Weiden in der Oberpfalz
03.02.2019 - 23:24 Uhr

Bistum betrogen: Strafbefehl gegen Pfarrer

Das Amtsgericht Weiden hat Strafbefehl gegen einen beurlaubten Pfarrer aus Weiden erlassen. Er lautet auf acht Monate Haft (zur Bewährung ausgesetzt) wegen Betrugs. Der 47-Jährige hat Fahrtenbücher "frisiert".

Die plötzliche Beurlaubung des Pfarrers war am 1. April 2017 bei den Gottesdiensten verkündet worden. Jetzt - nach fast zwei Jahren - sind die Ermittlungen mit einem Strafbefehl beendet. Bild: Matthias Balk/dpa
Die plötzliche Beurlaubung des Pfarrers war am 1. April 2017 bei den Gottesdiensten verkündet worden. Jetzt - nach fast zwei Jahren - sind die Ermittlungen mit einem Strafbefehl beendet.

Die Summe hat der Priester bereits 2017 beglichen, informiert sein Anwalt Tobias Konze. Nach Auskunft von Leitendem Oberstaatsanwalt Gerd Schäfer hatte der Angeklagte für die Jahre 2014 bis 2016 zu Unrecht Fahrten abgerechnet. Der Fahrtkostenzuschuss des Bistums beträgt 35 Cent. Demnach hat der Geistliche rund 115 000 Kilometer zu viel angegeben, im Durchschnitt 3200 pro Monat. Unter anderem soll er dazu Tauf- und Trauergespräche innerhalb seiner Pfarreiengemeinschaft erfunden haben.

Zufallsfund mit Folgen

Der Geistliche war im März 2017 von einem Tag auf den anderen beurlaubt worden - eigentlich aus einem ganz anderen Grund. Die Haushälterin hatte in seiner Abwesenheit beim Aufräumen eine Aktentasche mit einschlägigen Fotos in einem Schrank im Pfarrhaus gefunden. Darunter waren "einige wenige" strafrechtlich relevante Exemplare von Jugendpornografie im "untersten Bereich", wie Leitender Oberstaatsanwalt Gerd Schäfer sagt. Das Verfahren ist in dieser Sache schon vor einem Jahr eingestellt worden und zwar auf Basis von Paragraph 154. Sprich: Weil die zu erwartende Strafe im Fall der anderweitigen Verurteilung nicht ins Gewicht gefallen wäre.

Aufgrund der neuen Leitlinien der Deutschen Bischofskonferenz von 2013 hatte der Zufallsfund dennoch enorme Auswirkungen für den Pfarrer. Bei Verdachtsfällen von Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung läuft zwingend eine Maschinerie an: Der Ordinarius - in Regensburg ist das Generalvikar Michael Fuchs - muss eine Voruntersuchung einleiten. Bestätigt sich der Verdacht, muss er Rom informieren. Zuständig ist die Kongregation für die Glaubenslehre. Bis zur Aufklärung des Falls hat der Ordinarius mehrere Optionen: Er kann den Priester freistellen (wie hier erfolgt). Andere mögliche Maßnahmen wären das Fernhalten vom Dienstort oder von Tätigkeiten gewesen, bei denen Minderjährige gefährdet sein können.

Fast zwei Jahre ermittelt

Diese Aufklärung zog sich nun ordentlich in die Länge. Das Bistum Regensburg hatte im Juli 2017 eine Anzeige wegen Betrugsverdachtes nachgereicht. In der Finanzkammer waren Unregelmäßigkeiten in den Fahrtkostenabrechnungen aufgefallen waren. Zudem wurde an die Staatsanwaltschaft der Verdacht herangetragen, dass kirchliche Gegenstände zu Unrecht per Ebay veräußert worden waren, darunter beispielsweise eine Madonnenstatue. Dazu nahm das Kommissariat 2 (Eigentumsdelikte) der Weidener Kriminalpolizei die Ermittlungen auf.

Die Vorwürfe, kirchliche Güter verkauft zu haben, was eine Unterschlagung bedeuten würde, ist mangels Tatnachweis eingestellt worden. Die Nachforschungen bei der Onlineplattform Ebay erwiesen sich nach Auskunft von Schäfer als "zähe Angelegenheit": "Man hat mit großer Hartnäckigkeit recherchiert, aber kam nicht weiter."

Pfarrer wäre vorbestraft

Akzeptiert der Pfarrer den Strafbefehl, ist er vorbestraft (ab drei Monate Freiheitsstrafe). Legt er Einspruch ein, kommt es zu einer öffentlichen Gerichtsverhandlung vor dem Weidener Amtsrichter. Eine Entscheidung steht nach Information von Anwalt Konze noch aus. Der Priester lebt seit seiner Beurlaubung wieder in seiner Heimat Niederbayern.

Bleibt die Frage, ob er weiter für die Kirche arbeiten kann. Das Verfahren in Rom ist noch anhängig. Parallel dazu prüft das Bistum nach Auskunft des stellvertretenden Bistumssprechers, Jakob Schötz, ob wegen des Vermögensdelikts auch ein kirchenrechtliches Verfahren in Regensburg eröffnet wird. "Im Moment können wir noch nicht sagen, wie es weitergeht. Vorerst warten wir die Rechtskraft des Strafbefehls ab."

Info:

Kongregation der Glaubenslehre

Selbst wenn die weltliche Gerichtsbarkeit das Verfahren wegen des möglichen Sexualdelikts eingestellt hat, muss das nicht automatisch für die Kirche gelten. Der Verdachtsfall gegen den Weidener Pfarrer ist 2017 zu einer Vorprüfung bei der Kongregation der Glaubenslehre in Rom vorgelegt worden, bestätigt Bistumssprecher Jakob Schötz. In der Regel werde der Ausgang des Strafverfahrens abgewartet, ehe die Kongregation entscheidet, ob und in welcher Form sie ihrerseits ein Verfahren anstrengt „Möglich ist, dass der zweite Bereich sich in Luft auflöst“, so Schötz.

Die Kongregation ist 1542 als „Kongregation der römischen und allgemeinen Inquisition“ gegründet und zuständig für den Schutz der Glaubens- und Sittenlehre in der katholischen Kirche. Präfekt war bis 2017 der frühere Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller, Nachfolger ist Erzbischof Luis Ladaria. (ca)

 
Kommentare

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Dr. Jürgen Spielhofen

War das nicht der gleiche Pfarrer in Neunkirchen, der bei jeder Gelegenheit die AfD öffentlich "abgekanzelt" hat?

04.02.2019
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