Sonorer Hörnerklang vom Balkon des Rathauses ließ am Freitagmittag den gut besuchten Marktplatz bei schönstem Wetter aufhorchen. Er bildete den Auftakt zum Besuch einer 17-köpfigen Delegation aus dem ungarischen Tatabánya. Mit dem dreitägigen Besuch möchte man eine fast 50 Jahre dauernde Verbindung wiederbeleben, was von beiden Seiten im Oberbürgermeisteramt sehr begrüßt wurde. Auch der Eintrag ins Gästebuch des Rathauses greift dies explizit auf.
Die Beziehung begann im März 1978 mit Rudolf Meckl, dem ehemaligen Kulturreferenten der Stadt Amberg, der Tatabánya besuchte. Auf seine Anregung hin wurde Josef Brandelik, der damalige Vorsitzende der Amberger Knappschaftskapelle, sofort aktiv. Er nahm gleich Kontakt mit der Union Europäischer Berg-, Hütten- und Knappenvereine und weiteren internationalen Verbindungen auf.
Schwieriger Anfang
Bereits im August 1978 kam es zu persönlichen Gesprächen zwischen den Verantwortlichen der Bergmannskapelle von Tatabánya und der Knappschaftskapelle. Zahlreiche Besuche der Amberger in Ungarn folgten. Doch wegen des „Eisernen Vorhangs“ war die Verbindung schwierig und mühsam. Anträge auf Genehmigung eines Austauschs und Visa mussten organisiert werden. Doch ein Abgeordneter des ungarischen Parlaments, verschiedene Kulturbeauftragte und die Verantwortlichen der Bergmannskapelle erreichten schließlich 1979 gegenseitige Besuche der Kapellen.
1981 kam sogar die Jugendkapelle aus Tatabánya nach Amberg, und die Amberger Musiker fuhren 1982 nach Tatabánya im Komitat Komárom-Esztergom im Norden Ungarns. Groß feierte man gemeinsam 1983 das 150-jährige Bestehen der Knappschaftskapelle in Amberg. Zum 35. ungarischen Bergmannstag revanchierten sich die Amberger dafür mit einem Besuch in Tatabánya.
In Spitzenzeiten waren die Amberger mit drei Bussen und 105 Personen, unter anderem mit Oberbürgermeister Franz Prechtl und dem Mitglied des Bundestags Hermann Fellner in Ungarn. 1983 hätte der Deutsche Gewerkschaftsbund zudem gerne eine Städtepartnerschaft initiiert. Schließlich wurde aus der ungarischen Bergmannskapelle eine Stadtkapelle, die den Austausch mit den Amberger Stadtpfeifern fortsetzte. Doch nach dem Fall des Eisernen Vorhangs und der Wiedervereinigung nahm die Verbindung deutlich ab. Erst im Jahr 2000 griff Karlheinz Brandelik als Vorsitzender der Amberger Knappschaftskapelle die Verbindung wieder auf und besuchte Tatabánya.
Musik verbindet
Ambergs Oberbürgermeister Michael Cerny begrüßte nun im großen Rathaussaal die Delegation. Dem Organisator Tibor Svetecz dankte er besonders für sein Engagement. Dieser und Cerny stellten allen gegenseitig ihre Städte vor und tauschten Geschenke aus. Beide lobten die Musik als Medium, das Grenzen überwindet, da es ohne Sprachbarrieren Verbindung schafft. Beide wünschten einen weitergehenden Austausch, den auch die Bürgermeisterin von Tatabánya in einem Brief überbringen ließ.
Deutsche Lieder
Miklos Hegedüs erzählte von seinen Vorfahren, die man als Donauschwaben in das Gebiet von Tatabánya geholt habe. Seine Großeltern hätten noch perfekt Deutsch gesprochen, wusste er, aber bereits seine Eltern mussten in Schule und Beruf nur Ungarisch sprechen; so verlor sich zunehmend das aktive Sprachvermögen. Doch sei ihm die Liebe zu deutschen Liedern geblieben, die er noch immer regelmäßig in einem Männerchor singt.
Die Tuba an der Grenze
Karlheinz Brandelik erinnerte sich an einen Besuch, bei dem eine Tuba in Budapest gekauft wurde. An der Grenze fragte man nach zu verzollenden Waren oder größeren Einkäufen: Naja, da wäre eine Tuba – gab man zu –, aber man betonte: Wir sind ja eine Musikkapelle! Prompt ließ man die Musiker am Grenzübergang aussteigen und mehrere Stücke „als Beweis“ spielen; währenddessen durchsuchten Zollbeamte Busse und Koffer – bevor sie die Weiterreise erlaubten.
Über Tatabánya
- Tatabánya ist Sitz des Komitats Komárom-Esztergom im Nordwesten Ungarns
- Hat rund 65.000 Einwohner
- Liegt 52 Kilometer westlich von Budapest
- Ist Verkehrsknotenpunkt an Autobahn sowie Eisenbahnlinie Wien–Budapest
- Ab 1733 siedelte dort Graf József Eszterházy deutsche Donauschwaben an
- Ein eigener Stadtteil wurde ab etwa 1940 für Bergleute erbaut
und bestand bis in etwa Mitte/Ende '70er Jahre - Der Industriecharakter dominierte bis zur politischen Wende, seitdem ging Bedeutung Schwerindustrie/Bergbau zurück
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