Weiden in der Oberpfalz
27.09.2018 - 18:07 Uhr

"Trompete spielen ist alles, was ich kann"

Dusko Goykovich zählt zum Urgestein der europäischen Jazz-Szene. Kurz vor seinem 87. Geburtstag gastiert er nun mit Scott Hamilton im Weidener Bistrot Paris.

„Trompete spielen ist alles, was ich kann - hoffentlich noch lange“, sagt Dusko Goykovich. Er ist auch mit 87 Jahren noch in Topform. Bild: lr
„Trompete spielen ist alles, was ich kann - hoffentlich noch lange“, sagt Dusko Goykovich. Er ist auch mit 87 Jahren noch in Topform.

Schon vor sechs Jahren bescherte Goykovich dem Jazz-Zirkel einen unvergesslichen Konzertabend - zusammen mit dem Saxofon-Giganten Scott Hamilton. Am 5.Oktober gibt es ein Wiedersehen im Bistrot Paris. Im Interview erzählt der Ausnahme-Trompeter von seiner Karriere.

ONETZ: Wie kamen Sie zur Trompete und zum Jazz?

Dusko Goykovich: Ohje, ist das lange her. Ich habe als Teenager in Belgrad einen Film mit Kirk Douglas gesehen, „Young Man With a Horn“ hieß er. Die Geschichte von Bix Beiderbecke. Als ich aus dem Kino kam, sagte ich: „Ich will das spielen, was der spielt.“ Jahre später habe ich Kirk Douglas dann tatsächlich bei der „Ed Sullivan Show“ getroffen, wo ich mit der "Woody Herman Bigband" engagiert war, und ihm gesagt, das er Schuld sei, dass ich Trompete spiele.

ONETZ: Was hat Sie am Jazz fasziniert?

Dusko Goykovich: Du kannst entscheiden, was du spielst. Es gibt keine vorgeschriebenen Linien, keine gezwungenen Arrangements.

ONETZ: Sie hatten eine besondere Beziehung zu den Jazz-Ikonen Miles Davis und Dizzy Gillespie?

Dusko Goykovich: Beide waren gute Freunde, von beiden habe ich viel gelernt. Mit Dizzy hatte ich das Glück, viele Konzerte mit der Clarke/Boland Bigband zu spielen. Für die Soli holte er mich immer nach vorne. Wochenlang waren wir unterwegs. Es war Miles, der mich in München in den späten Fünfzigern in Freddy Broksieper’s Club „Studio 15“ spielen hörte und sagte, dass ich unbedingt nach New York kommen müsse. Ich sagte: „Was soll ich da? Ich kenne dort niemanden.“ Er gab mir seine Karte und meinte: „Wenn Du nach New York kommst, sag, du kennst Miles Davis. Das reicht für den Anfang.“ So geschah es. Miles wollte mich in New York auf die Bühne schicken, um mit seinem Quartett (George Coleman, Paul Chambers, Wynton Kelly und Jimmy Cobb) zu performen, das war in den Sechziger Jahren im „Village Vanguard“. Ich hatte zu große Ehrfurcht, um das anzunehmen.

ONETZ: Ihr Name steht auch für die Verbindung von Jazz und Folklore aus dem Balkan. In gewisser Hinsicht waren Sie auch ein Wegbereiter der „Weltmusik“, oder?

Dusko Goykovich: Schon während meines Studiums in Berklee haben viele Kommilitonen gesagt, ich solle meine musikalischen Ursprünge in die Musik einbringen. Stan Getz, Dexter Gordon, Clarke Terry - sie alle haben mir das vorgeschlagen, und so habe ich unter dem Eindruck der „Sketches of Spain“ meine „Balkan Suite“ geschrieben. Es ist nicht das ganz große, wegweisende Album geworden - aber immerhin.

ONETZ: Wie kam es zur Zusammenarbeit mit Scott Hamilton?

Dusko Goykovich: Das war Michael Keul und Bernhard Pichls Idee. Vorher kannte ich Scott nur dem Namen nach. Wir spielen jetzt schon einige Jahre in der Besetzung und ich habe immer wieder großen Spaß mit ihm, weil er mit mir genau auf einer („straight ahead“) Wellenlinie liegt.

ONETZ: Was erwartet uns beim Konzert in Weiden?

Dusko Goykovich: Straight ahead Bebop - die Musik die mein (und Scott’s) Leben begleitet und geprägt haben. Ich mag keine Experimente (mehr) und möchte mit der tollen Band einen schönen Abend haben. Und hoffentlich gefällt es dem Publikum auch.

