Bundesgesundheitsminister Jens Spahn steht unter Dauerbeschuss. Am Donnerstag kritisierte FDP-Gesundheitsexpertin Christine Aschenberg-Dugnus die "unnötige Kostenexplosion" bei der vom Bund bezahlten Verteilung von FFP2-Masken für Menschen aus Corona-Risikogruppen im Winter über die Apotheken. Ein Fachreferat habe vor "gravierenden Finanzwirkungen" gewarnt: Viele Berechtigte seien "durchaus in der Lage", die Masken selber zu bezahlen.
Niedrigere Discounterpreise
Kritik wurde angesichts niedrigerer Maskenpreise bei Discountern auch laut, weil Apotheken anfangs sechs Euro pro Maske bekamen. Mitte Februar wurde die Apotheken-Vergütung auf 3,90 Euro gesenkt. Der Bund kalkulierte für die Aktion rund 2,5 Milliarden Euro ein.
Grund für die Wahl der Apotheken sei gewesen, eine dezentrale Abgabe von mehreren Hundert Millionen Masken innerhalb von vier Monaten logistisch zu sichern. Damals hätten die Preise im Schnitt bei 4,29 Euro gelegen. Bei der Vergütung von 6 Euro je Maske inklusive Umsatzsteuer seien die Kosten für Beschaffung, Beratung von Kunden und die teils nötige Umverpackung berücksichtigt worden.
Vor-Corona-Preis bis zu 15 Euro
Der Tirschenreuther Pharmazierat Christian Züllich kann die Kritik nicht nachvollziehen. "Vor der Pandemie kosteten FFP2-Masken zwischen 12 und 15 Euro." Während der Pandemie hätten Angebot und Nachfrage den Preis geregelt. "Irgendwann wurden wir mit Discounterware aus China überschwemmt."
Der Vergleich mit den Billigketten-Preisen sei unredlich. "Wenn die Regierung den Apothekern sagt, ,organisiert uns die kostenlose Abgabe von Millionen von Masken innerhalb von drei Tagen', dann geht das nicht über den Abgabepreis von Discountern." Der höhere Preis sei im Übrigen ausschließlich in der Anfangsphase um Weihnachten bezahlt worden, als die Aktion komplett kostenlos gestartet wurde. "Als die Maskengutscheine über die Krankenkassen verteilt wurden, korrigierte das Ministerium den Preis nachträglich einseitig auf 3 Euro 90 nach unten."
Nur Masken "Made in Germany"
Züllich legt Wert auf die Feststellung, dass er in seiner Apotheke ausschließlich Atemious-FFP2-Masken, Made in Germany, 5-lagig, angeschafft habe, die alle Kriterien erfüllen, die das Ministerium eingefordert hatte. Im Großhandel kostet eine dieser Masken ab einer Bestellmenge von 540 laut Liste 2,75 Euro. "Man hat die Wahl, in Drogeriemärkten chinesische Ware günstiger zu erwerben. Er stelle aber fest, dass viele seiner Kunden bewusst in die Apotheke gekommen seien. "Wir sind Fachgeschäfte für medizinische Beratung, und was haben wir nicht alles für Fragen beantworten müssen", sagt der Apotheker, "was wir gern tun, aber das kostet Zeit."
Es sei denkbar, dass einige wenige große Apothekenketten in Metropolen gut verdient hätten. "Ich denke aber nicht, dass hier in großem Maßstab alle Apotheken subventioniert wurden."
Apotheken-Sterben geht weiter
Aus Oberpfälzer Sicht befürchte er im Gegenteil, dass das Apotheken-Sterben weitergeht. Man müsse die Entscheidung des Ministeriums aber auch vor dem Hintergrund der damaligen Maskenknappheit sehen: "Wenn man in einer solchen Lage wie etwa auch der Impfstoffknappheit versucht, den Preis zu drücken, dann bekommen diejenigen, die den doppelten Preis bezahlen wie die USA, die größte Menge und die EU hat das Nachsehen."
Angesichts der Pandemielage sei es richtig gewesen, so viele Menschen wie möglich, vor allem die Risikogruppen, mit Masken auszustatten. "Man hatte da nicht immer die Zeit, alle Aspekte bis zum Ende durchzuplanen." Die Aktion sei ein wertvoller Beitrag zur Eindämmung der Pandemie gewesen. "In kaum einem anderen Land lief das so schnell und flächendeckend wie bei uns." Fernsehbilder aus anderen Ländern zeigten, dass dort die Menschen häufig nur einen einfachen Mund-Nasen-Schutz auf hätten.
