ONETZ: Vom Oberpfälzer Studenten zum Model und TV-Star in Südkorea – hattest du diesen Traum, als du 2015 für ein Auslandssemester nach Seoul gegangen bist?
Florian Krapf: Ich hätte mir das nie erträumt. Nach dem Abi an der FOS Weiden habe ich in Regensburg begonnen, Internationales Management zu studieren. Dort habe ich viele koreanische Austauschstudenten kennengelernt. Da ich mich schon seit meiner Kindheit für die asiatische Kultur und Mentalität interessiere, wollte ich unbedingt für ein Semester nach Seoul. Allerdings wegen meines Studiums und nicht, um dort berühmt zu werden. In Deutschland hatte ich schon ein bisschen TV-Luft geschnuppert, ich war unter anderem Komparse in der bayerischen Krimireihe „Kommissarin Lucas“, aber als Model hatte ich noch nie gearbeitet. Während meines Auslandssemesters habe ich gemerkt, wie sehr ich mich für Fotografie interessiere – vor und hinter der Kamera.
ONETZ: Welche Eindrücke hattest du von Südkorea? Und warum bist du 2017 zurückgekehrt?
Florian Krapf: Ich komme aus Weiden – einer Kleinstadt. Seoul war für mich natürlich erst einmal eine komplette Reizüberflutung. Überall sind Menschen, es ist wie ein Bienenschwarm. Auch der Verkehr war für mich erst einmal befremdlich. Die Auto- und Rollerfahrer fahren überall, auch auf dem Gehweg. Wegen der starken Verkehrs ist es auch nicht unüblich, dass man zwei bis drei Stunden täglich mit dem Taxi unterwegs ist. Das ist anstrengend. Gleichzeitig habe ich ein Land kennengelernt, das mich ab dem ersten Moment mit seiner tollen Kultur begeistert hat. Die Menschen sind unheimlich herzlich. Und auch das Nebeneinander von Modernem und Historischem fasziniert mich bin heute. In Seoul lebt man in einem Kollektiv. Ich hatte auch Glück mit meiner damaligen Uni und den anderen Studierenden. Sie haben mich an die Hand genommen, haben mir gezeigt, in welchen Supermarkt ich am besten gehe, wo gute Restaurants sind, die besten Clubs, wo die schönsten Plätze sind. Das hat mir sehr geholfen in der ersten Zeit. Letztendlich war es das große Ganze, das mir so sehr gefallen hat. Deshalb habe ich das Abenteuer Seoul nach meinem Studium, das ich in Deutschland beendet habe, noch einmal gewagt.
ONETZ: Wie ist es dir gelungen, in Seoul in dieser Branche Fuß zu fassen?
Florian Krapf: Nach dem ich schon während meines ersten Aufenthalts in Seoul meine Leidenschaft für die Arbeit vor und hinter der Kamera entdeckt habe, wollte ich das in Korea ausbauen. Ich habe professionelle Fotos von mir anfertigen lassen und diese veröffentlicht. Nach und nach erreichten mich 2017 Anfragen von Agenturen, die mein Portfolio sehen wollten. Mein Aussehen hat mir dabei sehr geholfen: Blaue Augen, blonde Haare, durchtrainiert – das war vor über fünf Jahren in Korea noch sehr rar. In Europa hätte ich definitiv mehr Konkurrenz gehabt. Zu dieser Zeit hatte ich noch ein Studentenvisum. Als immer mehr Anfragen gekommen sind, habe ich bei einer Agentur unterschrieben. Das ist wichtig, um als Model und Entertainer Fuß fassen zu können. Sie vermittelt mir Aufträge, knüpft für mich Kontakte und hilft mir dabei, noch bekannter zu werden. Gleichzeitig ziehe auch mir mir noch Aufträge an Land, die mich unter anderem auf den Sozial-Media-Kanälen erreichen. Oder ich lerne Menschen bei Events kennen, die mich interessant finden und mit mir zusammenarbeiten wollen. Es gibt viele Möglichkeiten. Ein wichtiger Faktor, um mir etwas in Seoul aufzubauen, war natürlich die Sprache. Ohne sich verständigen zu können hätte man keine Chance. Ich habe mir viel selbst beigebracht und auch einen Sprachkurs besucht. Das hat sich bezahlt gemacht. Trete ich im TV auf, muss ich mich gut ausdrücken können, witzig sein und auch die Jugendsprache beherrschen. Des gelingt mir inzwischen ziemlich gut.
