Sulzbach-Rosenberg
11.12.2018 - 14:37 Uhr

Höllerers Erben

Drei Zeitschriftenmacher diskutieren beim Symposium "Transnationale Akzente" über ihr Metier in globalen Zeiten

Moderator Heribert Tommek mit den Zeitschriftenmachern Jürgen Link, Jo Lendle und Thomas Geiger (von links) vor historischer Kulisse im Literaturarchiv Sulzbach-Rosenberg. Bild: aks
Moderator Heribert Tommek mit den Zeitschriftenmachern Jürgen Link, Jo Lendle und Thomas Geiger (von links) vor historischer Kulisse im Literaturarchiv Sulzbach-Rosenberg.

Im Sandwich zwischen Buch und Tageszeitung haben Literaturzeitschriften ihren indivduellen Freiraum gefunden. Aber wie ist es um die früher wegweisende internationale Ausrichtung in der modernen, globalisierten Welt bestellt? Darüber diskutierten drei renommierte „Zeitschriftenmacher“ zur Eröffnung des Symposiums „Transnationale Akzente“ im Literaturarchiv Sulzbach-Rosenberg.

Zur besseren Einordnung holte Moderator Heribert Tommek beim Podiumsgespräch weiter aus und beleuchtete zunächst die Historie der drei vorgestellten Zeitschriften „Akzente“, „Sprache im technischen Zeitalter“ und „kultuRRevolution-Zeitschrift für angewandte Diskurstheorie“.

Als jüngster Gast verantwortet Hanser-Verleger Jo Lendle seit 2015 mit „Akzente“ die älteste der vorgestellten Literaturzeitschriften. Zur Zeit der Gründung 1953 sei der Hanser-Verlag noch „ein ziemlich verschnarchter Haufen“ gewesen, durch Walter Höllerers und Hans Benders Initiative hielt jedoch schnell die Moderne Einzug in das vorkriegsgeprägte Ambiente.

Von Anfang an nicht nur für die „Gruppe 47“ ein „Kristallisationskeim“ entwickelte sich eine Art „immaterieller Salon“ mit Raum für Austausch, der auch Hanser als Buchverlag literarisch interessant machte, so Lendle. Herausgeber Michael Krüger verstärkte in seiner Ägide die internationale Ausrichtung.

Da sie jedoch längst nicht mehr die einzige Möglichkeit sind, Internationalität herzustellen , hätten Literaturzeitschriften ihre „Aufsperrfunktion“ verloren, auch „Akzente“ sei keine Entdeckerzeitschrift mehr. Eine publizistische Freifläche für ganz andere Aspekte der Internationalität böte sie aber nach wie vor.

Den Förder- und Entdeckergedanken hält man bei der seit 1961 existierenden „Sprache im technischen Zeitalter“ nach wie vor hoch, berichtete Herausgeber und Redakteur Thomas Geiger. Ihren wenig poetischen Namen verdankt die literaturwissenschaftliche Höllerer-Gründung übrigens der einstigen Ansiedelung unter dem Dach der Technischen Universität Berlin.

Auch hier gab es publizistischen Freiraum für damals unbekannte Literaten, die mittlerweile längst zum Kanon zählen. Neue Autoren quasi als „kleine Schwester vom Buch mit ersten Trippelschritten“ in die literarische Welt einführen oder in der Versenkung verschwundene Literaten wiederzuentdecken, gehört für Geiger unverändert zum Kerngeschäft. Insgesamt habe es die zunehmend politischere Ausrichtung der großen Zeitungs-Feuilletons aber nicht leichter gemacht: „Wenn es Literaturzeitschriften nicht mehr gäbe, würde sich die Welt weiterdrehen – aber sie wäre ärmer“, so sein Fazit.

Obwohl Walter Höllerer aus seiner Sicht ein Mensch des Interdiskurses war, ohne diesen Begriff zu haben, sah sich der emeritierte Professor für Literatur und Diskurstheorie Jürgen Link mit seiner medienkritischen Zeitschrift „kultuRRevolution“ in einer „asymmetrischen Position gegenüber den beiden klassischen Höllerer-Zeitschriften.

1982 auf Nachfrage von Absolventen nach neuen Materialien gegründet, hat man sich hier den Alleinstellungsmerkmalen Kollektivsymbolik, Interdiskurs, Normalismus und Simulation verschrieben. Mit gezieltem Blick Richtung Frankreich will Link auch die mehrheitlich anglophile Orientierung aufbrechen und für französische Autoren und Veröffentlichungen den oft üblichen Umweg über den Atlantik abkürzen .

 
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