Maskengutschein 2
Und die Masken seien nach wie vor wichtig. "Die Aktion läuft weiter, inzwischen gibt es den Maskengutschein 2." Gerade heute, zu Beginn der dritten Welle, registriere er wieder eine große Nachfrage. "Der Weg aus der Pandemie wird aber nur über die Impfstoffe zu beschreiten sein." Und dafür organisierten die Apotheken gerade zusammen mit dem pharmazeutischen Großhandel, der über die Kapazitäten zur Ultra-Tiefkühlung verfüge, und der Industrie die Belieferung der Hausärzte, um spätestens im April die Impfzentren zu entlasten. "Das könnte für 2021 der entscheidende Durchbruch werden", hofft Züllich.
Die Auslieferung des Impfstoffs erfolge über die Apotheken in einem Zeitfenster von fünf Tagen, bis die letzte Dosis verimpft sei. "Viele stocken gerade ihre Kühlkapazitäten auf." Man arbeite eng mit Hausärzten zusammen. "Das erfordert von den Apotheken auch wieder Organisationsaufwand und Investitionen." Auch er habe sich einen neuen Medikamenten-Kühlschrank für rund 2500 Euro angeschafft.
Gewinner sind Online-Apotheken
Und was den Umsatz der Apotheken betrifft: "Wir haben in diesem Winter so gut wie keine Erkältungsmedikamente verkauft." Er könne nicht bestätigen, dass Oberpfälzer Apotheker durch die Pandemie reich geworden seien. "Wir sind auch ein stationärer Handel, viele Kunden haben sich angewöhnt, bei Online-Apotheken zu bestellen." Eine bekannte niederländische Internet-Apotheke, die ausschließlich deutsche Kunden beliefere, habe dagegen ein Umsatz-Plus von 40 Prozent eingefahren.
Preisfindung des Ministeriums
Wie das Bundesgesundheitsministerium auf die Summe von sechs Euro inklusive Mehrwertsteuer kam, geht aus den Unterlagen nicht hervor. Es findet sich aber in den Unterlagen des Ministeriums eine "Preisprobenstichanalyse", erstellt von den Wirtschaftsprüfern EY, die das BMG bereits in der Beschaffung von Schutzausrüstung berieten.
- In den Unterlagen des Ministeriums befinden sich zwei Präsentationen, in denen EY-Berater die Preise verschiedener Maskentypen zu bestimmen Stichtagen aufbereitet haben.
- Die Quellen: Preisvergleichsportale wie etwa Idealo.de, geizhals.de, und restposten.de sowie Presseartikel.
- Auf durchschnittlich 4,29 Euro kamen die Berater Anfang Oktober und auf 1,22 im Großhandel in einer weiteren Preisermittlung vom 25. November.
- Die Differenz zwischen dem erhobenen möglichen Einkaufspreis von 1,22 und dem Erstattungspreis von 6 Euro erklärt das BMG damit, dass man die 4,29 Euro zu Grunde gelegt und dann noch Arbeitskosten der Apotheker pauschal hinzugefügt habe.
- Auf Nachfrage sagt ein Sprecher des Gesundheitsministeriums, man habe sich für die Apotheken entschieden, weil aus der Gratisabgabe der Masken "erhebliche Anforderungen" entstünden, besonders bei der Beschaffung, Qualitätsprüfung, Patientenberatung und sowie der Entgegenahme von Coupons.
Man muß sich das einmal auf der Zunge zergehen lassen. Der Vorsitzende der FDP, Herr Lindner, fordert bereits seit Monaten bei jeder Einschränkung der Kontakte, dieses zu unterlassen und stattdessen die älteren und die Risikogruppen besser zu schützen. Freilich ohne konkrete Vorschläge, den außer wegsperren war ja lange Zeit nicht viel möglich.
Jetzt tut also die Bundesregierung endlich mal etwas, um die älteren Bürger und Risikogruppen zu schützten. Und ausgerechnet die Gesundheitsexpertin der FDP kritisiert dabei hinterher die Kosten. Das ist doch grotesk.
Ich bin froh, das die Bundesregierung irgendwie überhaupt mal etwas zum Schutz der älteren Bürger und der Risikogruppen getan hat. Zumal die unbürokratische Verteilung der ersten Ration von 3 Masken wohl gar nicht anders zu bewerkstelligen war. Jede andere Lösung hätte doch nur immens viel Zeit verschlungen und zu einer Schelte "tolle Ankündigung, aber ihr bringt wieder nichts auf die Reihe" geführt.
Ich bin selber Risikogruppe und somit Empfänger der beiden Gutscheine, bei mir kamen sie erst am 10.02.2021 an. Wenn so die Verteilung der ersten Ration gelaufen wäre, Gute Nacht, das hätte nichts geholfen.
Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.
Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.