Welche Herausforderungen für Gesellschaft und Politik mit dem digitalen Wandel verbunden sind, erläutert Michael G. Möhnle auf Einladung des Lions Clubs und der Kulturwerkstatt Sulzbach-Rosenberg. (Die Lesung wurde wegen des Coronavirus abgesagt. Anm. d. Red) Was ihn auf dieses spannende Thema gebracht hat, erzählt er im Interview.
ONETZ: Herr Möhnle, wenn Sie so auf die Themen Ihres Vortrages blicken – würden Sie manchmal gerne dem World Wide Web den Stecker ziehen?
Michael G. Möhnle: Auf keinen Fall! Es hat weltweit Wissen und Information revolutioniert. Das Web wurde vor 30 Jahren nutzbar gemacht und startete vor etwa 20 Jahren in Deutschland. Die Startphase des Internets habe ich als Leiter der Online-Kommunikation verantwortlich in der Bayerischen Staatsregierung begleitet. Damals gab es noch keine Smartphones, kein facebook (seit 2004) und keine Künstliche Intelligenz. Allerdings hat die digitale Kommunikation heute mit dem Web vor 20 Jahren so viel zu tun wie das erste Fahrrad mit dem Bugatti Chiron (1.500 PS).
ONETZ: Was hat Sie eigentlich dazu gebracht, Ihren journalistisch geschulten Blick auf die dunklen Seiten der Digitalisierung zu werfen?
Die positiven Möglichkeiten einer smarten Kommunikation sehen Sie in zahlreichen Apps, die einen wirklichen Mehrwert haben, in der Telemedizin, in Video-Tutorials und Tausend anderen Möglichkeiten. Seit jedoch Digital-Konzerne mit ihren weltweiten Plattformen unsere Daten nutzen, verkaufen und das große Geschäft machen, seit digitale Manipulation und Fake-News Wahlen und Völker beeinflussen, erleben wir die negative Dimension smarter Kommunikation. Es ist heute Aufgabe von Journalisten aufzuklären, von Schulen und Lehrkräften Medienkompetenz zu vermitteln – dabei helfe ich und packe mit an!
ONETZ: Wie gelingt es, dem Publikum die erschreckenden Erkenntnisse Ihrer Analyse nahezubringen ohne Panik vor Medien zu erzeugen, die aus unserem alltäglichen Leben nicht wegzudenken sind?
Die Menschen sind heute wach und wissbegierig. Sie sind modern und up to date. Sie sind aber auch kämpferisch, wenn es um die Verteidigung von Freiheit und Demokratie geht. Es ist Aufgabe der Medien auf Missbrauch und Gefahren hinzuweisen. Sie sind die 4. Gewalt im Staat. Geschieht dies nicht oder zu lasch, stehen Freiheit und Demokratie auf dem Spiel. Mehr denn je müssen wir die Errungenschaften unserer europäischen Zivilisation verteidigen.
ONETZ: Wie kann man den eigenen Umgang mit den digitalen Möglichkeiten optimieren?
Ich zeige anhand von Beispielen was heute digital möglich ist. Für mich gilt das Motto: Gefahr erkannt, Gefahr gebannt. Es ist heute Aufgabe unserer Gesellschaft, von Betrieben und Behörden bis zu Kindergärten und Universitäten, digitale Kompetenz zu vermitteln.
ONETZ: Und wenn Sie es in der Hand hätten: Welche Maßnahmen würden Sie auf den Weg bringen, um die Gesellschaft besser vor dem digitalen Angriff zu schützen?
Die digitale Manipulation und der massive digitale Angriff, wie er heute gegen Europa und die Demokratie geführt wird, sind noch viel zu wenig bekannt. Wir müssen zum einen auf diese Gefahren aufmerksam machen, das Bewusstsein dafür schärfen, und zum anderen die entsprechenden Gesetze zum Schutz der Bürger und der Demokratie verabschieden – und zwar europaweit. Leider habe ich den Eindruck, dass die Gesetzgebung der aktuellen digitalen Entwicklung um 5 Jahre hinterherhinkt. Hier muss vor allem die Europäische Union schnell und geschlossen für alle Mitgliedstaaten handeln.
Zur Person
Michael G. Möhnle wurde in Augsburg geboren und verbrachte seine Kindheit in Kalifornien.Nach verschiedenen Stationen als Redakteur und freier Europakorrespondent im Europäischen Parlament war der Absolvent der Bayerischen Journalistenschule unter anderem Pressesprecher in der EVP-Fraktion und der CDU/CSU-Gruppe im Europäischen Parlament. In verschiedenen Bayerischen Staatsministerien war er unter anderem als Europa-Pressesprecher , Leiter Internet , Stellvertretender Referatsleiter Information und Kommunikation sowie Stellvertretender Referatsleiter IT-Strategie, eGovernment und Anwendungen tätig. Seit 2018 arbeitet er als selbständiger Journalist und Media-Consultant.
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