Es ist wieder so weit. Mit dem Frühlingsbeginn verwandeln sich unsere Felder und Wiesen in Kinderstuben der Wildtiere. Zwischen 1. März und 15. Juli bringen Wildhasen, Rehe und am Boden brütende Vögel ihre Jungen zur Welt. Wer sich in der freien Natur aufhält, sollte deshalb in den kommenden Wochen besondere Rücksicht auf die Tierwelt nehmen. Dies gelte insbesondere für Sportler, Hundebesitzer und Landwirte, sagt Susanne Kunisch im Gespräch mit Oberpfalz-Medien.
Die Sulzbach-Rosenbergerin ist Vorsitzende des 2020 neu gegründeten Vereins "Rehkitzrettung Amberg-Sulzbach" mit inzwischen 32 Mitgliedern. "In diesen Wochen sind die meisten Rehe und Hasen hochtragend. Viele Tiere können den Geburtstermin steuern. Sie wollen nicht, dass die Jungen erfrieren und warten deshalb, bis es wärmer geworden ist", erklärt Kunisch. Das gegenwärtig warme Frühlingswetter führe deshalb dazu, dass genau dieser Tage viele Junge zur Welt kämen. Freilaufende oder stöbernde Hunde seien die größte Gefahr für Rehkitze, Hasen-Kinder oder kleiner Vögelchen von Bodenbrütern. Eine Besonderheit: Rehkitze haben keinen Eigengeruch – das dient laut Kunisch auch dem Schutz des Jungtieres. "Die Rehmutter legt das Kitz ins hohe Gras und lässt es stundenlang alleine, während sie auf Futtersuche ist. Das macht die Mutter absichtlich, um Fressfeinde wie Füchse, Wildschweine oder auch Hunde mit ihrem eigenen Geruch auf eine fremde Fährte und vom Kitz wegzulocken."
Hundegeruch ist tödlich für Kitze
Hundehalter sollten ihre Vierbeiner deshalb auch im oder am Wald und auf den Wiesen an die Leine nehmen – Schleppleinen seien gute geeignet, weil dann der Hund dennoch Auslauf habe. Freilaufende Hunde würden die Kitze oft totbeißen. Kunisch: "Selbst wenn sie das nicht tun und ein Kitz nur beschnuppern sollten – durch den Geruch des Hundes würde die Mutter das Kitz abstoßen, es müsste kläglich verhungern." Auch Menschen dürften Kitze deshalb niemals anfassen oder gar mit nach Hause nehmen. Und auch für trächtige Geißen seien Hunde eine potenziell tödliche Gefahr. "Bei Hunden setzt schnell und unkontrolliert der Jagdtrieb ein, ein trächtiges Reh kann nicht so schnell laufen. Vor jagenden Hunden zu fliehen, treibt die Muttertiere oft in den Erschöpfungstod, sie verenden dann geschwächt in einem Unterschlupft – und das Junge im Bauch der Mutter gleich mit", warnt die Tierschützerin.
Der Appell, im Umgang mit Natur und Tieren gerade in der Setz- und Brutzeit verantwortungsvoll umzugehen, richtet sich auch an Outdoor-Sportler wie Jogger, Mountainbiker oder Spaziergänger. "Wir bitten alle, auf den Wegen zu bleiben und insbesondere in den Abend- und Nachtstunden nicht mit Fremdlicht-Quellen wie Stirnlampen quer durch den Wald zu laufen, das schreckt die Tiere auf."
Keine Leinenpflicht: Kritik an Kommunen
Kunisch kritisiert, dass die Kommunen im Landkreis nicht bereit seien, in und um Wälder eine Leinenpflicht zu verhängen. In anderen Bundesländern gebe es eine solche Schutzmaßnahme. Die 55-Jährige lobt aber Illschwang und Ammerthal. "Die beiden Gemeinden gehen vorbildlich voran, sie haben Warnschilder aufgestellt, die Hundehalter darum bitten, ihre Tiere anzuleinen." Auch in der Wagensaß bei Sulzbach-Rosenberg gebe es solche Schilder. "Ich appelliere an die Kommunen, solche Schilder zu kaufen und aufzustellen. Die kosten 16 Euro das Stück – soviel Geld werden die Gemeinden doch wohl noch haben für den Schutz der Tiere."
Sehr gut ist laut der Vereinsvorsitzenden inzwischen auch die Zusammenarbeit mit den Landwirten. Diese kämen mittlerweile oft vor dem Mähen ihrer Wiesen auf die Rehkitzretter zu. Die Ehrenamtlichen suchen dann vor der Mahd das hohe Gras nach Kitzen ab – auch mit Drohnen mit Wärmebildkamera – und retten die Tiere somit vor einem grausamen Mähtod. "Mitte Mai, vor dem ersten Schnitt, beginnen wir wieder mit der Rehkitzrettung", sagt Kunisch. Sie bittet Landwirte, sich beim Verein zu melden. "Wir freuen uns zwar über eine Spende, aber wir machen das kostenlos." Landwirte seien inzwischen auch gesetzlich verpflichtet, vor der Mahd die Wiese abzusuchen. Auch dank großzügiger Spenden aus der Bevölkerung und einem Förderpreis der Raiffeisenbank hätten sich die Kitzretter eine zweite, neue Drohne anschaffen können. "Mit Zubehör, Akkus und Wärmebildkamera kostet die rund 10 000 Euro", sagt Kunisch.
Brut- und Setzzeit: Verhaltenstipps in der Natur
- Zwischen 1. März und 15. Juli ist die Brut- und Setzzeit vieler Wildtiere. Hasen, Rehe und Bodenbrüter-Vögel bringen ihre Jungen zur Welt.
- An Hundebesitzer wird appelliert, auch auf Wiesen und in und um Wälder ihre Vierbeiner anzuleinen. Lange Schleppleinen ermöglichen dem Hund dennoch viel Freiraum.
- Im Wald nur auf Wegen und Pfaden bleiben, in der Nacht nicht mit Fremdlichtquellen wie Stirnlampen quer durch den Wald laufen und Tiere aufschrecken.
- Landwirte können sich vor dem Mähen ihrer Wiesen bei der Rehkitzrettung Amberg-Sulzbach melden. Die Helfer suchen vor der Mahd kostenlos oder gegen eine freiwillige Spende die Wiese nach Kitzen ab.
- Kontakt zur Rehkitzrettung unter 0151/51753733 (Handy) oder www.rehkitzrettung-as.de (Homepage)
















Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.
Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.