Amberg
03.10.2020 - 17:19 Uhr

30 Jahre Tag der Deutschen Einheit: Feierstunde im ACC mit Matthias Schöberl

Die Wiedervereinigung ist an keinem Deutschen spurlos vorübergegangen. Jeder verbindet mit ihr seine eigene Geschichte. Auch Matthias Schöberl. Für den Fraktionsvorsitzenden der Amberger CSU war sie der Start seiner politischen Karriere.

Matthias Schöberl machte sich Gedanken über die Deutsche Einheit. Bild: tk
Matthias Schöberl machte sich Gedanken über die Deutsche Einheit.

Als am 3. Oktober 1990 zum ersten Mal der Tag der Deutschen Einheit gefeiert wurde, war Matthias Schöberl 15 Jahre alt. Er besuchte das Erasmus-Gymnasium in Amberg und war politisch noch relativ unbedarft. Nach der Wiedervereinigung wurde das anders. Wie sehr sich sein Leben durch die Deutsche Einheit veränderte, berichtete der aktuelle CSU-Fraktionsvorsitzende am Samstag als Festredner während einer Feierstunde, zu der Oberbürgermeister Michael Cerny ins Kongresszentrum eingeladen hatte.

Die Corona-Pandemie führte am Wochenende zu mehreren Absagen. Der verkaufsoffene Sonntag verschwand ebenso vom Terminplan wie der "50plus Fit + Aktiv Tag". An der Feierstunde zum 30. Jahrestag der Deutschen Einheit wollte OB Cerny aber festhalten: "Es ist eine Feier, die mir wichtig ist. Es ist ein Tag zum Feiern. Wir feiern heute, dass ein Wunsch in Erfüllung gegangen ist." Vor geladenen Gästen betrat danach Matthias Schöberl die Bühne. Nicht in seiner Funktion als CSU-Fraktionsvorsitzender, sondern als Historiker mit Doktortitel.

Eingangs stellte Schöberl die Frage: "Wo warst du, als die Mauer fiel?" Die Antworten gab er selbst: "Frau Angela M. befand sich zu diesem Zeitpunkt ja bekanntlich in der Sauna. Ich war 15 und befand mich sehr unspektakulär vor dem Fernseher." So ganz verstanden habe er damals nicht, was da passierte. Nur das: "Dass die DDR am Ende war."

"Wir sind das Volk"

In Erinnerung geblieben sind diese vier Worte: "Wir sind das Volk!" Damals, 1990, fing Schöberl an, sich mit Politik zu beschäftigen. Kurz nach der Wiedervereinigung trat er in die Junge Union ein: "Wegen der Einheit kam ich zur Politik." Als er seinen Wehrdienst in Regensburg ableistete, teilte er sich eine Stube mit einem Bayern sowie insgesamt sechs Sachsen und Thüringern. Schöberl scherzhaft: "Also für Bier und Bratwurst war gesorgt." Um danach wieder ernst zu werden: "Wir brauchten keine deutsch-deutsche Familientherapie." Die Gesellschaft aber offenbar schon: "Damals gab es bereits den Besserwessi und seinen Cousin, den Jammerossi." Das geeinte Deutschland - es sei ein holpriger Start gewesen. Die innere Einheit des Volkes beziehungsweise der Gesellschaft sei "in der satten Zufriedenheit des Wachstums" nicht vorangekommen. Die Lebenswelten seien auseinandergedriftet: "Digitale Eingeborene und digital Abgehängte, Migranten und Einheimische, Spitzen- und Geringverdiener, Rechts- und Links-Gläubige."

Dann begann die Ära Merkel: "Dass die Saunagängerin aus dem Osten nun gesamtdeutsche Regierungschefin wurde, schien die Einheit als neue Situation irgendwie abzuschließen." Und doch sei in der Politik noch immer "eine klare Trennung zwischen Ost und West" zu entdecken: "Während man im Westen ergrünt, erlebt die Republik im Osten ihr blau-braunes Wunder."

Nach 25 Jahren Einheit seien plötzlich die vier Worte "Wir sind das Volk" wieder aufgetaucht, in einer scheinbar vergleichbaren Situation: "Bürger, die sich gegen eine Regierung wehren." Doch das Volk von 1989 habe etwas ganz anderes gemeint als das Volk, das auch im Jahr 2020 beschworen werde: "Patrioten lieben ihr Vaterland und verstehen, wenn andere das ihre lieben. Aber Nationalisten verachten die Vaterländer der anderen."

Wie weit darf Freiheit gehen?

Am Ende seines Vortrags kam Schöberl zu diesem Schluss: "Demokratie kann nur lebendig bleiben, wenn die Leute sich einmischen." Und: "Wir haben verlernt, damit zu leben, dass Entscheidungen auch mal gegen unsere Meinung ausfallen können." Kompromisse seien wichtig. Und sie seien besonders gut, "wenn ihnen ein ordentlicher Meinungsstreit vorausgeht". Die Freiheit dürfe erst dort enden, "wo sie die Freiheit des anderen einzuschränken droht". Und das Bemühen um Einheit müsse so weit gehen, "bis es die Freiheit des anderen einzuschränken droht".

Mitsingen war wegen der Corona-Vorschriften verboten. Ein Ensemble der Knappschaftskapelle gab unter der Leitung von Moritz Rothmeier (Dritter von rechts) dennoch die Bayern- und die Nationalhymne zum Besten. Bild: tk
Mitsingen war wegen der Corona-Vorschriften verboten. Ein Ensemble der Knappschaftskapelle gab unter der Leitung von Moritz Rothmeier (Dritter von rechts) dennoch die Bayern- und die Nationalhymne zum Besten.
 
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