Amberg
27.08.2019 - 17:01 Uhr

Alles nur Kopfsache

Goldgräber müssen sich heute nicht mehr auf den Weg nach Alaska aufmachen. Daten sammeln und daraus einen Algorithmus destillieren, das genügt, um ein erfolgversprechendes Geschäftsmodell zu entwickeln. Einfach ist aber auch das nicht.

Selbstversuch: AZ-Redakteur Michael Zeißner (rechts) hat ausprobiert, wie Brainjo als Versuchsanordnung funktionieren soll. Zu Höchstleistungen hat es nicht gereicht. Macht nichts, meinte das Start-up-Trio (von links) Christian Michael Gnerlich, Constatin Amin Demigha und Tadeu Haferbier. Es fehle noch an ausreichenden Messdaten für eine individuelle Kalibrierung. Bild: Petra Hartl
Selbstversuch: AZ-Redakteur Michael Zeißner (rechts) hat ausprobiert, wie Brainjo als Versuchsanordnung funktionieren soll. Zu Höchstleistungen hat es nicht gereicht. Macht nichts, meinte das Start-up-Trio (von links) Christian Michael Gnerlich, Constatin Amin Demigha und Tadeu Haferbier. Es fehle noch an ausreichenden Messdaten für eine individuelle Kalibrierung.

Das Latinum haben sie für ihre Hochschulabschlüsse nicht gebraucht. Ihr Start-up hat dennoch mit einer von alten Lateinern gerne als eine Weisheit verkauften Redewendung zu tun: "Mens sana in corpore sano." Interpretationen, wie dieses Zitat von dem römischen Satiriker Juvenal (1. und 2. Jahrhundert) genau zu verstehen sei, gibt es einige. Die gängigste ist, dass ein gesunder Geist nur in einem gesunden Körper wohnen kann.

Noch allgemeiner - es geht um die Wechselwirkung zwischen einem gesunden Geist und einem gesunden Körper. Wer daraus nassforsch eine Jetztzeit-Formel der Work-Life-Balance macht, landet schnurstracks bei dem Amberger Start-up Brainjo, das verkürzt für Brain (dt.: Gehirn) und Jogging steht. Dem Trio Tadeu Haferbier (Betriebswirtschaft), Constatin Amin Demigha (Medizintechnik) und Christian Michael Gnerlich (Wirtschaftsingenieur) ist nun der erste größere Wurf gelungen.

Sie wurden mit ihrem Projekt "Brainjo - Fitness-Studio fürs Gehirn" in das Exit-Förderprogramm des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie aufgenommen. Das bedeutet für sie, ein Jahr lang von Finanzierungssorgen ein Stück weit befreit zu sein, weil es 130 000 Euro gibt. Außerdem kann nun nicht jeder einfach so behaupten, die drei früheren OTH-Studenten würden nur an irgendwelchen spleenigen Gedankenspielen herumbasteln. "Die Idee gibt es schon länger", sagt Gnerlich und jetzt könnten sie aus einem bisher eher experimentellen Stadium in die konkrete Entwicklungsphase übergehen.

Ein bisschen EEG

Brainjo ist mit dem Exit-Zuschlag quasi erneut bei der Digitalen Gründerinitiative Oberpfalz (DGO) in der Fleurystraße eingezogen. Dort geht es nun zur Sache, das "Fitness-Studio fürs Gehirn" prototypenreif zu machen. Das heißt, es wird in Anlehnung an das medizinische Diagnostikverfahren Elektroenzephalografie (EEG) eine Verknüpfung zu Fitness-Übungen oder beispielsweise Reaktionstests hergestellt, um Basisdaten über einen Probanten zu erlangen. Liegen genügend vor, könne daraus ein auch mental ansetzendes Trainingsprogramm entwickelt werden, das gezielt leistungssteigernd im Sinne einer sehr individuellen Work-Life-Balance eingesetzt werden soll.

Mentaltraining gibt es ja

Demigha betont eine klare und scharfe Abgrenzung zur medizinischer Diagnostik oder gar Therapie, merkt jedoch an, dass derartige Methoden und Konzepte beispielsweise im Leistungssport als Mentaltraining gang und gäbe seien. Warum sollte das nicht auch breiten Schichten zugänglich gemacht werden können?, fragen sich die drei. Ihre Start-up-Gedanken fliegen natürlich schnell hoch. Aber auch das gehört dazu, wenn neue Ideen auf den Boden der Tatsachen ihrer wirtschaftlichen Verwertbarkeit geholt werden sollen.

Anti-Stress-Therapie

Das Brainjo-Trio ist nicht nur in die Fleurystraße zurückgekehrt, es wird auch vom dort angesiedelten DGO begleitet. Das heißt, dass der Gesundheitswirtschaftler Professor Dr. Steffen Hamm von der OTH in Weiden das Projekt begleitet und Philipp Hermannsdörfer (DGO) als Netzwerk-Coach beratend zur Verfügung steht. Auch wenn die drei bei dem Pressegespräch etwas angespannt wirkten, so ist ihr erklärtes Ziel, das Arbeits- und Privatleben ausgeglichener zu gestalten. Denn sie sind der Überzeugung, dass Bestleistungen nicht aus Stress- sondern entspannten Situationen heraus entstehen. Das in der Arbeitswelt von heute um sich greifende Burn-out-Syndrom sei das wohl beste Argument für ihr Start-up, sagen die drei.

 
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