Von Evi Wagner
Einfach mal die persönlichen Akkus wieder aufladen, neue Kraft tanken und mit frischen Ideen an den Arbeitsplatz zurückkommen. Laut einer Viking-Studie wünschen sich neun von zehn Arbeitnehmern in Deutschland ein Sabbatical. Dabei handelt es sich um einen gewissen Zeitraum, der für eine längere Auszeit aus dem Arbeitsalltag genutzt werden kann. Isabell Reil, Projektkauffrau bei der Siemens AG in Amberg, hat sich diesen Wunsch bereits erfüllt. Sie nutzt ihre persönlichen Auszeiten regelmäßig für längere Reisen und dafür, mehr Zeit im Freien zu verbringen.
„Irgendwann habe ich festgestellt, dass ich nicht 100 Prozent zufrieden war“, erzählt die 34-Jährige, die jeden Tag von Regensburg zu ihrem Arbeitsplatz nach Amberg pendelt. „Ich habe einfach nicht mehr alles unter einen Hut bekommen, was mir wichtig ist.“ Also beschloss sie 2015, sich vier Jahre lang jeweils einen Monat für sich selbst zu nehmen. Eine Entscheidung, die sie nicht bereut hat.
Jakobsweg, Neuseeland, Norwegen
Die Auszeiten vom Job verband sie mit längeren Reisen: Sie ging einen Teil des Jakobswegs in Spanien, war mit Zelt und Rucksack in Australien und Neuseeland unterwegs und erkundete auf langen Wanderungen Norwegen. Auch in diesem Jahr hat Isabell Reil wieder vor, sich eine Auszeit zu gönnen.
Denn für sie steht fest: „Auch wenn die Arbeit ein wesentlicher Bestandteil des Lebens ist, gibt es so viel mehr, was die Welt zu bieten hat. Und das will ich nicht hinausschieben, bis es vielleicht zu spät ist. Außerdem habe ich in diesen Monaten wichtige Erfahrungen sammeln können, durch die ich mich persönlich weiterentwickelt habe und die mir auch im Arbeitsalltag weiterhelfen.“
Wald aufgeforstet
Auch Udo Niebler, der als Leiter Qualitätsplanung und Leiter Qualitätsmanagement im Siemens Gerätewerk Amberg beschäftigt ist, machte im vergangenen Jahr eine zweimonatige Pause vom Job. „Bei mir hatten sich in der Freizeit mehrere Projekte angestaut, die ich schon lange umsetzen wollte“, erzählt der 46-Jährige. „Eines war zum Beispiel, rund einen Hektar Wald aufzuforsten.“
Natürlich habe es auch eine wichtige Rolle gespielt, die persönlichen Akkus wieder aufzuladen. „Ich konnte mal wieder zwei Gänge runterschalten und öfter mit meinen Kindern etwas unternehmen.“ Auch Udo Niebler ist froh, sich für ein Sabbatical entschieden zu haben. „Man kann keinen Perspektivwechsel generieren, wenn man sich immer nur im gleichen Trott befindet“, erklärt er. „Deswegen kann ich jeder anderen Führungskraft nur empfehlen, diese Möglichkeit einmal zu nutzen.“
Mindestens 70 Prozent vom Brutto
Das Sabbatical ist ein Baustein des umfassenden Angebotes zur flexiblen Arbeitszeitgestaltung bei der Siemens AG. „Umgesetzt wird es als eine spezielle Form der Teilzeit“, erklärt Personalberaterin Sabine Reindl. „Dazu wird ein befristeter Sabbatical-Vertrag abgeschlossen, in dem eine oder mehrere Arbeitsphasen und einen oder mehrere Freizeitblöcke festgelegt sind. Dabei erhält der Mitarbeiter durchgängig Entgelt auf Teilzeitbasis.“
Wichtig sei es dabei, die Länge der Freizeitblöcke und die Vertragslaufzeit so zu kombinieren, dass mindestens 70 Prozent des bisherigen Bruttoentgelts bezogen werden, da sonst kein sozialversicherungsrechtliches Beschäftigungsverhältnis mehr bestehen würde. Um ein Sabbatical nutzen zu können, müssen beim Technologiekonzern folgende Voraussetzungen erfüllt sein: mindestens sechs Monate Betriebszugehörigkeit und keine entgegenstehenden betrieblichen Erfordernisse. Die Entscheidung, ob die Auszeit genehmigt wird, erfolgt hier durch die Führungskraft. Im Gegensatz zu anderen Ländern gibt es in Deutschland keinen gesetzlichen Anspruch auf eine berufliche Auszeit.
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