Mit Shakespeares "Der Sturm" hat Winfried Steinl schon lange geliebäugelt. Jetzt ergab sich die Gelegenheit, das späte Stück des englischen Dramatikers auf die Bühne zu bringen – und zwar mit dem von ihm geleiteten AMsemble des Amberger Stadttheaters. "Eine zeitlose Geschichte", urteilt Steinl über das Werk, das Shakespeare fünf Jahre vor seinem Tod verfasste und das zu seinen späten Romanzen zählt. Ein Spiel um Magie und Rache. Um Gerechtigkeit und Freiheit.
Die Handlung dreht sich um Prosperos, dem Herzog von Mailand, der von seinem Bruder gestürzt wird und mit seiner Tochter Miranda auf einer Insel strandet, die das Reich von Luftgeist Ariel und Ungeheuer Caliban ist. Mit Ariels Hilfe entfacht er den titelgebenden Sturm, der seinen Widersacher samt Gefolge auf die Insel treibt.
Nebel wabert über die Bühne des Stadttheaters, für den tosenden Sturm, das Donnergrollen und den prasselnden Regen sorgt Anita Kinscher mit Soundeffekten. Die Darsteller, in Friesennerz und Gummistiefeln, stolpern über die Bühne, versuchen sich an den quer über die Bühne gespannten Seilen festzuklammern, um nicht über Bord zu gehen. Das Publikum wird in diesem Moment Zeuge eines dramatischen Schiffbruchs.
Nanu, mag sich der Kenner des Shakespeare-Stücks fragen, wenn sich Ariel gleich in dreifacher Ausführung von der Decke der Bühne abseilt. "Der Sturm" sieht genau einen Luftgeist vor, Winfried Steinl und AMsemble haben die Rolle verdreifacht. Weshalb, ist zum einen simple Mathematik: Den zehn Rollen im Original stehen 14 Spieler gegenüber. Andererseits ist es aber auch die Handschrift des Ensembles und seines Regisseurs. Und die sieht noch das eine oder andere Unvorhersehbare vor. Nur so viel sei vorab schon verraten: Der neapolitanische Königssohn Ferdinand, der sich in Miranda verliebt, ist in der Inszenierung eine Frau: Fernanda.
AMsemble hebt die geschlechtsspezifische Festlegung der Rollen auf, vervielfältigt die Charaktere, lässt sie zwiespältig erscheinen (Steinl: "Rein gute und rein böse Typen gibt's nicht") und überrascht am Schluss – der bei Shakespeare so geht: das Unwesen Caliban bleibt auf der Insel, alle anderen kehren glücklich nach Europa zurück – mit einer gehörigen Portion Emanzipation. Es ist das Spiel mit dem Spiel, das diese Inszenierung so reizvoll macht.
Bis zur Premiere am Samstag, 6. Mai, und einer weiteren Aufführung am darauffolgenden Samstag, 13. Mai, ist es noch eine Weile hin. Zeit, die Winfried Steinl und AMsemble nach der Intensiv-Probenphase in den Osterferien für den Feinschliff nutzen werden.
Zwei Vorstellungen
- Samstag, 6., und Samstag, 13. Mai
- Beginn jeweils um 19.30 Uhr im Stadttheater
- Kartenpreis: zehn Euro (ermäßigt fünf Euro)
- Tickets: bei der Tourist-Information am Hallplatz (09621/10-1233), im Internet (www.webshop.amberg.de) und an der Abendkasse
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