Das Telefon klingelte fast ohne Pause, denn Heinrich Werner, der am Mittwoch seinen 90. Geburtstag feierte und dazu auch Bürgermeister Martin Preuß erwartete, hat einen großen Bekanntenkreis. Wie seine aus Ungarn angereiste Nichte Evi schelmisch bemerkte, enthält die vom Jubilar erstellte Anruferliste vorwiegend weibliche Vornamen.
Heinrich Werner und seine Zwillingsschwester Berta kamen am 7. Februar 1934 in Warnsdorf im Sudetenland zur Welt, dort ging er auch zur Schule. Bei der Geburt einer weiteren Schwester namens Rosemarie starb die Mutter. Die Kinder wuchsen schließlich bei der Pflegemutter auf, denn der Vater diente in der Wehrmacht und geriet bei Kriegsende in russische Gefangenschaft. 1946 wurden Heinrich Werner und seine Schwestern von den tschechischen Behörden ausgewiesen und strandeten in Mecklenburg. Über die zugefrorene Elbe flüchteten die Geschwister 1948 mit ihrer Pflegemutter in den Westen, wo sie der mittlerweile aus der Gefangenschaft entlassene Vater über den Suchdienst des Roten Kreuzes schließlich fand und mit seinen Kindern nach Rauschwitz/Sachsen zog. Dort lernte Heinrich Werner Schmied für Hufbeschlag und Wagenbau, verließ 1951 über die grüne Grenze die DDR und arbeitete bis 1955 in Abbensen im Kreis Peine in der Landwirtschaft.
Schließlich zog er nach Amberg, um beim Akustikgerätehersteller Romen zu arbeiten, aber schon nach weiteren zwei Jahren wechselte der Jubilar zu Siemens. 1966 wurde Heinrich Werner Busfahrer beim Reiseunternehmen Reichert, fuhr regelmäßig Grundig-Beschäftigte nach Fürth und lernte auf diesen Fahrten seine erste Frau Ruth kennen, die er 1968 heiratete, die aber bereits nach vier Jahren verstarb. Ab 1969 war Grundig auch der neue Arbeitgeber von Heinrich Werner, der zuerst als Einrichter in der Trafowicklerei, schließlich als Sachbearbeiter für Materialwesen tätig war, bis er schließlich mit 58 Jahren den vorzeitigen Ruhestand antreten konnte. 1979 heiratete der Jubilar seine zweite Frau Johanna, Lebensmittelpunkt war für zwölf Jahre Langenzenn, dann kauften sich Johanna und Heinrich Werner eine Doppelhaushälfte in Edelsfeld. 2002 endete auch die zweite Ehe, und der Jubilar zog nach Amberg in die Heiner-Fleischmann-Straße, wo er nach wie vor eigenständig wohnt.
Als rüstiger Rentner betreut Heinrich Werner ehrenamtlich einige ältere Bewohnerinnen eines nahegelegenen Seniorenheims, erledigt Formalitäten oder fährt sie zu Arztbesuchen, denn das eigene Auto ist für den Jubilar ein Stück Selbstständigkeit. Heinrich Werner ist ein wahrer Computer-Freak, fit in E-Mails und Online-Banking, skypt jeden Samstag mit seiner in Ungarn wohnenden Nichte Evi, die zusammen mit ihrem Mann am Mittwoch unangemeldet in aller Früh vor Heinrich Werners Wohnung stand. Bürgermeister Martin Preuß gratulierte namens der Stadt Amberg und überreichte Amberger Stadtgeld.
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