Die bei Bundes- und Landespolitikern fast schon obligatorische Verspätung von einer Viertelstunde oder noch mehr nahm Klaus Holetschek (CSU) am frühen Mittwochnachmittag in Amberg nicht für sich in Anspruch. Pünktlich erschien Bayerns Gesundheitsminister in Begleitung des Landtagsabgeordneten Harald Schwartz, der den Besuch organisiert hatte, im Klinikum St. Marien. Dort gönnte er sich zunächst einen grünen Smoothie, den Elisabeth Gaulard-Hirth, Fachberaterin für ganzheitliche Ernährung und Gesundheit, mit ihrem Team als Willkommensgruß vorbereitet hatte. Danach ging es im Konferenzraum aber schnell ans Eingemachte, denn Klinikumsvorstand Manfred Wendl und Ärztlicher Direktor Harald Hollnberger hatten einige dringende Bitten und Appelle, die sie formulieren wollten. In allen Fällen ging es um die Leistungen, Errungenschaften, Sorgen und Nöte des Klinikums. Und damit zwangsläufig auch um Geld.
Zunächst listete Manfred Wendl auf, dass in St. Marien seit dem Jahr 2008 exakt 97,9 Millionen Euro in die bauliche Entwicklung des Hauses investiert worden seien. An Fördergeldern seien in dieser Zeit 44,1 Millionen Euro geflossen. Den Rest habe das Klinikum beziehungsweise die Stadt selbst tragen müssen. Wendl ging danach auf das nächste große Projekt ein – die Erweiterung und Strukturverbesserung des zentralen OP-Bereichs, der bereits ins Krankenhausbauprogramm aufgenommen worden und von 2023 auf dieses Jahr vorgezogen worden sei. Weitere 44,8 Millionen Euro und vier bis fünf Jahre Bauzeit seien dafür veranschlagt. Wie gut, dass der Gesundheitsminister den noch druckfrischen Förderbescheid über rund 36 Millionen Euro dabei hatte. Holetschek nahm die Dankesworte bescheiden auf: „Was ich heute mitbringen kann, ist ja nicht mein Verdienst, sondern Teil des Haushalts des Landtags, der beschließt. Aber natürlich ist es ein Bekenntnis zu den Krankenhäusern im ländlichen Raum.“ Diese stünden allesamt unter finanziellem Druck und damit vor großen Herausforderungen.
Bedürfnisse der Menschen
Der Minister schlussfolgerte: „Wir denken in manchen Bereichen nur an die Abrechnungssysteme. Wir müssen aber an die Bedürfnisse der Menschen denken.“ Der 56-jährige ehemalige Bürgermeister von Bad Wörishofen wurde deutlich, ohne dabei Wahlkampf zu betreiben: „Wenn die Politik die Corona-Pandemie nicht als Chance begreift, jetzt über unser Gesundheitssystem nachzudenken, das an sich gut ist, dann ist es eine vertane Chance.“ Nach der Pandemie dürfe nicht einfach zur Tagesordnung übergegangen werden, sondern: „Wir müssen überlegen, was ist gut und was kann noch besser werden.“ Deswegen werde mit Sicherheit weiter in die Krankenhäuser investiert.
Gleich danach ging es um das in Amberg entwickelte Konzept der Integrativen Onkologie. Die Kombination aus klassischer Schulmedizin und darüber hinausgehenden alternativen Ansätzen stellte Ärztlicher Direktor Harald Hollnberger vor. Er erwähnte die für Krebspatienten angebotenen Kunst-, Trainings- und Bewegungstherapien, die Ernährungsberatung, Selbstfindungs- und Entspannungskurse sowie die psychoonkologische Betreuung, die weit über den stationären Bereich hinausgehe. Das Problem: Mit Ausnahme der Knappschaft komme keine Krankenkasse für die entstehenden Kosten auf. Alle Versuche, das zu ändern, seien im Sande verlaufen: „Die AOK hat uns jetzt definitiv eine Absage auch auf Landesebene erteilt. Leider. Wir wollen unser Modell aber erhalten und weiter ausbauen.“ Die Bitte an den Gesundheitsminister lautete: „Ist es möglich, ein Signal an die Kassen zu senden, mehr Aktivität zu entfalten? Es wäre uns wirklich wichtig, dass wir hier vorankommen.“
Runder Tisch mit Krankenkassen
Holetscheks Antwort ließ nicht lange auf sich warten: „Ich bin begeistert. Begeisterung allein bringt aber noch kein Geld. Ich sichere Ihnen heute aber zu, dass wir mit den Krankenkassen einen Runden Tisch machen, an dem ich persönlich teilnehmen werde und zu dem ich einladen werde.“ Der Minister legte sofort nach: „Ich sichere Ihnen auch zu, dass wir im Rahmen einer Förderung etwas tun. Wir werden ein Projekt finden, wo wir zumindest einen Akzent setzen und zeigen, dass wir hinter diesem Projekt stehen. Ich bin überzeugt davon, dass es da Möglichkeiten gibt. Geben muss.“ Denn: „Wir haben dadurch die Chance, die medizinische Versorgung noch besser zu machen.“
Bevor Holetschek dem in Amberg ansässigen Landesamt für Pflege einen Besuch abstattete, kam er auch auf diesen Bereich des Gesundheitssystems zu sprechen: „Wir müssen jetzt die Chancen nutzen, dieses Thema groß zu denken. Wir können über jedes Intensivbett, das wir jetzt belegen, lange diskutieren, wenn wir die Menschen nicht haben, die da arbeiten.“ Auf den Intensivstationen sei so viel geleistet worden, „dass wir jetzt in der Pflicht sind, alle gemeinsam, Arbeitgeber und Politik, da etwas zu tun, und Signale zu setzen. Es ist ein Stück weit auch eine Frage der Glaubwürdigkeit der Politik für die Zukunft. Das will ich noch einmal deutlich machen.“ Im Landesamt selbst formulierte es der Politiker so: „Die Situation für pflegebedürftige Menschen und auch für pflegende Angehörige in Bayern muss weiter verbessert werden. Eine große Rolle spielt auch das noch junge Landesamt für Pflege, das immer mehr wichtige Aufgaben übernimmt.“ Der Minister verwies darauf, dass verschiedene Förderverfahren zum Ausbau einer flächendeckenden und bedarfsgerechten pflegerischen Versorgungsstruktur am Amberger Amt angesiedelt seien. Es sei auch für das Landespflegegeld und den Hebammen-Bonus zuständig.
Kritik an TV-Triell-Inhalten
Das Thema Pflege hatte den Gesundheitsminister schon zuvor im Klinikum beschäftigt, wo er in einem kurzen Moment doch noch zum Wahlkämpfer wurde, als er auf das TV-Triell der Kanzlerkandidaten Armin Laschet (CDU), Annalena Baerbock (Die Grünen) und Olaf Scholz (SPD) zu sprechen kam: „Kein Wort über die Pflege. Nichts. Das kann doch nicht sein.“ Das Thema sei „so wichtig wie der Klimawandel“ und müsse mehr denn je auf die politische Bildfläche.
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