Georg Ettl, 1940 in Nittenau geboren und dort aufgewachsen, war fünf Jahrzehnte im internationalen Kunstbetrieb präsent - in seiner ostbayerischen Heimat wurden seine Arbeiten allerdings selten gezeigt. Nur bei einer kleinen Ausstellung 2010 in Nittenau und bei einer Einzelausstellung im Cordonhaus Cham vor 30 Jahren konnten Kunstbegeisterte einen Blick auf seine Werke erhaschen.
Mit 19 Jahren wandert der Oberpfälzer, nachdem er in Nittenau die Mittlere Reife erworben hatte, nach Detroit aus. Zwei der Schwestern seiner Mutter leben mit ihren Familien in jener großen amerikanischen Autoindustriestadt. Ab 1960 studiert er dort Literatur, Philosophie und Geschichte an der Wayne State University, später Kunst.
Seine Arbeiten ab 1966 werden zunächst der Minimal Art zugeordnet: sehr reduzierte Formen, streng konstruiert. Schon damals jedoch weicht er vom Konzept der Minimalisten ab. Er knickt den rechten Winkel, gestaltet seine Skulpturen komplexer, kombiniert die glatten Flächen aus Plexiglas mit Steinen oder Truthahnfedern. Neben Minimal Art zeigen sich schon damals bei ihm Einflüsse der Pop Art, die Alltägliches in der Kunst thematisiert und integriert.
Nach seiner Rückkehr aus den USA 1973, lässt er sich mit der Familie in Viersen am Niederrhein nieder. Nun werden diese Aspekte seiner Arbeiten noch offensichtlicher. In die minimalistischen Betonskulpturen werden - eine Todsünde für Minimalisten - Figuren eingelassen: Marabus, Palmen, Nofretete, eine Berglandschaft. Es entstehen große Tafelbilder. Beispielsweise Pferdeköpfe aus Blattgold auf alltäglicher Resopalimitation von Marmor. Das erhabene, feierliche, ja sakrale Gold, kombiniert mit Resopal oder Beton: Ettl bringt in seinen Werken Gegensätze zusammen, er stellt unsere Seh- und Beurteilungsgewohnheiten infrage. Die Werkschau in Deggendorf zeigt einen Überblick über diese frühen Arbeiten vom Anfang der 1970er bis Mitte der 80er-Jahre.
In langen Studien entwickelt und konstruiert Georg Ettl 1986 einen minimalistischen, abstrakten menschlichen Kopf. Er setzt jenen Kopf auf sandgestrahlte Steinplatten, bespritzt sie mit Autolack gespritzte auf Stahlblech und konzipiert eine Kopf-Siebdruck-Reihe. Auch jene Arbeiten sind in Deggendorf zu sehen. Ausgehend von diesem Kopf entsteht 1990 die menschliche Figur. Ettl konnte mit seinen Menschenfiguren, obwohl extrem reduziert und minimalistisch konstruiert, eine barocke Welt entstehen lassen. So zum Beispiel bei der Gesamtgestaltung der Hl. Geist-Kirche in Neuss (1991- 1999).
Gezeigt wird auch der bisher selten ausgestellte gewebte Wandteppich "Untugenden des Menschen" aus dem Jahre 2002, der über 15 Meter lang ist. Ettl stellte nach der Verwirklichung seiner "Pferde von Oiron" (1992/93) in Frankreich - einer Wandmalerei in der Galerie des Schlosses Oiron aus dem 12. Jahrhundert - oftmals dort aus. So 1996 im Schloss von Angers. Dort hängen die weltberühmten Wandteppiche zur Apokalypse. Inspiriert von diesen schuf er 2002, sozusagen als moderne Version der menschlichen Apokalypse, seinen Wandteppich "Untugenden des Menschen".
Georg Ettl lebte bis zu seinem Tod 2014 in Viersen. Der langjährige Direktor des Mönchengladbacher Museums, Johannes Cladders, wies auf den großen Einfluss der barocken Bilderwelten seiner bayerischen Heimat für sein künstlerisches Schaffen hin: "Im Land solch allgegenwärtiger Bilderwelten wuchs Georg Ettl auf. Obwohl er es schon als junger Mann verließ und auch nie dauerhaft dorthin zurückkehrte, scheint es ihn doch nicht endgültig losgelassen zu haben."
Die Ausstellung "Georg Ettl (1940 - 2014). Zwischen Minimal Art und Barock" zeigt die Werkschau Künstlers bis Sonntag, 24. Februar.














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