Ende Februar in Österreich. Noch sind es nur beunruhigende Nachrichten, die sich da aus Italien kommend in der Alpenrepublik verbreiten. Noch sind die Grenzen nach Deutschland offen, selbst die nach Norditalien. Dann gibt es die ersten Infizierten in Tirol, bald darauf auch in Wien. Das Coronavirus hat unser Nachbarland längst fest im Griff. „Wir waren etwas früher dran als Deutschland“, erzählt Martin Wallentich, „deshalb ist jetzt der Umgang mit dem Virus auch strikter.“
Wallentich ist 23 Jahre alt. Aufgewachsen ist er im Burgenland, ganz im Osten Österreichs. Sein Heimatort heißt Parndorf, nördlich des Neusiedler Sees. Er wohnt damit näher an der slowakischen Hauptstadt Bratislava als an Wien. Seine Arbeit für einen Sportsender erledigt er von zu Hause. Kein Wunder: „Bei uns herrscht de facto eine Ausgangssperre“, sagt er.
Es gebe zwar keine Verbote, aber alle seien aufgefordert, nur für lebensnotwendige Erledigungen nach draußen zu gehen. Spaziergänge? Nur noch mit unmittelbaren Familienangehörigen. Einkaufen? Unter erschwerten Bedingungen. „Letzten Freitag war es sehr heftig. Da gab es einen enormen Ansturm. Obst und Gemüse waren fast weggekauft, Toilettenpapier sowieso.“
Mittlerweile habe sich die Lage umgekehrt. Die Wenigsten gehen noch in die Supermärkte. „Wenn überhaupt jemand rausgeht, dann halten die Leute reflexartig Abstand voneinander. Wir haben glücklicherweise einen Garten, so kann ich wenigstens Frischluft tanken.“ Die Schulen sind dicht, die Universitäten sowieso. Die Maßnahmen würden Tag für Tag schärfer, so beschreibt es Wallentich.
Gerüchte um Ausgangssperre
Wie es in Österreich weitergeht, sei kaum abzuschätzen. „Wir hören immer wieder Gerüchte, dass eine offizielle Ausgangssperre kommt oder Wien abgeriegelt wird“, sagt er. Die Atmosphäre sei ernster als sonst, das schon. „Aber wir müssen besonnen bleiben. Die Situation ist ja für alle neu.“ Besorgnis, ja. „Aber Angst, das wäre übertrieben.“ Klar ist ihm aber auch: „Die Situation kann sich sehr schnell ändern.“
Genau 9113 Kilometer entfernt, auf der Südhalbkugel, liegt Kapstadt, der Regierungssitz von Südafrika. Vergleicht man Österreich mit Südafrika, fallen allein die Dimensionen der Länder ins Auge. Das Land an der Südspitze des afrikanischen Kontinents ist beinahe 15-mal größer als unser Nachbar. Während Wien seit Jahren zu den lebenswertesten Städten der Welt zählt, zeichnet sich Kapstadt durch eine enorm hohe Kriminalitätsrate aus. Absolute Armut ist in den an Kapstadt angrenzenden Townships weit verbreitet.
Aber: Das Coronavirus macht nicht Halt vor sozialen Schichten oder großen Geldbeuteln. Ob arm, ob reich, ob weiß, ob schwarz. Von einer Pandemie sind per definitionem alle betroffen. Nie zuvor habe es, so sagt der Präsident Südafrikas, Cyril Ramaphosa, in der demokratischen Geschichte des Landes eine solch ernste Lage gegeben.
Sauberes Wasser? Ein Luxus
"Wir dachten alle, wir wären sicher hier, am südlichsten Ende Afrikas“, sagt Corlia Engelbrecht. Sie arbeitet für eine Freiwilligen-Organisation in Muizenberg, einem Vorort von Kapstadt. Als es vor zwei Wochen den ersten Coronafall im Land gab, machte sich Angst breit. Zugang zu sauberem Wasser, Seife oder die Möglichkeit, von zuhause zu arbeiten, sind ein Luxus, den sich die wenigsten Südafrikaner leisten können. „Wir fürchten, dass unsere Regierung uns nicht ausreichend unterstützen kann.“
Schulen sind geschlossen. Von Hamsterkäufen rät die Regierung zwar ab, in Supermärkten sei die Anspannung aber deutlich zu spüren. „Die Leute gehen unruhig durch die Gänge, überlegen panisch, was sie kaufen sollen“, erzählt Engelbrecht. „Die Ungewissheit dieser Tage macht mich wahnsinnig.“ Noch gingen die Leute vorbildlich mit der Situation um, hörten auf die Warnungen. Aber sobald das Virus die ärmeren Viertel erreiche, „werden die Fallzahlen explodieren“.
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