Ratgeber mit Kalendersprüchen für alle Lebenslagen gibt es inzwischen wie Sand am Meer. Hier bringt jedoch ein Praktiker seine Gedanken zu Papier, untermauert mit seinen persönlichen Erfahrungen. Der Nordoberpfälzer weiß, wovon er spricht: Als Vorstandsvorsitzender etablierte er die Volksbank Mittweida in Sachsen mit enormen Zuwachsraten zu einer regionalen Größe. Zintl trägt überregionale Verantwortung in den Gremien des Deutschen Genossenschaftsverbands sowie in der Mittelstands Union. Mit seiner Frau Elisabeth machte er die "Hollehöfe" zu einem Beispiel für die erfolgreiche Revitalisierung der Ortskerne.
Das Buch stellt ein leidenschaftliches Plädoyer für den Mittelstand dar, für die Kraft des eigenen Gestaltungswillens, für die eigene Vorbildfunktion und schließlich für den ländlichen Raum, der "auf mehr Freiräume denn je trifft". Denn die Chancen der Digitalisierung greifen zuvorderst in den (früher) revierfernen Regionen. Aus den Zeilen spricht eine geradezu glühende Liebe zur Heimat.
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Leonhard Zintl spart aber auch einen analytischen, kritischen Blick in die Zukunft der ihm bestens vertrauten Bankenbranche nicht aus. Ein Tenor über die mehr als 250 Seiten lautet: Es geht nicht, gibt's nicht. Es scheine zum Volkssport geworden zu sein, Sätze mit "schwierig" oder "ja, aber" zu bilden. Die Identifikation mit dem christlichen Menschenbild, tiefe Zuversicht und das Vertrauen in die eigenen Stärken stellen eine Art persönliches Lebensmotto für den Autor dar.
Die lebensbejahende Thematik des Buchs berührt um so mehr, als der Vater des Autors, der 83-jährige Max Zintl, erst kürzlich an Covid-19 verstorben ist. Sein ihm eng verbundener Sohn Leonhard Zintl setzt auf den Glauben an die Zukunft - gerade in der Erinnerung an seinen Vater.
ONETZ: Was löste bei Ihnen den Impuls aus, ein Buch zu verfassen?
Leonhard Zintl: In zahlreichen Gesprächen gab es immer wieder die Rückmeldung, meine Gedanken und Ideen aufzuschreiben. Ich habe lange Zeit gesammelt.
ONETZ: Der Titel "Zukunft einfach machen" wendet sich als Mutmacher gezielt an strukturschwache Regionen, um Potentiale zu heben.
Leonhard Zintl: Ja, bewusst Mut machen, ein Aufruf für das "einfach Machen". Einfach, im Sinne von unkompliziert und lösungsorientiert, im Sinne von "Tun", anfangen, loslegen, losgehen. Ich denke, dies passt überall. Es gibt immer Situationen, wo es notwendig ist, vorauszugehen, anzupacken, Vorbild zu sein.
ONETZ: "Mit Mut und Freude neue Ideen realisieren": Dieses Motto leben Sie in Ihrem persönlichen Werdegang und Umfeld.
Leonhard Zintl: Ja, mit Freude und inzwischen 50 Jahre lang: Was zu bewegen und zu gestalten. Ich schöpfe daraus Energie und Kraft. Dazu kommt die Energie, die bei mir freigesetzt wird bei dem Einwand "es geht nicht". Denn es geht manchmal nicht sofort, manchmal dauert es länger. Es wird manchmal nicht ganz so wie gewollt, manchmal etwas anders, manchmal sogar besser: Ob in Waldeck auf dem Schlossberg, bei unserem Projekt Hollerhöfe in Waldeck, in der Region, oder auch beruflich, aus sehr schwerem Umfeld eine der erfolgreichen Volksbanken in Deutschland zu entwickeln. Das Zitat von Goethe trifft es: "Auch aus Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, kann man was Schönes bauen." Manchmal sind wir es selbst, die an den Steinen hängen bleiben. Eigentlich geht es leicht, drüber zu steigen oder die Steine zu nutzen.
ONETZ: Im Internet, der digitalen Zukunftsautobahn, sehen Sie enorme Chancen für den ländlichen Raum: Gibt es hier schon konkrete Beispiele in der Nordoberpfalz?
Leonhard Zintl: Es gibt bereits einige Gründer in der Region, die vor wenigen Jahren ihre Unternehmen noch gar nicht in der Nordoberpfalz verwirklichen hätten können. In unserer Region entsteht gerade mehr ... Wir müssen aber offensiver werben und solche Aktivitäten begleiten. Ich sehe die Zukunft der Gesellschaft in den ländlichen, lebenswerten Räumen: bezahlbar und mit hoher Lebensqualität. Gerade nach der jetzigen Krise werden diese Kriterien noch mehr gefragt sein.
ONETZ: "Einfach machen": Dieses Rezept klingt so simpel.
Leonhard Zintl: Tun, einfach tun, anfangen, auf den Weg machen. Weil es so einfach ist, glauben es viele nicht. Es erfordert allerdings Mut, loszugehen, ohne alles zu wissen. Dran zu bleiben, wenn es mal nicht so rund läuft, konsequent zu bleiben bei Unsicherheit. Mut zu haben, wo es schwer wird. Kraft zu haben, durchzuhalten und seinen Weg zu gehen, wenn es die Mehrheit anders sieht. Mit Disziplin kann dies jeder trainieren und ausbauen. Einzige Voraussetzung ist das Wollen. Die Entscheidung dafür wird zwischen den Ohren getroffen (lacht).
ONETZ: Der genossenschaftliche Gedanke scheint aktueller denn je: Sie empfehlen Genossenschaften sogar als Alternative zum Crowdfounding.
Leonhard Zintl: Crowdfounding sucht Spenden, daher ist es nur bedingt eine Alternative zu Genossenschaften. Doch zu Crowdinvest stellt der Genossenschaftsgedanke eine Alternative dar - und überall dort, wo wir gemeinsam und dauerhaft wirtschaftliche Lösungen brauchen. Genossenschaften sind die wahren Start-Ups, sie brachten Crowdfounding und Crodinvest vor über 150 Jahre auf den Weg. Die alten Start-Ups sind Genossenschaften - und zwar erfolgreiche, wirklich coole und starke. Die neue Form der Geldbeschaffung ist demnach ein alter Hut.
ONETZ: Wann erschien Ihr Buch, in welcher Auflage?
Leonhard Zintl: Mein Buch ist im Februar im Haufe Verlag erschienen und im Buchhandel erhältlich. Bereits nach zwei Wochen waren über 1000 Exemplare verkauft, die Nachfrage ist groß. Es wird auch Vorträge und Workshops dazu geben.
ONETZ: Sie widmen Ihr Buch Ihrer Familie.
Leonhard Zintl: Ich bin dankbar für mein Leben. Ich habe aus dieser Dankbarkeit heraus das Buch meinen Eltern, meiner Frau und meinen Kindern gewidmet. Ohne meine Eltern gäbe es mich nicht und ich bin dankbar dafür, wie ich aufwachsen durfte. Meine Frau ist mir wertvoller Begleiter durch das Leben, ohne sie könnte ich nicht alle meine Aufgaben und Ideen machen und umsetzen. Es ist wunderbar, mit Kindern zu leben, Leben dankbar weiterzugeben und gleichzeitig sind Kinder auch Lehrmeister, sich weiterzuentwickeln.
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