Der zentrale Satz der deutschen Verfassung steht am Anfang: "Die Würde des Menschen ist unantastbar." Dieser Satz bindet nicht nur den Staat, er ist die grundlegende Basis für die Ausgestaltung des Zusammenlebens in der Gesellschaft. Und: Der Satz ist der Maßstab dafür, wie Menschen hierzulande miteinander umgehen sollen.
Letzteres sollte eine Selbstverständlichkeit sein. Ist es aber nicht mehr, wie der Blick in Online-Plattformen wie Facebook und Twitter zeigt. Dort ergießt sich der Hass über andere, werden Menschen herabgewürdigt und Opfer aufs Übelste diffamiert - wie jüngst im Fall der vermissten Amberger Tramperin Sophia Lösche. Den Leuten, die so über andere herziehen, fehlt nicht nur der Anstand.
Anstand scheint für viele als ein Begriff aus einer fernen, bürgerlichen Welt. Doch dieser ist offenkundig auch jene "Tugend, die wir gerade - in einem völlig anderen politischen und gesellschaftlichen Rahmen - neu entdecken ", wie Bundestagpräsident Wolfgang Schäuble (CDU) zu Recht in seiner Gedächtnisvorlesung zur Erinnerung an die "Weiße Rose" im April in München sagte.
Wer den Respekt vor der Würde des anderen missen lässt, lässt auch den Respekt vor den demokratischen Werten missen. In diesem Fall kommt der zweite Satz aus Artikel 1 des Grundgesetzes zum Tragen: "Sie (die Würde) zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt." Dazu braucht es kein Netzdurchsetzungsgesetz, sondern Polizei und Justiz. Dazu brauchen diese ausreichend Personal. Denn beide müssen denjenigen, die im Internet Hass verbreiten, genauso auf die Finger klopfen, wie anderen Gefährdern.
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