E-Bike-Boom überrollt Hersteller und Zulieferer

Waldershof
29.05.2018 - 10:12 Uhr

Ob Senior oder Teenager, mittlerweile fährt jedes Alter mit dem E-Bike. Die Branche boomt, was Hersteller wie Cube aus Waldershof freut, die Zulieferer aber in Bedrängnis bringt - und die Kunden aufs bestellte Rad warten lässt.

Die Nachfrage nach E-Bikes überrascht selbst die Hersteller, manche Zulieferer sind geradezu überrannt worden.

Selbst bei Cube ist man überrascht von der Nachfrage nach E-Bikes. "Das ist positiv verrückt", sagt Marko Haas, beim Waldershofer Fahrradhersteller im Marketing. Seit drei Jahren steigen die Verkaufszahlen rasant an, jedes Jahr verdopple sich die Zahl der verkauften E-Bikes. "Diese Wachstumsrate haben wir nicht erwartet. Jeder denkt, dass es irgendwann mal stagniert. Das ist aber nicht der Fall."

Der Markt boomt - was bei den Zulieferern, Herstellern und Händlern zu Problemen führt. Und nicht zuletzt bei den Kunden, die manchmal sehr lange auf ihr bestelltes Fahrrad warten müssen. Das liegt vor allem an den Zulieferern. "Manche sind von der Nachfrage regelrecht überrannt worden", sagt Haas.

Bosch, einer der größten E-Bike-Akku-Hersteller, kennt das. Im März ist bekannt geworden, dass Bosch mit Lieferverzögerungen kämpft. Auch derzeit noch, wie die Presseabteilung auf Nachfrage mitteilt: "Punktuell" gebe es Verzögerungen bei der Produktion und Auslieferung von E-Bike-Akkus. Die Nachfrage übersteige das Angebot. Da nur wenige Hersteller Batteriezellen für einen sehr großen Markt, von Handys über E-Bikes bis zu Elektroautos, produzieren, könne es zu Engpässen kommen.

Auch bei Cube? Haas gibt zu: "Am Anfang hatten wir schon Probleme." Aber, da die Waldershofer Firma bei all ihren E-Bikes - ausgenommen Rennräder - auf Bosch-Akkus setzt, sei die Situation nicht so brenzlig. "Wir haben dadurch eine gute Position, wir sind mit die ersten Hersteller, die die Akkus bekommen."

Anjoni, eine kleine Oberpfälzer Fahrradmanufaktur aus Kirchendemenreuth, hat ähnliche Schwierigkeiten. Geschäftsführer A. Josef Nickl berichtet von Lieferverzögerungen bei einem Modell. Der Grund ist bekannt: Der Akku-Lieferant kommt nicht hinterher. Ansonsten seien alle Anjoni-E-Bikes lieferbar. "Zurzeit fahren wir Überstunden, damit wir die Aufträge abarbeiten können", erklärt Nickl. Also fast alles gut.

Sieht Cube genauso. Die paar Verzögerungen? Kein Problem, vielmehr die Folge einer "guten Situation", sagt Marketing-Manager Haas - Cube verkauft ja so viele Bikes wie noch nie. Die Nachfrage sei "überwältigend", die Zahlen sprechen für sich. Im vergangenen Jahr verkaufte Cube laut Haas um die 100 000 E-Bikes, insgesamt waren es 550 000 Räder. Für dieses Jahr erwartet der Oberpfälzer Radhersteller einen neuen Verkaufsrekord: 180 000 E-Bikes. Tendenz steigend. "2019 werden wir im E-Bike-Bereich nochmal deutlich zulegen", sagt Haas.

Um dem Herr zu werden und um Lieferverzögerungen entgegenzuwirken, wird in Waldershof kräftig investiert: 100 neue Mitarbeiter, 50 neue Vormontage-Stationen. Eine zweite, 20 000 Quadratmeter große, Lagerhalle soll noch in diesem Jahr fertig werden, um die starke Nachfrage aufzufangen. Das ist auch nötig, wie ein Rundgang durchs Logistikzentrum zeigt. In drei Hallen lagern zigtausende braune Kartonschachteln, gefüllt mit Fahrrädern, zehn Meter hoch bis unter die Decke gestapelt. Fertig zum Ausliefern.

Der E-Bike-Trend ist nicht mehr zu stoppen. Längst strampeln alle Generationen auf einem elektrischen Radl. Senioren-Image? War mal. Der Trend gehe mehr und mehr in den sportlichen Bereich, erklärt Haas: Enduros, Mountainbikes, Rennräder. Auch in der Tourismus-Branche ist ein E-Bike-Boom spürbar, normale Räder seien kaum mehr gefragt. Cube kooperiere unter anderem mit der Tourismusregion Seefeld. Haas sagt: "E-Bikes sind einfach massenkompatibler. Jeder hat seinen Spaß damit - auch die, die es nicht zugeben wollen." Einen Berg fahre man halt leichter hoch, wenn ein kleiner Motor am Radl befestigt ist.

Marktanalyse von Bosch:

Bald jedes zweite Rad ein E-Bike?

Laut dem Zweirad-Industrie-Verband (ZIV) ist mittlerweile fast jedes fünfte deutschlandweit verkaufte Rad ein E-Bike: 2017 wurden insgesamt 3,85 Millionen Fahrräder verkauft, davon 0,72 Millionen mit Motor. Nur ein Anfang, wie eine Marktanalyse von „Bosch eBike Systems“ voraussagt. Demnach ist in zehn Jahren jedes zweite Rad ein E-Bike. Ganz so weit wollen sich der ZIV und der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC) nicht hinauslehnen, beide prognostizieren langfristig einen Marktanteil von bis zu 35 Prozent am gesamten Fahrradmarkt. Bei Cube ist man da vorsichtiger. Marketing-Manager Marko Haas sagt: „Man kann Prognosen machen, aber man weiß nicht genau, wohin es geht. Das wird auch für uns super spannend.“

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Kommentare

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Anonymer Benutzer

Da sieht man die Schizophrenie der Kunden: ein Rennrad als E-bike!

29.05.2018