Zum Renner des Aktionstags im Stadtmuseum zur Sonderausstellung „Baumann, Amberg und die Welt“ wurde die Präsentation besonderer Gebrauchsstücke von Pfarrer Klaus Haußmann aus seiner Privatsammlung. Aber auch so kam keine Langeweile bei den Besuchern auf, denn Museumsleiterin Julia Riß und ihr Team haben sich mächtig in Zeug gelegt, um die Firma Baumann von ihrer Entwicklung, Produktion und ihren Waren anschaulich zu präsentieren. Das Unternehmen war zeitweise größter privater Arbeitgeber der Oberpfalz, der maßgeblich die industrielle, soziale und städtebauliche Entwicklung Ambergs – von der Betriebsgründung im 19. Jahrhundert über den Konkurs 1986 bis hin zum Abriss 1987 - beeinflusste. Baumannwaren, insbesondere das Gebrauchsgeschirr, sind noch in vielen Amberger Haushalten zu finden, was sich beim Aktionstag wieder einmal mehr zeigte.
Pichelsteinertopf zum Wenden
Zum Anziehungspunk die Präsentation der Privatsammlung von Pfarrer Klaus Haußmann mit kuriosen Raritäten und skurrilen Objekte aus der Baumannproduktion. Pfarrer Haußmann berichtete den gesamten Nachmittag aus seinem reichen Wissensschatz über das Baumanngeschirr, deren Herstellung und Gebrauch. Darüber hinaus gab er auch einen tiefen Einblick über die Lebensweise der Bevölkerung und insbesondere der Haushaltsführung vor 150 Jahren. Zu sehen waren vom ausgeklügelten Milchtopf mit Deckel als Überlaufschutz, ein Pichelsteinertopf zum Wenden über einen großen Kaffeefilter, Kinderkochgeschirr und einer Baby-Nukelflasche bis hin zur überdimensionalen Brechschale, einer Pinkelflasche für Männer und riesige Nachttöpfe. Wasser- und Melkeimer durften ebenso wenig fehlen. Großes Interesse weckten dann die Kriegswaren wie Kanonenköpfe, die zu Kaffeebecher umfunktioniert wurden und die Kartuschenemailware, ebenfalls aus Kriegsmaterial. Pfarrer Haußmann verstand es blendend zu all seinen mitgebrachten Sammelobjekten heitere und interessante Geschichten mit hohem Unterhaltungswert zu erzählen, sodass sein Ausstellungstisch stets dicht belagert war. Einen wichtigen Hinweis hatte Pfarrer Baumann noch zur Bestimmung der Baumannware: Die Produkte aus den Anfangsjahren tragen noch nicht das Firmenemblem der Baumanns, den Baumannlöwen.
Digitale Schnitzeljagd
Spannend für die jüngeren Besucher der Ausstellung war die Actionbound-Rallye „In die Ausstellung, fertig, los!" – eine digitale Schnitzeljagd auf dem eigenen Smartphone oder Tablet. Großen Zuspruch fand auch das individuelle Gestalten von Malvorlagen im Kreativbereich des Stadtmuseums. Weiterhin gab es ein Rätselspiel. Auf großes Interesse stieß auch die Bildershow mit Fotografien der Baumann-Fabrik von Gerd Dollhopf, der einen tiefen Einblick in das Ausmaß der Firma mit Produktions- und Lagerhallen sowie das Verwaltungsgebäude gab. „Das Firmenareal erreichte um 1910 seine größte Ausdehnung. Um die großen Warenmengen lagern zu können, wurden eigene Gebäude errichtet. Diese mehrstöckigen Magazine prägen gemeinsamen mit den zwölf bis zu 40 Meter hohen Kaminen das weite Areal am Fuße des Mariahilfbergs, dem Dreifaltigkeitsviertel“, erklärte Dollhopf.
Protestantische Spenglergfamilie
Bei den Kurzführungen durch die Sonderausstellung mit dem wissenschaftlichen Mitarbeiter des Stadtmuseums, Michael Herzog, war zu erfahren, dass die Sonderausstellung „Baumann, Amberg und die Welt“ eine Jubiläumsausstellung anlässlich der Gründung der Firma durch die Gebrüder Baumann im Jahr 1872 sei. Michael Herzog erläuterte, dass die protestantische Spenglerfamilie Baumann aus Wunsiedel sich vor nun150 Jahren im katholischen Amberg niedergelassen habe, was kein leichtes Unterfangen gewesen sei. Wichtig dabei sei den Gebrüder Baumann die Bahnverbindung gewesen, um ihre Produkte bestens im In-uns Ausland vermarkten zu können. Zu Glanzzeiten hätte laut Herzog die Firma Baumann 3400 Wagons mit ihren Waren von Amberg aus zum Verkauf abtransportiert. Das Unternehmen fing mit 50 Arbeitern an und wuchs schnell auf 2000 Arbeiter an. Diese hätten laut Herzog Wohnungen benötigt, die um das riesige Fabriksgelände entstanden seien, was sich auf die Entwicklung des Dreifaltigkeitsviertels erheblich ausgewirkt habe.
Grundplan des Firmenareals
Als zentrale Objekt der Ausstellung stellte Michael Herzog den Grundplan des Firmenareals im Maßstab 1:300, auf dem sich die Häuser dreidimensional erheben und die Größenverhältnisse aufzeigen. Das Modell sei laut Herzog in Kooperation mit dem Fachbereich Geomatik und Geodäsie der Ostbayerischen Technischen Hochschule entstanden. Im Rahmen seiner Bachelorarbeit hat sich Noah Herbach intensiv mit den Firmengebäuden um 1910 auseinandergesetzt. Michael Herzog ging weiter auf die Waren der Baumannfirma ein, die insbesondere zu einer Küchenrevolution geführt hätten, aber auch im medizinischen Bereich und im Labor Verwendung fanden. In der Sonderausstellung sind unter anderem vor allem beeindruckende Raritäten wie auch kuriose Gegenstände, beispielsweise eine Email-Lampe, ein seltenes Service im Bauhaus-Stil oder ein futuristisch anmutender Perkolator zu sehen. Michael Herzog wies auch auf die Dauerausstellung „Alles Blech – Amberger Emailgeschirr“ hin, die sich schwerpunktmäßig mit den weit verbreiteten Emailformen und -farben in den Bereichen Haushalt und Gesundheit beschäftigt. Die Sonderausstellung ist noch bis 24. April im Stadtmuseum zu sehen.
"Das Firmenareal erreichte um 1910 seine größte Ausdehnung. Um die großen Warenmengen lagern zu können, wurden eigene Gebäude errichtet. Diese mehrstöckigen Magazine prägen gemeinsamen mit den zwölf bis zu 40 Meter hohen Kaminen das weite Areal am Fuße des Mariahilfbergs, dem Dreifaltigkeitsviertel.“
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