Es ist zu hell - zumindest nachts. Was wie ein Widerspruch klingt, ist ein Problem, mit dem die Astronomie schon seit längerem zu kämpfen hat: Lichtverschmutzung. Das bedeutet, dass es in besiedelten Gebieten - vor allem in großen Städten - immer mehr Lampen gibt, wodurch es nachts nicht mehr richtig dunkel wird. "Der Hintergrund ist so hell, dass die Sterne quasi 'darin ertrinken'", erklärt Peter Postler, Leiter der Gerhard-Franz-Sternwarte in Tirschenreuth. "99 Prozent der Europäer leben unter lichtverschmutztem Himmel." Zwar sei es in der Region "noch verhältnismäßig dunkel", trotzdem gebe es rund um Tirschenreuth nur noch wenige Orte, an denen man die Milchstraße nachts wirklich gut sehen kann.
Als Grund für die zunehmende Lichtverschmutzung - manche sagen dazu auch Lichtsmog - nennt Postler die Umstellung auf LED-Lampen. Diese haben zum einen schon grundsätzlich einen größeren Blaulichtanteil, als andere Leuchtmittel. "Deswegen sieht man sie aus einer viel weiteren Entfernung als andere Lampen", erklärt Postler. Zudem seien die Lampen im Unterhalt günstiger als normale Glühbirnen oder Neonröhren. "Deswegen wird nun meistens mehr und länger beleuchtet als früher." Eine Tatsache, die den Astronomen zu schaffen macht. "Wir können den Blauanteil nicht filtern", sagt Postler. Die Folge: Durch das Teleskop wird es immer schwieriger Sterne am Himmel zu erkennen, mit dem bloßen Auge sowieso. Sollte die Lichtverschmutzung weiter zu nehmen, könnte es sogar sein, dass die Sternwarte versetzt werden muss, befürchtet Postler.
Er betont aber auch, dass er in Kontakt mit Bürgermeistern im Landkreis Tirschenreuth stehe. Gemeinsam versuche man, die Lichtverschmutzung zu verringern. Ein Beispiel: Der Parkplatz des Tirschenreuther Gymnasiums war rund um die Uhr beleuchtet. Mittlerweile werden die Lampen nachts ausgeschaltet. Es gebe zudem Überlegungen unweit der Sternwarte verschiedene Lampentypen auf einem Testgebiet auszuprobieren.
Grundsätzlich empfiehlt Postler Lampen mit einem möglichst geringen Blauanteil. "Eine Farbtemperatur zwischen 2000 und 2700 Kelvin reicht vollkommen aus." Viele Städte würden jedoch Leuchtmittel mit 3000 bis 5000 Kelvin nutzen. Hinzu komme eine meist unpraktische Bauart der Lampen: Häufig werde das Umfeld mit beleuchtet, nicht nur der Teil, der wirklich hell sein soll. "Lampen strahlen in den Himmel, oder auf die Grünfläche hinter dem Weg, der eigentlich beleuchtet werden sollte", erklärt Postler.
Und damit kommt er schon zum nächsten Problem. Lichtverschmutzung wirkt sich nicht nur auf die Astronomie aus, sondern auch auf Tiere, Pflanzen und den Menschen. "Insekten fliegen sich regelrecht zu Tode", sagt Postler und beschreibt damit ein Bild, dass - vor allem im Sommer - in vielen Orten zu sehen ist: Hunderte von Insekten schwirren nachts um Straßenlaternen. Das Licht zieht sie an. Sie fliegen bis zur Erschöpfung. Am nächsten Morgen liegen sie auf dem Boden. Tot.
Postler spricht aber auch die Vögel an. Beleuchtete Gebäude oder Parks schaden den Tieren. "Die brauchen Ruhe, um nachts zur Ruhe zu kommen", sagt er. Der Hormonhaushalt der Tiere verändere sich durch die ständige Beleuchtung. "Sie fangen eher an zu brüten. Finden dann aber kein Futter." Zugvögel würden durch das ständige Licht zudem von ihrer eigentlichen Route abgebracht. "In Toronto kommen jedes Jahr neun Millionen Zugvögel an beleuchteten Gebäuden ums Leben", sagt Postler. Und auch der Mensch sei betroffen: Blaulicht hemmt die Produktion des Hormons Melatonin. Die Folge: Schlafstörungen oder möglicherweise sogar Krebs.
Und: "30 Prozent aller Wirbeltiere und über 60 Prozent aller wirbellosen Tiere sind nachtaktiv."
Aber nicht nur Lebewesen brauchen die Dunkelheit, sondern auch Pflanzen. Als Beispiel nennt Postler Bäume, die nachts in Städten beleuchtet werden: "Die werfen ihr Laub später ab oder fangen eher an zu blühen." Das sei auch für viele Insekten ein Problem, die die Bäume als Lebensraum oder Futterquelle brauchen.
Postler wünscht sich deswegen, dass sich mehr Städte und Gemeinden Gedanken über ihr Lichtkonzept machen. Außerdem hat er ein großes Ziel: einen sogenannten "Dark Sky Park" in Tirschenreuth. Dabei handelt es sich um ein Gebiet, in der dunkle Nächte als schützenswertes Gut gelten, weswegen die künstliche Beleuchtung dort so gering wie möglich gehalten wird.
Um auf das Problem der Lichtverschmutzung aufmerksam zu machen, stellen Sternwarten und Astronomievereine deswegen ihren jährlich bundesweit stattfindenden Astronomietag heuer unter das Motto „Möge die Nacht mit uns sein“. In der Oberpfalz laden die Sternwarten in Tirschenreuth (ab 15 Uhr) und Dieterskirchen im Landkreis Schwandorf (ab 18 Uhr) am Samstag, 30. März, zu Vorträgen und Himmelsbeobachtungen ein. Der Eintritt ist frei. Die Amberger Sternwarte in Ursensollen ist aktuell wegen des Neubaus geschlossen. Die Verantwortlichen der Sternwarte organisieren deswegen zusammen mit dem Naturpark Hirschwald einen Informationsabend ab 19.30 Uhr im Atrium der Mittelschule in Ursensollen.
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