ONETZ: Wie beurteilen Sie die aktuelle Jazz-Szene? Kann man mit Jazz auch heute noch überleben?

Dusko Goykovich: Es war immer schwer, und es wird wohl immer schwer bleiben. Die aktuelle Szene ist sehr vielseitig, sehr bunt, sehr gemischt, sehr zerfahren. Früher gab es einen Mainstream, der den Jazz voran getrieben und wieder und wieder verändert hat. Heute kommt es mir, um im Bild zu bleiben, wie das Amazonas-Delta vor.

ONETZ: Man hört immer wieder, dass Sie auch heute noch täglich auf ihrem Instrument üben. Warum ist das nötig?

Dusko Goykovich: Wie bitte? Keep the chops, man. Du musst immer bereit sein für den Anruf aus Hollywood.

ONETZ: Warum nimmt man als Jazzmusiker die Strapazen der Konzert-Tourneen auf sich? Gibt es ein „Rentenalter“ für Musiker?

Dusko Goykovich: Was soll ich sonst tun? Trompete spielen ist alles, was ich kann - hoffentlich noch lange.

ONETZ: Noch immer existieren unterschiedliche Schreibweisen ihres Namens. Gojkovic oder Goykovich? Wie gehen Sie damit um?

Dusko Goykovich: Das ist mir herzlich egal. Ich hatte früher mal darüber nachgedacht, mir einen (amerikanischen) Künstlernamen zuzulegen. Aber dann sagten mir die Kollegen in den Bigbands, dass ich meinen Namen behalten solle. So kann man sich an den Jugoslawen mit dem schwierigen Namen erinnern.

Zur Person: Dusko Goykovich:

Geboren wurde Dusko Goykovich am 14. Oktober 1931 in Jajce im serbischen Teil des damaligen Königreichs Jugoslawien. Ab 1957 spielte er im Orchester von Kurt Edelhagen. In den Bands von Herb Pomeroy, Maynard Ferguson und Woody Herman sammelte er in den USA wichtige musikalische Erfahrungen. Ab 1961 studierte er an der Berklee School of Music in Boston, und als er 1966 nach Deutschland zurückkehrte, gründete er sein „International Quintet“, das 1973 mit dem Saxofonisten Bobby Jones Kultstatus erlangte.

Seit 1968 ist er in München beheimatet und brillierte als Solist u.a. in der Kenny Clarke/Francy Boland Big Band, bei Peter Herbolzheimers „Rhythm & Brass Combination“, der George Gruntz „Concert Jazz Band“ oder der NDR Bigband. In München gründete er seine „Munich Big Band“ als Talentschmiede und Treffpunkt einheimischer Musiker. Sieben Jahre lang betreute er das Landesjugendjazzorchester Bayern und unterrichtete an Jazzschulen in München und Bern. Auch mit 87 Jahren ist er in der Szene aktiv und fasziniert durch seinen gepflegten Ton auf dem Flügelhorn und heißen Bebop-Phrasen auf der Trompete sein Publikum. 2015 würdigte ihn die bayerische Landeshauptstadt mit dem Münchner Musikpreis für seine „herausragende Gesamtleistung.“

Dusko Goykovich (Trompete) und Scott Hamilton (Tenorsax) gastieren am Freitag, 6. April um 20 Uhr im Weidener „Bistrot Paris“ (Sebastianstraße 2). Unterstützt werden sie von Bernhard Pichl (Klavier), Rudi Engel (Kontrabass) und Michael Keul (Schlagzeug).

Dusko Goykovich (Trompete) und Scott Hamilton (Tenorsax) gastieren am Freitag, 6. April (20 Uhr), im „Bistrot Paris“ (Sebastianstraße 2, Weiden). Unterstützt werden sie von Bernhard Pichl (Klavier), Rudi Engel (Kontrabass) und Michael Keul (Schlagzeug). Bild: lr
Dusko Goykovich (Trompete) und Scott Hamilton (Tenorsax) gastieren am Freitag, 6. April (20 Uhr), im „Bistrot Paris“ (Sebastianstraße 2, Weiden). Unterstützt werden sie von Bernhard Pichl (Klavier), Rudi Engel (Kontrabass) und Michael Keul (Schlagzeug).
Dusko Goykovich Bild: lr
Dusko Goykovich
 
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