Selbst bei erfahrenen Konzertgängern logieren Komponisten wie Alexander Tcherepnine, Erwin Dressel oder Paul Ben-Hain nahe an den sprichwörtlichen „böhmischen Dörfern“. Umso schöner das Aha-Erlebnis, das Saxophonist Johannes Neuner und Pianistin Marina Palmer-Wulff mit ihrer musikalisch bestechenden Expedition in der Berufsfachschule für Musik (BfM) entfachten.
Für den gewissen Hauch des Besonderen hätten womöglich allein schon die Besetzung und die von den versierten Könnern ihres Fachs präsentierte Qualität ausgereicht. Ihrer komplementären Berufung als BfM-Dozent beziehungsweise Klavier-Pädagogin verpflichtet, ließen Neuner und Wulff ihr Publikum am Valentinsabend aber nicht allein durch die Nebel der eigenen Fantasie irren.
Stattdessen warfen sich vier BfM-Studenten in Schale und Kostüm, um den Zuhörern in wechselnder Formation optisch und natürlich auch verbal Lebenseckpunkte und Charakteristika der jeweils folgenden Schöpfer und Werke so charmant wie locker näherzubringen.
Dermaßen amüsant illustriert, entfaltete sich schon bei Tcherepnines leicht exzentrischer „Sonatine Sportive“ ein tatsächlich wiedererkennbarer Wettstreit zwischen Johannes Neuners kraftstrotzendem Saxophon-Ton und Marina Palmer-Wulffs flinker Fingerakrobatik am Flügel – meditative Halbzeit inklusive. Erwin Dressels 1938 zu Papier gebrachten "Bagatellen" atmeten dagegen gut hörbar den facettenreichen, zwischen schummriger Wohligkeit und lebensfroher Beschwingtheit changierenden Musikgeist ihrer Zeit.
Flott wie es sich für Paul Creston als amerikanischem Star der 1940er- und 50er gehört, kam mit der dreisätzigen Sonate für Altsaxofon und Klavier ein mal kesser, mal schmeichelnder Ton aufs Sulzbach-Rosenberger Parkett. Prachtvolles Landschaftskino für die Ohren boten Sigfrid Karg-Elerts charakteristischen Capricen „Cubana“ und „In modo lidio“ sowie die tief in seiner neuen Heimat verwurzelten, durch und durch orientalisch durchwobenen „Three Songs without words“ des 1933 nach Tel Aviv emigrierten Paul Ben-Haim.
Ganz konnten und wollten sich die Künstler aber doch nicht dem strahlenden Magneten der sagenumwobenen 1920er-Jahre entziehen und so kam auch George Gershwin zu Ehren. Allerdings weder mit Gassenhauern à la „Rhapsody in Blue“ oder „Summertime, sondern mit drei feinen, an Charleston, Blues und Foxtrott angelehnten Préludes für Piano solo.
Das Publikum wusste einen solch beachtlichen Raritäten-Abend gebührend zu schätzen und wurde zum Ende der vergnüglichen Reise zu neuen Ufern mit einer temperamentvollen „Milonga“-Zugabe des Tango-Königs Astor Piazzolla belohnt.
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