Sulzbach-Rosenberg
02.08.2018 - 14:24 Uhr

Nicht ohne den Schwan

Misha Quint und Christopher Taylor eröffnen das 13. SRIMF mit umjubelten Recital

Auch beim 13. Recital in der Herzogstadt besticht Festivalleiter und Cellist Misha Quint mit unveränderter Tonkunst. Wolfgang Steinbacher
Auch beim 13. Recital in der Herzogstadt besticht Festivalleiter und Cellist Misha Quint mit unveränderter Tonkunst.

Dreifache Freude bei der Eröffnung des "Sulzbach-Rosenberg International Music Festival" (SRIMF): Auch beim 13. Recital in der Herzogstadt besticht Festivalleiter und Cellist Misha Quint mit unveränderter Tonkunst, präsentiert diese jedoch in einem innovativen Programm, das erstmals gänzlich ohne russische Reminiszenzen auskommt und sagt obendrein seine Zugaben an – auf deutsch.

Für den appetitanregenden Konzert-Einstieg hat Misha Quint in der deutschen Celloliteratur gestöbert und dabei Woldemar Bargiels melodiöses „Adagio“ für sich entdeckt. Eine in jeder Hinsicht erfrischende Wahl, auch für das Publikum, das der gewohnten Hitze in der Staatlichen Berufsschule mit einer hübschen Auswahl fächelfähiger Utensilien begegnet.

Bargiels konzeptionelle Nähe zur vorausgegangenen Klassik-Epoche nimmt Quint geschickt auf, indem er Ludwig van Beethovens Sonate für Violoncello und Klavier Nr. 5 anschließt. Wuchtig, düster, kontrapunktisch – die gewaltigen Herausforderungen des dreisätzigen Spätwerk interpretieren Quint und sein Klavierpartner Christopher Taylor mit vorantreibender maskuliner Kraft als Zwiegespräch zweier gleichwertiger Solo-Instrumente.

Eine umschmeichelnde, untergeordnete Begleitung entspricht im Übrigen generell nicht Christopher Taylors Arbeits-Auffassung bei seiner SRIMF-Premiere. Stattdessen hält er mit seinem international gerühmten Fähigkeiten nicht hinter dem Berg, bearbeitet aus meist gekrümmter Nähe die 88 Flügeltasten in jeder denkbaren Faςon und hat dabei stets seinen mit dem Rücken zu ihm agierenden Partner fest im Blick.

Im zweiten Konzertteil hat der rote Bargiel-Faden noch genügend Länge, um sich bis zu seinem entfernten Verwandten und Förderer Robert Schumann zu ziehen. „Fünf Stücke im Volkston“, ersonnen in einer späten, lebensfroheren Phase des Komponisten, gilt es zu meistern. Und wie vorgesehen, vermittelt auch die Quint´sche Version einen klaren und schnörkellosen Zugang zum musikalische Dargestellten, mal luftig, mal sanft wogend, mal markant und akzentuiert.

Nach dieser gerne angenommenen Wohlfühlphase für das Publikum zieht Misha Quint zum offiziellen Abschluss noch mal deutlich an: Claude Debussys Sonate für Violoncello und Klavier rangiert definitiv nicht im Segment impressionistischer Leichtigkeit, sondern fordert Künstler wie Zuhörer gleichermaßen. Anfangs gleichmäßige Klangwellen treibt der Cellist in sirenenartige Gefilde, es wird gezupft, gestrichen und ein komplexer Dialog mit dem Puls gebenden Klavier inszeniert – wahrlich kein Spielplatz für oberflächliche Dilettanten.

Ohne lange Bettelei aus dem Auditorium verkündet Misha Quint anschließend: „Das Konzert ist noch nicht zu Ende“. Seine mit „Song of the birds“ erwiesene Referenz an die Cellisten-Ikone Pablo Casals mündet in atemloser, ergriffener Stille. Es hätte ein würdiger Schlusspunkt sein können, aber Quint und Taylor haben immer noch Spaß auf der Bühne und hängen passend zur hochsommerlichen Atmosphäre Maurice Ravels „Pièce en forme de Habanera“ an.

Die treuen SRIMF-Freunde wissen jedoch, dass da immer noch etwas fehlt. Ohne zu enden, sei ihm nicht möglich, bekennt Misha Quint, und intoniert den diesmal der Festival-Koordinatorin Christl Pelikan-Geismann gewidmeten, unverwüstlichen „Schwan“ von Camille Saint-Saëns.

 
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