ONETZ: Wie muss man sich deine Arbeit als Model und Entertainer vorstellen?
Florian Krapf: Hauptberuflich arbeite ich als Model. Das nimmt auch die meiste Zeit in Anspruch. Das bedeutet, ich mache Fotoshootings oder stehe für Werbedrehs vor der Kamera. Einer meiner ersten Aufträge war ein Dreh für Hyundai. Das war natürlich eine riesengroße Sache für mich. Ich durfte auch schon bei der Fashion-Week auf dem Laufsteg laufen. Damals war ich unheimlich nervös, ich erinnere mich noch gut, dass ich innerlich so sehr gezittert habe. Aber ich habe es genossen, das war ein großes Abenteuer. Zusätzlich trete ich in TV-Shows auf, bin in zahlreichen Youtube-Videos zu sehen und moderiere Veranstaltungen wie etwa das K-Wave-Festival 2022, eine K-Influenders Awards Ceremony vor 4000 Zuschauern im Live-Publikum und Tausenden im Fernsehen. Das Business ist sehr abwechslungsreich, und genau das liebe ich daran. Aber es ist anstrengender, als man auf den ersten Blick vermuten könnte. Hinter perfekten Bildern, gut gemachten Werbefilmen oder auch Moderationen steckt viel Arbeit, Vorbereitung und der Wille, kontinuierlich an sich arbeiten zu wollen. Ich bin Freelancer, meine eigene Marke. Hier kommt mir natürlich mein International-Management-Studium zu Gute. 2022 habe ich die bisher größten Jobs an Land gezogen.
ONETZ: Was waren deine bisherigen persönlichen Highlights?
Florian Krapf: Ich habe unter anderem für Paulaner in Südkorea gedreht. Stolz bin ich auch auf meine Werbespots für New Balance und Fila. Diese Marken haben mich engagiert, weil ich auch als Fitnessmodel arbeite. Ein besonderes Erlebnis war die TV-Show „Hallo in Korea“. Dafür durfte ich mir drei Freunde aus Weiden einladen und mit ihnen durch Korea reisen. Ihnen wurde alles bezahlt: der Flug, die Unterkunft, die Verpflegung. Bei unserer Tour wurden wir von einem Kamerateam begleitet und das Ergebnis ist dann im koreanischen Fernsehen ausgestrahlt worden. Ein Highlight war auch meine Teilnahme an der Netflix-Reality-Show „Physical: 100“. Sie ist an die Erfolgsshow „Squid Game“ angelehnt. 100 internationale Teilnehmer, alle durchtrainiert und Körperlich in Topform, treten gegeneinander an. Die Aufgaben, die von uns verlangt wurden, damit habe ich nicht gerechnet. Wir sind an unsere körperlichen Grenzen gegangen.
ONETZ: Dominante Kurven in Südamerika, üppiger Po in den USA ... welches Schönheitsideal dominiert in Asien?
Florian Krapf: Helle, makellose Haut ist ein Symbol für Schönheit. Auch, wenn das bis vor ein paar Jahren noch weiter verbreitet war als heute, gibt es immer noch zahllose Pflegeprodukte, die die Haut aufhellen. Zudem streben vor allem Frauen nach einem kleinen Gesicht mit V-Form. Da natürlich nicht jeder so eine Gesichtsform hat, boomen Schönheitsoperationen, in denen sich Koreanerinnen einen Teil ihres Kiefers abschleifen lassen, damit ihr Kinn der Form eines Vs entspricht. Das hört sich für Europäer im ersten Moment schockierend an, aber hier wird dieser Eingriff regelmäßig gemacht. Genauso wie Nasenkorrekturen oder eine Optimierung der Lidfalte. Denn es gilt als äußerst attraktiv, wenn die Nase schmal ist und man eine doppelte Lidfalte hat, wodurch das Auge größer wirkt. Auch ein schlanker Körper ist wichtig. Viele koreanische Berühmtheiten veröffentlichen ihre Diätpläne, die von vielen nachgeahmt werden. Ein Beispiel ist die Sängerin IU. Ihre Diät beinhaltet einen Apfel zum Frühstück, zwei Süßkartoffeln zum Mittagessen und einen Proteinshake am Abend. Natürlich ist das eine absolute Mangelernährung, aber das spielt für viele keine Rolle. Bei Männern ist ein Schönheitsideal das Milchbubengesicht mit Sixpack. Wobei auch das zunehmend im Wandel ist.
