Vilseck
02.07.2019 - 17:34 Uhr

"Psychonaut" taucht nach Plastikflaschen

Zwei Wochen lang arbeiteten bei brütender Hitze vier Künstlerinnen in den Vilsauen. Was bei der "Land Art" jetzt herauskam, und wie sich die Skulpturen in die Landschaft einpassen, wurde jetzt einem interessierten Publikum präsentiert.

Hanna Regina Uber neben ihrem tonnenschweren „Taucher“ aus regionaler Eiche. Bild: Heiner Brückner
Hanna Regina Uber neben ihrem tonnenschweren „Taucher“ aus regionaler Eiche.

Die Sonne brannte am Sonntag mit 36 vom Grad vom Himmel und lud eher ins Freibad ein, als zu einem Besuch der Vilsauen hinter der Burg Dagestein. Trotzdem konnte der Vilsecker Bürgermeister Hans-Martin Schertl im schattigen Pavillon eine große Anzahl von Kunstfreunden begrüßen, die neugierig auf die entstandenen Skulpturen von Herta Wimmer-Knorr (Kallmünz), Hanna Regina Uber (Aschach) Tereza Fiserová (Pilsen) und Katerina Kubalová (Prag) waren. Das Internationale Symposium stand unter dem Motto "Verbinden und Zusammenwachsen - von Land zu Land".

Verbindende Straßen

Kulturredakteur Stefan Voit (Oberpfalz-Medien), der die Besucher zu den einzelnen Objekten führte, stellte in seiner Einführung einen Zusammenhang zwischen den Römern, die ihre Kultur nach Bayern brachten und der "Goldenen Straße" her. Auch dieser Handelsweg war für die wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung der Oberpfalz von großer Bedeutung.

Auch die Stadt Vilseck profitierte von diesem Handels, der von Prag über Nürnberg bis Paris führte. Die Kultur spielt in Vilseck nach wie vor ein große Rolle - Türmermuseum, Kleinkunstbühne "Kulturkasten", Lola-Montez-Festspiele. So fand dort auf Initiative von Adolfine Nitschke (Kultur und Tourismus) eine Fortsetzung des Internationalem Skulpturenweg statt. Dort hat es 2015 das erste völkerverbindende Künstlersymposium zwischen Tschechien und Bayern gegeben. An den vier neu installierten Stationen skizzierte Voit die Biografien der Künstlerinnen, die persönlich die Intention ihrer Skulpturen erläuterten.

"Land-Art" ist in den renaturierten Vilsauen buchstäblich zu ergehen, zu erlaufen, wächst in und mit der Landschaft. Die Freiland-Skulpturen als zeitgemäße Gewächse der Region werden im Laufe der Zeit von der Natur zurückgebildet. Das bringt der Vilsecker Kunstpfad bildhaft zum Ausdruck. Im offenen Atelier fertigten die vier Künstlerinnen an Ort und Stelle jeweils ein -Objekt.

Die in Pilsen geborene Tereza Fiserova installierte zwei Metallmasten, wie sie für Straßenlaternen verwendet werden, mit dem Titel "Kultural - natural". Einen der aufrecht auf einer sandigen Fläche stehenden Mast hat sie mit großer Kraftanstrengung wieder umgeworfen und in Magenta bemalt. Er liegt nun horizontal. Ihre erste Inspiration war, die Erinnerung an vom Borkenkäfer befallene Fichtenstämme mit Farbe zu bemalen, um den Gegensatz zum städtischen Raum zu verdeutlichen. Weil Kontraste größere Aufmerksamkeit erregen, legte sie den zweiten Masten wieder um, nicht als neuen Horizont, sondern als entwurzelte Vertikale, die zurück in die Naturlandschaft weist. Ihre Aktion hat sie auch mit einem Video dokumentiert.

"Hölzer für die Welt"

Die Pragerin Katerina Kubalová verwendete den Rohstoff Holz für ihre aufwendige Skulptur "Hölzer für die Welt". Am Ende stellt sie die Frage: Wie werden wir uns verändern, wenn wir austauschen, vermischen, zusammenführen? Sie hat aus tschechischem Lindenholz und bayerischer Eiche zwei begehbare bauchige Wandungen geschaffen, die einem aufgebrochenen Ei oder zwei offenen Handflächen gleichen. Sie sind gespickt mit Holzstiften als Symbole für einzelne Personen oder Landschaften, die der Betrachter interaktiv austauschen und umsetzen kann.

Hanna Regina Ubers Skulptur in der Vilsaue ist der tonnenschwere "Taucher" aus einem regionalen Eichenstamm, den sie mittels Motorsäge bearbeitet und mit pigmentiertem Leinöl bemalt hat. Sie beschäftigt nicht zuletzt wegen der großen Frage der Immigration der Zwiespalt zwischen Schutz und Einengung: Wer sind wir hinter unserer Hülle? Der Taucher sei in ihrem Verständnis ein "Psychonaut", der eingefahrene Bewusstseinsfelder verlässt, um in fremden Gewässern neue Welten zu entdecken.

"Plastik aus Plastik"

Eine überdimensionierte durchsichtige Flasche leuchtete schließlich unter der Sonne des heißen Tages (36 Grad Celsius) den Begehern des Skulpturenpfades entgegen. Es war die "Flaschenpost" von Herta Wimmer-Knorr, die skulptural und installatorisch in Innen- und Außenräumen umweltpolitische Hinweise geben möchte. Die ausgeführte "Plastik aus Plastik" besteht aus Hunderten PET-Flaschen. Das leichte und lichtdurchlässige Material ist haltbar und langlebig.

Sie formt aus Abfall Schönes, um auf die Wiederverwendung und Verwertung in der Gesellschaft aufmerksam zu machen. Wenn diese Skulptur eine Flasche wäre, könnte sie ihre Botschaft über die Vils bis zu ihrem Wohnort Kallmünz, nach Regensburg über die Donau in ihre Geburtsstadt Passau tragen und weiter durch viele Länder bis an das Schwarze Meer. Abends glitzert die "Flaschenpost", weil sie von einem Solarmodul mit Energie gespeist wird.

 
Kommentare

Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.

Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.

Klicken Sie hier für mehr Artikel zum Thema:
Zum Fortsetzen bitte

Sie sind bereits eingeloggt.

Um diesen Artikel lesen zu können, benötigen Sie ein OnetzPlus- oder E-Paper-Abo.