Besonders schöne Dinge und große Erfolge erregen leicht den Neid der Götter: „ars vivendi“-Verleger Norbert Treuheit kann ein Lied davon singen. Beim „Büchermacher“-Abend in der Buchhandlung Volkert hat er aber auch schöne Geschichten im Gepäck, selbst wenn die wohl schönste mit einem ganz schlechten Standplatz auf der Frankfurter Buchmesse ihren Anfang nahm.
Begonnen hat einst alles mit einer Marktlücke. Für München existierte zu Zeiten, als der fertige Germanist und Anglist im ersten Jahrgang „Buchwissenschaften“ studierte, kein kritischer Kneipenführer. Nachdem die großen Verlage Norbert Treuheits erster Idee einen Korb gegeben hatten, hebt er eben selbst einen Verlag aus der Taufe.
Allerdings nicht in der Verlagsmetropole München, sondern im beschaulichen und relativ konkurrenzfreien Cadolzburg in Mittelfranken. „Zwischen Sekt und Selters“ belohnt den Mut mit beachtlichen Verkaufszahlen und so entsteht daraus eine ganze Reihe für insgesamt 24 Großstädte.
Der Plan, schöne, sehr gut lektorierte und besonders aufwendig ausgestattete Bücher zu machen, geht auch im belletristischen Bereich auf. Die Leidenschaft für die Ästhetik der Bilder macht „ars vivendi“ obendrein innerhalb kurzer Zeit zum Synonym für herausragende Fotokunstkalender.
Aber dann kamen Shakespeare und der Fluch der Götter: Die ersten Bände der neuen, zeitgemäßen Gesamtausgabe versetzten die Literaturszene in einen Rausch der Begeisterung. Das Drama folgte jedoch auf dem Fuß, als sich Norbert Treuheit einer Organ-Transplantation unterziehen musste und Übersetzer Frank Günther schwer erkrankte.
Damit nicht genug, brennt es in steter Regelmäßigkeit in Druckerei, Auslieferungslager und Buchbinderei, was den Verlust vieler Shakespeare-Auflagen nach sich zieht. Der letzte Schlag fällt dagegen nass aus: Ein Sommer-Unwetter überschwemmt die Verlagsräume und verstreut die gerade in Arbeit befindlichen Manuskript-Fahnen einzeln im darunter liegenden Biergarten.
Glücklicherweise zählt Norbert Treuheit einen festen Willen zu seinen besonderen Charaktereigenschaften und so soll das 39-bändige Herkules-Projekt 2020 mit zehnjähriger Verspätung ein glückliches Ende finden – allen neuerlichen Widrigkeiten zum Trotz.
Dass aus Schlechtem Gutes werden kann, hat der Verleger ja schon früher erlebt: Eine miserabel besuchte Halle auf der Frankfurter Buchmesse beschert ihm die Freundschaft mit Bestseller-Autor Rafik Schami - dessen Schwiergermutter war damals Treuheits kontaktfreudige Stand-Nachbarin.
Zu den weiteren Eigenschaften, die sich Norbert Treuheit selbst attestiert, gehören Kreativität und der richtige Riecher für Innovation. Die fränkischen Regionalkrimis aus dem Hause „ars vivendi“ lösen einen regelrechten Boom aus, seine „non book“-Ideen wie der Adventskalender in Dosen oder das „Perfekte Timing“ verkaufen sich wie "geschnitten Brot". Seine Puzzle „Mord in Dosen“ oder „Glück in Dosen“ locken auch große Namen wie Friedrich Ani, Horst Eckert, Julie Zeh und Eva Menasse unter das Cadolzburger Verlagsdach.
Für die bewegenden Geschichten, unterhaltsamen Anekdoten und allen Zuhörern überreichten Präsent-Kalendertüten revanchiere sich Gastgeber Ralf Volkert mit einem Eckhard Henscheid. Den hat der „Gemischtwarenladen mit Niveau“ übrigens auch schon lange im Programm.
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