Es ist wieder eine von diesen Verhandlungen, bei denen Leute auf der Anklagebank sitzen, denen irgendetwas nicht in den Kram passt. Besonders dann, wenn Sportveranstaltungen im Gang sind und sie mit ihren Fortbewegungsmitteln nicht über gesperrte Straßen können. Im Landkreis Amberg-Sulzbach (und nicht nur hier) müssen sich Ermittler unterdessen sehr häufig mit Zeitgenossen auseinandersetzen, die vorübergehende Sperrungen nicht akzeptieren wollen und ihren Unmut an denen auslassen, die bei solchen Ereignissen freiwillige Hilfsdienste verrichten. Ohne Entlohnung und vielleicht, wenn es hochkommt, für eine Brotzeit.
Wut freien Lauf gelassen
Am 17. September 2017 waren Sportler beim Freundschaftsmarathon von Weiden nach Amberg unterwegs. Feuerwehrleute riegelten Straßen ab, auch in Hirschau. Dort kam ein heute 53-Jähriger durch viel Überredungskünste gerade noch durch. Mit dem Versprechen, eine Ausfallroute zu benutzen.
Der Mann wollte nach Wernberg-Köblitz, hatte dort zur Mittagszeit an diesem Tag einen wichtigen Termin. Mit seinem Wagen landete er schließlich in Schnaittenbach. An zwei Stellen traf er auf Absperrkräfte der Feuerwehr und ließ seiner Wut freien Lauf. In der Anklageschrift von Staatsanwalt Wolfgang Doblinger kamen Sätze vor wie „Ihr Arschlöcher seid nicht in der Lage, den Verkehr zu regeln“. Bei einem der Absperrposten stoppte der Mann nur knapp 20 Zentimeter vor den Beinen. Dann fiel der Satz: „Ihr Rindviecher könnt mich ruhig aufschreiben.“
750 Euro Strafe
Richter Markus Sand gab dem bis heute erzürnten Kraftfahrer Gelegenheit, sich zu äußern. Er hörte dabei, dass die vehementen Wutausbrüche eigentlich denen gegolten hätten, „die so etwas genehmigen“. Sand konterte trocken: „Jeder kann mal nicht gut drauf sein. Aber Beleidigungen gehen nicht.“ Dann schob er nach: „Es könnte sein, dass neben einer Geldstrafe auch noch ein Fahrverbot im Urteil steht.“ Also mehr als im angefochtenen Strafbefehl. Nach einem Gespräch mit seinem Anwalt Dieter Spieß lenkte der Angeklagte ein, entschuldigte sich bei den nicht mehr als Zeugen vernommenen Feuerwehrleuten („Ich hatte wirklich einen schlechten Tag“) und akzeptierte eine Geldahndung in Höhe von 50 Tagessätzen. Über deren Höhe musste Richter Sand noch entscheiden. Denn der Angeklagte lebt von Unterstützung. Von daher muss er nun 50 Tagessätze zu je 15 Euro (750 Euro) zahlen. Ein weiterer Anklagepunkt wurde mit Zustimmung des Staatsanwalts eingestellt. Dabei hatte der Mann an einer Hirschauer Tankstelle einen ehemaligen Freund angeblich beleidigt und körperlich attackiert. Doch hier wäre wohl Aussage gegen Aussage gestanden.
Setzt Zeichen gegen Drängler!
Es sind Begebenheiten, die unsere Zeit leider mit sich bringt. Vordrängeln an den Kassen, Lichthupen auf der Autobahn, immer auf der Jagd nach ein paar gewonnenen Minuten. Hoppla, jetzt komm’ ich: Wäre ja noch schöner, wenn sich da einer in den Weg stellt.
Besonders deutlich wird das bei Sportveranstaltungen, die kurzzeitige Straßensperrungen mit sich bringen. Vor allem Feuerwehrleute stehen dort und verrichten einen Job, den sie ehrenamtlich tun. Dafür müssen sich diese Helfer von völlig uneinsichtigen Zeitgenossen beleidigen und letztlich, das hatten wir auch schon, noch von einem Auto anfahren lassen.
Wir lesen dann von beflissenen Anwälten, die tatsächlich überprüft haben wollen, ob solche Dienste rechtens und freiwillige Helfer überhaupt von Amts wegen legitimiert sind, Straßen zu sperren. Die Antwort darauf, ohne Jurist zu sein, lautet: Ja, das sind sie. Sonst müssten bei jedem Marathonlauf und bei jedem Großbrand Hunderte von zusätzlichen Polizisten eingesetzt werden. Beamte, die der Staat nicht hat und unmöglich eigens dafür einstellen kann.
Drängler, Ungeduldige und Eiferer haben im Sinn der Öffentlichkeit gefälligst zu warten. Ansonsten kriegen sie einen Eintrag ins Strafregister. Basta!
Wolfgang Houschka