ONETZ: Modeln, TV-Auftritte – wie sieht ein „typischer“ Tag in deinem Leben aus?
Florian Krapf: Meine Tage sind sehr eintönig (lacht). Ich mache sehr viel Sport, drei bis vier Stunden pro Tag: Cardio, Pilates, Kampfsport. Das bedeutet: Ich stehe um 7 Uhr auf, trainiere zwei Stunden, dann habe ich meistens ein Shooting oder eine Aufzeichnung fürs Fernsehen und trainiere anschließend wieder. Ist das erledigt, ist es oft schon abends und ich esse noch etwas und bereite mich dann auf den nächsten Tag vor. Ich arbeite auch am Wochenende, aber dann versuche ich, mir wenigstens ein bisschen Zeit einzuräumen, um etwas mit meiner Freundin zu unternehmen. Wir haben uns in Seoul kennengelernt und mittlerweile leben wir auch zusammen. Sie ist Lehrerin. Das schöne an unserer Beziehung ist, dass wir uns damals unter „normalen Umständen“ kennengelernt haben. Kein Shooting, kein öffentlicher Promi-Auftritt. Ganz normal im Alltag. Sie hat mich nicht als Model kennengelernt, sondern als der Mensch, der ich wirklich bin.
ONETZ: Wie wichtig ist dir der „perfekte Körper“?
Florian Krapf: Sehr wichtig, und deshalb investiere ich auch viel Zeit und Energie in ihn. Mein Körper ist essentiell wichtig, um in dem Business erfolgreich zu sein. Auch ich habe einen hohen Anspruch an mich. Natürlich gibt es Tage, an denen ich absolut keine Lust habe, so viel Sport zu machen oder darauf zu achten, was ich esse. Aber das ist keine Option – Training muss sein. Das ist harte Arbeit, aber ich weiß, dass es sich lohnt. Es gibt auch Zeiten, in denen ich ein bisschen zunehme, aber dann fühle ich mich selbst nicht wohl. Eine permanente Drucksituation. Die meiste Zeit des Jahres versuche ich, in Topform zu sein.
ONETZ: Ist es dir gelungen, in der 10-Millionen-Metropole ein soziales Umfeld aufzubauen?
Florian Krapf: Durch meinen Job treffe ich viele Menschen. Andere Models, TV-Persönlichkeiten, berühmte Leute. Ich würde sie aber nicht als Freunde betiteln. Das ist alles eher Netzwerken. Aber ich habe einige wahre Freunde in Korea, für die ich sehr dankbar bin. Es ist nicht leicht, jemanden zu finden, der es ehrlich mit einem meint, wenn man bekannt und erfolgreich ist. Ich erlebe es immer wieder, dass Leute meine Nähe suchen und scheinbar mit mir befreundet sein wollen, um einen Nutzen aus mir zu ziehen. Das merke ich daran, dass sie viele Fotos mit mir machen und diese in den Sozialen Medien posten wollen. Im Laufe der Zeit durchschaut man das schnell und merkt, auf wen man sich wirklich verlassen kann und auf wen nicht. Meine engste Bezugsperson und meine beste Freundin ist aber meine Freundin.
ONETZ: Welche kulturellen Unterschiede erlebst du?
Florian Krapf: Das Alter spielt in Korea eine große Rolle – und die damit einhergehende Hierarchie. Ein Beispiel: Wenn eine Person älter ist als du, siezt du sie. Sie darf dich aber duzen. Es gibt viele solcher Höflichkeitsformen, an die man sich als Deutscher erst gewöhnen muss. Ein anderes Beispiel: Ich bin 28 Jahre alt. In Korea bin ich aber 30. Das liegt daran, dass dort eine andere Zeitrechnung herrscht. Zum einen ist die Kalenderrechnung anders, zum anderen zählen die Menschen dort auch die Monate, die man im Mutterleib ist, als Lebenszeit. Deshalb bin ich hier zwei Jahre älter. Ein großer Unterschied zu meiner Oberpfälzer Heimat ist auch der Lärm. Es ist immer laut, die Stadt schläft nie. Auch in den Wohnblöcken sind die Wände oft sehr dünn, deshalb ist man immer von Geräuschen umgeben. Es gibt kaum Möglichkeiten, sich dem zu entziehen.
