Sulzbach-Rosenberg
07.10.2020 - 14:35 Uhr

Kabarettist Springer hilft im Orient: "A bisserl was geht immer"

Christian Springer hält es mit dem legendären Monaco Franze. Das hilft, wenn die Premiere des neuen Kabarett-Programms verschoben wird. Und es hilft bei seinen zahllosen Einsätzen als Orienthelfer in Syrien, Jordanien und im Libanon.

Buchverteilung im Libanon Bild: Orienthelfer e.V./exb
Buchverteilung im Libanon
Christian Springer in Beirut. Bild: Sina Schweikle
Christian Springer in Beirut.
Humanitäre Hilfe als Herzensangelegenheit: Christian Springer als Orienthelfer vor Ort. Bild: Orienthelfer e.V./exb
Humanitäre Hilfe als Herzensangelegenheit: Christian Springer als Orienthelfer vor Ort.

Vorbereitet war es schon, das neue Programm „nicht egal“. Aber dann kassierte die Pandemie auch die Sulzbach-Rosenberger Vorpremiere ein. Sein Publikum lässt Christian Springer aber trotzdem nicht im Stich und spielt stattdessen morgen im Capitol eine Doppelvorstellung „Best of Springer“. Im Interview erzählt er, wie es ist, wenn ein Plan B her muss und gleichzeitig ein flammendes Inferno seine zweite Heimat Beirut verwüstet hat:

ONETZ: Herr Springer, seit Monaten hält die Corona-Pandemie den Kulturbetrieb im Würgegriff. Wie haben Sie sich mit der neuen Situation arrangiert?

Christian Springer: Ich bin ein Münchner, der das Lebensmotto des Monaco Franze verinnerlicht hat: A bisserl was geht immer. Wir müssen uns alle gegenseitig Mut machen.
Ich habe sehr viel geschrieben. Und sehr viel aufgeräumt, haha.

ONETZ: Wie sieht es mit staatlicher Unterstützung aus? Spüren Sie etwas von der immer gerne bekundeten Wertschätzung für Künstler und Kulturschaffende?

Ach, natürlich könnte man es besser regeln. Da ist eine große Hilflosigkeit zu spüren in der Politik. Aber ich frage mich auch: Wo ist denn die Solidarität innerhalb der Szene? Wo ist denn der Hilfsfond der deutschen Künstlermillionäre für die Garderobendamen, Küchenhilfen und Techniker. Das ärgert mich viel mehr!

ONETZ: Was muss alles zusammenkommen, um ein eigentlich schon bühnenreifes, neues Programm der Umstände halber zurückzuziehen?

Nicht viel. Aber wenn die Bühne, in der man Premiere haben soll, geschlossen bleiben muss, dann geht halt nix. Mein Kalender schaut aus, als hätte ein ganzer Kindergarten drin rumgeschmiert, ein Kritzelkratzel nach dem anderen. Absagen, Verschiebungen, Absagen usw.

ONETZ: Wie heiß war denn die Nadel, mit der Sie jetzt das „BEST OF“-Ersatzprogramm gestrickt haben?

Gestrickt wars schnell. Das Problem ist das Kürzen, das Weglassen. Zur Zeit ist das Programm noch zu lang.

ONETZ: Wie schafft man überhaupt diesen Spagat, wenn gleichzeitig vermutlich das Herz blutet angesichts der Bilder nach der katastrophalen Explosion in Beirut?

Spagat in der Seele ja. Aber ich brauche das. Wenn ich aus Beirut komme, freue ich mich, wenn ich noch am selben Tag auf die Bühne darf. Das ist meine Art der Verarbeitung.

ONETZ: Wissen Sie, wie es derzeit um die Menschen dort bestellt ist, nachdem die erste Welle der Hilfsbereitschaft schon wieder abflaut?

Ich bin jeden Tag in Kontakt. Menschen sind verletzt und haben Narben. Auch innerlich. Dann die Waisenkinder, dann die Löcher in den Hauswänden, nach wie vor fehlt Glas für die Fenster, Holz für die Türen. Es ist einfach alles gerade fürchterlich. Aber wir lassen nicht locker, unsere Hilfen gehen weiter.

ONETZ: Das Elend in Syrien und jetzt auch wieder im Libanon scheint kein Ende zu finden, während die große internationale Gemeinschaft eher zuschaut als handelt. Woher nehmen Sie trotzdem die Kraft, nicht aufzugeben und weiter zu helfen?

Für mich ist das eine Selbstverständlichkeit. Als ich klein war, hat meine Mama zu mir gesagt: „Bub, wenn jemand hingefallen ist, dann gehst hin, und hilfst ihm auf.“ Punkt. So einfach ist das.

ONETZ: Und wie können wir alle mithelfen?

Es klingt so blöd und ich schäme mich dafür, aber es ist tatsächlich: Geld. Wir bitten um Spenden. Denn ausgelatschte Turnschuhe, ein altes Gartenfenster oder ein Erste-Hilfe-Kasten aus dem alten Auto hilft uns gar nix. Da ist der Transport teurer als alles andere. Ich bitte da um Verständnis. Aber die allermeisten Leut verstehen das sehr gut. Danke dafür!

Info:

Zur Veranstaltung

Christian Springer spielt am Freitag, 9. Oktober sein Pogramm "BEST OF Springer" im Capitol in Sulzbach-Rosenberg. Die erste Vorstellung beginnt um 18.30 Uhr (Einlass 18 Uhr), die zweite um 21 Uhr (Einlass 20.30 Uhr). Es gelten die üblichen Corona-Regelungen.

Info:

Orienthelfer e.V.

2012 gründete Kabarettist Christian Springer, der sein Studium der Semitistik, der Philologie des christlichen Orients und der Bayerischen Literaturgeschichte kurz vor Beendigung abgebrochen hat, den gemeinnützigen Verein "Orienthelfer e.V.", um die zivilen Opfer des syrischen Bürgerkriegs zu unterstützen. Seither organisiert der Verein unter anderem unzählige Hilfslieferungen nach Syrien, Jordanien und in den Libanon.

Spendenkonto:

Stadtsparkasse München, Empfänger:Orienthelfer e.V., IBAN: DE92 7015 0000 0000 5741 11, BIC: SSKMDEMM

Weitere Informationen:

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