Deutschland und die Welt
02.05.2019 - 14:34 Uhr

Sympathischer Hallodri

In seinem neuen Roman "Ein gemachter Mann" kehrt Schriftsteller Berni Mayer an den Regensburger Campus der 90er-Jahre zurück

Mit herausragendem Gespür für Zwischentöne fängt Berni Mayer in seinem neuen Buch ein Lebensgefühl ein, das gleichermaßen von Optimismus, Melancholie und Larmoyanz durchdrungen ist. Bild: Lena Fingerle
Mit herausragendem Gespür für Zwischentöne fängt Berni Mayer in seinem neuen Buch ein Lebensgefühl ein, das gleichermaßen von Optimismus, Melancholie und Larmoyanz durchdrungen ist.
Cover "Ein gemachter Mann" Bild: DuMont Buchverlag
Cover "Ein gemachter Mann"

Berlin. Für Robert Bley wird ein Traum wahr, als er dörfliche Umgebung und elterliche Gärtnerei gegen ein abenteuerliches Studenten- und Nachtleben in Regensburg tauschen kann. Auch mit Frauen und Band klappt es gut - bis das Schicksal zupackt.

Nach seinem Erfolgsroman „Rosalie“ hat Berni Mayer nun einen charmanten Stenz in die literarische Welt entlassen, der trotz aller Eskapaden nie die Sympathie der Leser verliert. Also genau der Campus-Monaco-Franze, den Berni Mayer im Oberpfalz-Medien-Interview vor drei Jahren angekündigt hat. Jetzt hatte die Kulturredaktion neue Fragen:

ONETZ: Herr Mayer, zwischen Ihrem vielbeachteten Roman „Rosalie“ und dem jetzt erschienenen Nachfolger „Ein gemachter Mann“ sind drei Jahre vergangen. Was hat sich in dieser Zeit bei Ihnen getan?

Eine Menge privater Veränderungen. Schwere Krankheit in der Familie, eher härtere Zeiten, die auch noch nicht zu Ende sind. Dafür aber auch ein Umkrempeln der eigenen Lebensweise und Einstellung. Licht und Schatten halt. Beruflich habe ich mit Thomas Mullens „Darktown“ einen tollen Noir über Rassismus in Atlanta übersetzen dürfen und im Podcast „Dunkle Heimat“ zum Sechsfach-Mord von Hinterkaifeck recherchiert und ja...nebenbei diesen Roman geschrieben, der vordergründig nicht so düster und akut scheint, wie das, was ich in den letzten drei Jahren privat und gesellschaftlich mitanschauen musste. Vordergründig.

ONETZ: Ihr neuer Held Robert Bley studiert in den 90er-Jahren Deutsch und Englisch an der Uni Regensburg, spielt in einer Band und schnuppert in den journalistischen Alltag beim Bayerischen Rundfunk – wie viel Berni Mayer steckt im „gemachten Mann“?

Eine ordentliche Portion. Ich wollte ein bisschen Ursachenforschung betreiben, warum meine Generation (manchmal auch Generation X genannt) in der männlichen Version so larmoyant und selbstsüchtig ist, und da konnte ich ja nur bei mir anfangen. Das Schreiben war dann auch eine Art nachträglicher Exorzismus, da ich sehr hoffe, dass ich mit reiferem Alter ein bisserl altruistischer, besonnener und zielstrebiger geworden bin. Wobei es sicher Leute gibt, die da widersprechen.
Aber wenn mich was am menschlichen Wesen fasziniert, dann die permanente Fähigkeit zur Veränderung. Von der man ruhig noch mehr Gebrauch machen könnte.

ONETZ: Mit so mancher familiären Szenerie können sich aber auch die Leser auf Anhieb identifizieren. Wie schaffen Sie es, dass man bei Ihnen lacht, worüber einem privat der Kamm schwillt?

Das frag ich mich auch manchmal. Manche Testleser*innen wollten Robert Bley schon adoptieren und ich habe gesagt: Tut euch das nicht an, der Kerl frisst euch seelisch auf mit seiner rücksichtslosen Planlosigkeit. Aber mir ging's damals auch beim Tscharli von Dietls „Münchner Geschichten“ oder beim Monaco und später beim Baby Schimmerlos so. Irgendwie furchtbare Typen, aber man möchte sie mögen, aber vor allem möchte man, dass sie sich endlich mal zusammenreißen. Typ schwieriger Mann, den ich aber auf keinen Fall glorifizieren möchte. Die weißen Ritter*innen in meinen Büchern sind ja meistens die Frauen, die solche Typen zum Glück irgendwann auf den Mond schießen.

ONETZ: Alkohol bis zum Umfallen, zwanglose Liebschaften, nonchalant in den Tag leben und nebenher das Studium wuppen – entgeht den leistungs- und karriereorientierten Studenten von heute das unwiederbringliche Lebensgefühl der fließenden Jahre zwischen Jugend und endgültigem Erwachsensein?

Wie gesagt, ich will da nichts glorifizieren, denn vor allem der Grad an Alkoholgenuss hatte ja fast selbstmörderische Tendenzen, aber kann schon sein, dass man im Zeitalter der Optimierung nicht mehr oft genug die Zügel locker lässt. Andererseits ist mir das wurscht, weil jeder so soll wie er mag, solange er seine Mitmenschen nicht mit seiner Lebensweise molestiert. Und wenn ich anfangen sollte, irgendeiner Lebensphase hinterher-zu-nostalgieren, möge man mich bitte sedieren und von jeglicher Publikationsmöglichkeit fernhalten.

ONETZ: Aber auch bei Robert Bley grätscht das Schicksal dazwischen und stellt alles zurück auf Anfang. Fortsetzung folgt?

Nein. Das ist ein abgeschlossener Anti-Bildungsroman.

Info:

Zur Person

Der Autor und Journalist Berni Mayer wurde 1974 in Mallersdorf (Kreis Straubing-Bogen) geboren und studierte in Regensburg Germanistik und Anglistik. Nach Tätigkeiten als Redaktionsleiter bei MTV und VIVA Online und für das Musik Label Virgin Records arbeitet er für diverse Podcasts und widmet sich der Schriftstellerei: Auf seine dreiteilige Krimi-Reihe um den ehemaligen Musikjournalisten Max Mandel folgte mit seinem literarischen Debüt „Rosalie“ 2016 im DuMont-Buchverlag auf Anhieb ein hoch gelobter und vielbeachteter Erfolg. Berni Mayer lebt mit seiner Familie in Berlin.

Info:

Service

Der Roman „Ein gemachter Mann“ , 431 Seiten, gebunden, erscheint am 18. März im DuMont Buchverlag und kostet 22 Euro.

 
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