Anders als in seinen früheren Programmen verzichtet der großartige Typendarsteller Schleich, der problemlos in vielerlei Masken und Figuren des öffentlichen Lebens schlüpft, in der Max-Reger-Halle in Weiden auf diese. Er ist nur der Rudi, lässt Helmut Kohl und Angela Merkel nur kurz aufblitzen. Aber auf seine Paraderolle als Franz Josef Strauß will er trotzdem nicht verzichten. Der CSU-Übervater taucht aber erst zum Finale auf und liest Markus Söder kräftig die Leviten.
Der Programmtitel führt allerdings etwas in die Irre. Schleich nimmt sich zwar zu Beginn der betrügerischen Autoindustrie an und des von ihr produzierten "Straßenbegleitblechs". Sie übertölple ihre Kunden nach dem Motto "Fahr einen, zahl drei" (Diesel). Er geißelt die zu hohen Managergehälter und nimmt die Konsumenten aufs Korn, die auf hohem Wohlstandsniveau jammern, aber mit dem SUV zum Dallmayr wegen "kandierter Langustenhoden" fahren und sich beschweren, dass sie keinen Parkplatz finden. "Die sollte sich der Staat zur Brust nehmen, anstatt ihnen ständig unter die Arme zu greifen", wettert der Künstler. Dann arbeitet sich der Volkskabarettist aber ausgiebig an der Politik ab.
Das Hirn einschalten
In "Kauf, du Sau!" will er weg von den Figuren, hin zu sich selbst. Das Publikum in der Max-Reger-Halle soll gefälligst nicht auf den Übervater Strauß warten, sondern das Hirn einschalten und mitdenken. Söders Kruzifix-Erlass als ewige Mahnung assoziiert Schleich mit Trumps Waffenpolitik. "Wäre Jesus bewaffnet gewesen, wären die letzten 2000 Jahre anders gelaufen."
Dafür stellen für den Kabarettisten Kopftuch und Schleier ab einem gewissen Alter eine preiswerte Alternative zur Schönheits-OP dar. Schleich ist nicht gut zu sprechen auf Leitkultur, sowohl die politische als auch die journalistische, an der sich alles orientieren soll. Von der Kanzel trägt er die "Lesung aus den Kommentaren des Heiligen Heribert Prantl" vor. Er erklärt die EU, Macron oder die Lobby-Organisation, nennt die SPD "die Partei der Verzweifelten". Er schlüpft in die Rolle des Fernfahrers Rudi, der mit 3,1 Promille seinen Führerschein verloren hat und jetzt durchrechnet, dass er mit Kindergeld aus einer Vielehe besser als mit Lohn und "Stütze" wegkäme.
Im zweiten Programmteil rechnet der Künstler mit Vorurteilen und Klischees ab. Gutmenschen und Veganer, simulierte Freundlichkeit sowie "Rhabarberschorlendeppen" bekommen ihr Fett weg. Schleich hinterfragt wortgewandt den sprachlichen "Genderwahn", der jedes "er" durch "sie" ersetze. Da mutiert der Vater zum "Vatsie" und die Mutter zur "Muttsie". Er geht auf die schwierige bairische Sprache mit der einmaligen Vierfach-Verneinung ein: "Na, koane Windpocken hams no nia ned ghabt." - "Mia san mia", basta. Es müsste aber eigentlich "Mir san mir" heißen. "Mir" heißt auf Russisch Frieden. Laut Schleich eine schöne Variante auf "Patronen aus Bavaria".
Von Strauß gefangen
Zum Finale schlüpft er doch noch in seine Paraderolle als Franz Josef Strauß und stampft seine Nachfolger Beckstein, Stoiber, Seehofer und Söder gnadenlos in den Boden. Es ist fast beängstigend, wie die Figur von ihm Besitz ergreift, wie sie ihn völlig verwandelt.
Schleich glänzt in der Max-Reger-Halle wieder einmal durch seine herrlichen Wortschöpfungen und grundsoliden Recherchen. Sein Programm kommt an und erhält großen Beifall. Als Zugabe mimt er noch die beiden Ratzinger-Brüder Schorschi und Beppi, die sich im vatikanischen Garten Gedanken über einen Islampapst machen und mit dem Satz enden: "Gut, dass uns keiner zuhört."
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