Weiden in der Oberpfalz
15.02.2019 - 15:00 Uhr

Das falsche Einmaleins bei Diesel und Rauchen

Ein Lungenarzt legt einen fadenscheinigen Vergleich zu Rauchern und Dieselabgasen vor, Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) springt begeistert auf. Dabei hat selbst ein Leser unserer Zeitung den Rechenfehler rasch bemerkt.

Bilder diverser Verkehrsüberwachungskamera sind nach der Unterzeichnung der Abschlusserklärung des "Bündnis für Luftreinhaltung" in der Verkehrsleitzentrale Stuttgart auf einem Monitor zu sehen. Das «Bündnis für Luftreinhaltung» will die drohende Ausweitung der Diesel-Fahrverbote in Stuttgart möglichst noch abwenden. Bild: Marijan Murat/dpa
Bilder diverser Verkehrsüberwachungskamera sind nach der Unterzeichnung der Abschlusserklärung des "Bündnis für Luftreinhaltung" in der Verkehrsleitzentrale Stuttgart auf einem Monitor zu sehen. Das «Bündnis für Luftreinhaltung» will die drohende Ausweitung der Diesel-Fahrverbote in Stuttgart möglichst noch abwenden.

Die Kritik von mehr als 100 Lungenärzten an Grenzwerten für Luftschadstoffe enthält Rechenfehler. Gut drei Wochen nach Veröffentlichung der Stellungnahme räumt Autor Dieter Köhler Irrtümer ein. Er bleibt aber bei der These, dass die Grenzwerte, die Diesel-Fahrverbote in Städten zur Folge haben, nicht ausreichend wissenschaftlich begründet sind. Über die Rechenfehler berichtete zunächst die "taz".

Schon kurz nach Aufflammen der Debatte erreicht die Redaktion ein Leserbrief des Weideners Harald Winkler, der vorrechnet, dass sich Köhler um ein paar Nullen verrechnet hat: "Damit emittieren diese 20 Zigaretten logischerweise 20 mal 500 Mikrogramm NO2, das macht nach Adam Riese 10 000 Mikrogramm, und nicht die von Köhler angegebene eine Million Mikrogramm."

Das Rechenexempel wirft die Frage auf, warum sich im Verkehrsministerium niemand die Mühe machte, Köhlers Zahlen zu prüfen. War hier der Wunsch Vater des Gedanken? Alles, was in die eigene Argumentation passt und die Autodindustrie vor teuren Nachrüstungen schützt, wird nicht allzu genau hinterfragt?

Das Verkehrsministerium erklärte am Donnerstag, der Aufruf der Lungenärzte habe einen "Impuls" zur Debatte über die Grenzwerte gesetzt. Die Leopoldina als Nationale Akademie der Wissenschaften solle sich des Themas annehmen. Der Minister habe zudem ein Schreiben an EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc verfasst, damit die EU-Kommission die Herleitung der Grenzwerts sowie eine Neubewertung prüfe. "Auf diesen Ebenen muss die Debatte wissenschaftlich fortgesetzt und eine Versachlichung herbeigeführt werden."

Die Grünen im Bundestag sehen das kritischer für Scheuer: "Ich bin noch immer fassungslos, welche politische Karriere diese Luftnummer genommen hat und dass sie vom Verkehrsminister Scheuer übernommen wurde", sagt Fraktionsvize Oliver Krischer. Der Vorsitzende des Verkehrsausschusses im Bundestag, Cem Özdemir (Grüne), fordert Scheuer müsse nun erklären, "auf welcher Grundlage er und sein Ministerium sich eine Einzelmeinung ohne eingehende Prüfung zu eigen gemacht haben".

Die Redaktion unserer Zeitung jedenfalls hat die Gegenrechnung des Lesers zur Prüfung an den Umwelttechniker der OTH Amberg-Weiden, Prof. Dr. Peter Kurzweil geschickt.

Weiden in der Oberpfalz15.02.2019
 
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