ONETZ: Was fehlt dir in der Südkoreanischen Hauptstadt im Vergleich zur Oberpfalz, was gefällt dir dort besser?
Florian Krapf: Es gibt vieles, das mir fehlt. Natürlich vermisse ich meine Familie und meine Freunde sehr. Wir haben zwar regelmäßig Kontakt, aber wir sehen uns sehr selten. Außerdem fehlen mir die guten Weidener Bayer-Brezen und der Zoigl. Ich bin ein großer Zoigl-Liebhaber und hier in Seoul gibts es leider nichts vergleichbares. Allerdings habe ich schon oft davon erzählt – also ist der Zoigl inzwischen auch hier bekannt (lacht). Auch die große Auswahl im Supermarkt, die ich von Deutschland kenne, gibt es hier nicht. Griechischer Quark, frische Früchte oder Brot, entweder es ist hier nicht im Sortiment oder extrem teuer. Ich kann es nicht erwarten, in den Oberpfalz endlich wieder durch einen Supermarkt zu schlendern und alles zu kaufen, worauf ich hier so lange verzichtet habe. Auch die oberpfälzer Gelassenheit ist etwas, das es hier nicht gibt. In Seoul ist alles sehr schnell, die Menschen sind getrieben und immer in Hektik. Daran musste ich mich erst gewöhnen, denn das macht auf Dauer müde. Und natürlich die Natur … die Oberpfälzer Wälder, die Seen. In Seoul passiert es wegen des Smogs vielleicht ein Mal im Jahr, dass man den Sternenhimmel sieht. Gleichzeitig ist es in vielen Hinsichten komfortabler hier zu wohnen. Egal, wann ich etwas brauche, hier hat alles rund um die Uhr geöffnet. Auch die Infrastruktur ist perfekt, die öffentlichen Verkehrsmittel fahren rund um die Uhr. Ich lmag die Mischung aus Historischem und Modernem in der Stadt, die Kultur. Am meisten aber hält mich die Liebe zu meiner Freundin in Seoul.
ONETZ: Wie oft bist du noch in der Oberpfalz?
Florian Krapf: Das letzte Mal war ich Ende 2019 in Weiden. Eigentlich haben ich geplant, meine Familie jedes Jahr mindestens ein Mal zu besuchen, aber dann kam Corona. Nichts ging mehr. Ich konnte nicht mehr ausreisen und auch meine Familie konnte mich nicht besuchen. Deshalb freue ich mich umso mehr darauf, jetzt Anfang des Jahres endlich wieder in die Oberpfalz zu kommen. Ich werde zwei Wochen bleiben und ich freue mich besonders, dass mich meine Freundin begleitet. Endlich werden sie auch meine Familie und meine Freunde kennenlernen. Ich will diese zwei Wochen nutzen, um so viel Zeit wie möglich mit meinen Liebsten zu verbringen. Und natürlich will ich in die Natur, zum Zoigl und ausgiebig durch den Supermarkt schlendern. Mir fehlt die Oberpfalz sehr. Aber ob und wann ich wieder ganz zurück will, das wird sich zeigen.
ONETZ: Was wünscht du dir für deine Zukunft?
Florian Krapf: Ich habe mir ein besonderes Ziel gesetzt. Deutsche gelten in Korea als extrem unwitzig. Das liegt daran, dass sich der koreanische und der deutsche Humor stark unterscheiden. Ich habe lange gebraucht, um ihre Scherze zu verstehen. Das tue ich jetzt – und wenn ich in der Öffentlichkeit auftrete, will ich zeigen, dass auch Deutsche lustig sein können. Ich denke, das bekomme ich ganz gut hin, denn ich höre immer wieder, dass ich der witzigste Deutsche bin, den sie bisher gesehen haben. Auch beruflich habe ich einen Traum, den ich mir gerne erfüllen will: Ich will für Adidas modeln.
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