir meinen. Mittlerweilen klappt das eigentlich fast überall ganz gut. Egal ob das jetzt Armenien, Kirgisien oder die Oberpfalz ist.
ONETZ: Was sagt man eigentlich in Dietenhofen zum internationalen Ruhm, den Sie der Gemeinde bringen?
Die sind hier alle ganz aus dem Häuschen. Letztes Jahr wurden wir auch mal zum Bürgermeister zitiert zu einer Bürgerehrung inklusive gemeinsamem Schäufeleessen mit den Gemeindefunktionären. Sogar eine Fotografin aus Herpersdorf war dabei.
ONETZ: In voretikettierte Schubladen wollen Sie nicht passen – wie beschreiben Sie selbst das, was Sie mit „Die Letzten Ihrer Art“ auf die Bühne bringen?
Oh das ist eine schwierige Frage. Als die uns im Juni den deutschen Weltmusikpreis verliehen haben, schrieb die Jury ungefähr sowas:
Der Preis geht 2019 an Gankino Circus, weil es zur Zeit keiner anderen deutschen Band so gut gelingt, Virtuosität und Humor zu vereinen. Die Freunde aus Kindertagen beginnen ihre Konzerte meist auf dem Balkan und enden mit dem letzten Song sicher im heimatlichen Wirtshaus. Dazwischen liegen derbe Streifzüge durch bulgarische Einöden, Abstecher in die wilden Zeiten Django Reinhards und RocknRoll-Exzesse auf 60er-Jahre-Retro- Parties... so oder so ähnlich hat die Jury das formuliert. Das klingt, finde ich, ganz gut.
ONETZ: Und was wünschen Sie sich vom Oberpfälzer Publikum in der Historischen Druckerei Seidel?
Die Druckerei Seidel hat immer ein Spitzenpublikum. Wir freuen uns schon riesig auf das Konzert in Sulzbach-Rosenberg. Das wird großartig. Wir sind da hinterher immer wunschlos glücklich...
Service
Das Konzert mit "Gankino Circus" am Freitag, 18. Oktober in der Historischen Druckerei Seidel beginnt um 20 Uhr. Tickets bei den AZ-/SRZ-Vorverkaufsstellen unter 0961/ 306 230, 09661/87290 und online unter www.nt-ticket.de.
Zur Band
Johannes Sens (Percussion), Simon Schorndanner (Gesang, Saxophon), Ralf Wieland (Gitarre, Kapellmeister) und Maximilian Eder (Akkordeon) begannen 2007 als Straßenmusikanten. 2010 veröffentlichten "Gankino Circus" ihr Debütalbum "Das Potpourri des Herrn Baron von Gunzenhausen". 2013 und 2014 gaben sie auf Einladung des Goethe-Instituts Konzerte und Workshops in der Ukraine und in der deutschen Botschaft in Sofia/Bulgarien, zum 15-jährigen Jubiläum der dortigen Sprachlernzentren tourte die Band in Kooperation mit dem Goethe-Institut durch Kasachstan und Kirgisien. Sie wurden ausgezeichnet mit dem Deutschen Weltmusikpreis RUTH 2019, dem Weltmusikpreis Creole Bayern 2019 und dem fränkischen Kabarettpreis 2016.
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