Es ist ein Teil unserer Geschichte, dass es aus Zeiten, als das Lauterachtal (1903) und das Vilstal (1910) per Bahn erschlossen waren, noch Relikte gibt, die erhalten bleiben und auch zugängig gemacht werden: Das ist dem Verein Amberger Kaolinbahn zu verdanken. Er hatte am Sonntag wieder zum Drehscheibenfest nach Amberg eingeladen. Auf seinem Vereinsgelände beim alten Lokschuppen mit der großen Drehscheibe trafen sich Eisenbahnbegeisterte zum Fachsimpeln und zu einem Programm, bei dem es viel zu sehen und auszuprobieren gab.
Der Verein Amberger Kaolinbahn besteht seit 2010, Vorsitzender ist Matthias Gruschwitz. Er und seine Vereinskollegen präsentierten am Sonntag ihre Schätze. Wie so ein Güterwaggon Baujahr 1898 nach Schnaittenbach aussah, wie leistungsfähig eine bis 2015 in Betrieb befindliche Kleinlok Baujahr 1970 war, wie ein Personenwaggon anno 1910 gestaltet war, wozu ein Schwerkleinwagen Baujahr 1971 nötig war – die Eisenbahnfreunde haben ihre helle Freude an den alten Überbleibsel aus der hundertjährigen Eisenbahn-Geschichte Ambergs. Und ihre Gäste ganz offensichtlich auch.
Draisine und Grubenbahn
Das Drehscheibenfest ist sozusagen ein Selbstläufer: Das Wetter war prächtig, die Hebel-Draisine ständig in Betrieb, die rund 250 Meter lange Feld- bzw. Grubenbahn stets besetzt. Drei Lokomotiven stehen auf den Gleisen zwischen Lokschuppen und Drehbühne, die zur Demonstration regelmäßig in Betrieb genommen wurde. Ein gewaltiges Werk mit 168 Tonnen Tragkraft und 23 Metern Durchmesser, seinerzeit erbaut, um die Lokomotiven auf ihre damals noch bestehenden Nebenbahnen zu lenken.
Viel wurde fotografiert am Sonntag, reichlich war die Verköstigung und der Publikumszuspruch enorm: Das Drehscheibenfest war ob seiner Besonderheit wieder ein Besuchermagnet. Gleichwohl liegt der tiefere Sinn der Veranstaltung im Interesse an der Eisenbahngeschichte unserer Region.
An der umfangreichen Modelleisenbahn im ehemaligen Lokschuppen drängten sich Erwachsene und Kinder gleichermaßen. Der Lokschuppen ist heuer 101 Jahre alt. Da wurde auch das Bahnbetriebswerk gebaut (BW), das Depot 1918. 2010 war das Ausstellungsgelände am Galgenberg noch verwaist – mit einer halb verfallenen Drehscheibe und Lokschuppen in ähnlichem Zustand. Heute ist das sozusagen ein Museum: Spenden, Fördergelder, Entgegenkommen der Stadt und des Geländebesitzers Peter Stadler ermöglichen das.
Verein bekommt Zuwachs
Allein für die Sanierung des Lokschuppen-Daches war eine sechsstellige Summe erforderlich. Derzeit ist ein Nebengebäude am Lokschuppen geplant, im Herbst sollen noch fünf historische Waggons beziehungsweise Lokomotiven nach Amberg kommen, wie Matthias Gruschwitz sagte. Für Amberg ist das sicher eine Attraktion. Für der Verein hängt viel und jahrelange Arbeit daran.
Ob Vilstalstrecke bis Schmidmühlen oder Lauterachtal und Schnaittenbach – nicht viele wissen aus dem Stand heraus, dass das Lauterachtal (1903) und Vilstal (1910) einst auf den Schienen erschlossen waren. Vom Zug ins Vilstal blieb 1988 nur die Trasse übrigen, heute ein Radweg. Ins Lauterachtal bis Utzenhofen fuhr der letzte Güterzug 1972, dann war auch da die Schiene Geschichte. Und Schnaittenbach darf für sich in Anspruch nehmen, seit 1898 bereits vom Knotenpunkt Amberg aus erreichbar gewesen zu sein. 1976 wurde auch da der Personenverkehr eingestellt. Die Bahnstrecke diente dann nur mehr zum Kaolintransport.
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