Amberg
24.04.2022 - 08:39 Uhr

Bürgerspital-Areal in Amberg könnte ein Ort zum Wohlfühlen werden

Gefühle bleiben bei städtischen Entscheidungen in der Regel außen vor. Warum sie aber nicht generell in die Stadtplanung mit einbeziehen und sich an Bedürfnissen von Mensch und Natur orientieren? Ein Bürgerforum zum Bürgerspital in Amberg.

Auch beim 2. Bürgerforum der IG Menschengerechte Stadt im Ring-Theater ging es um die Zukunft des Bürgerspitals. Standen bei der ersten Veranstaltung noch die Vorschläge der Amberger Bürger im Mittelpunkt, holten sich die Organisatoren diesmal Expertinnenrat. Die gebürtige Hirschauerin Melanie Hierl, Stadtplanerin in Schweden, hielt zum Thema "Soziale Nachhaltigkeit in der Stadtplanung" einen Vortrag und holte das Bürgerspital-Areal in den Kontext.

IG-Sprecher Achim Hüttner betonte zu Beginn, dass das Bürgerforum aufklären möchte, wie eine moderne Stadtplanung aussehen kann. "Wir wollen zukunftsorientierte Varianten und Tendenzen aufzeigen. Der Bürgerrat soll die Möglichkeiten als Hilfestellung nutzen." Hierl, die aus Hirschau stammt und 2013 ihr Abitur am Amberger Dr.-Johanna-Decker-Gymnasium gemacht hatte, erklärte die drei Säulen der Nachhaltigkeit: ökologisch, ökonomisch und sozial. "Wieviel Nachhaltigkeit braucht das Bürgerspital?", stellte sie die Frage. Die soziale Nachhaltigkeit in der Stadtplanung könne ein Prozess sein, in dem man die Bürger mit einbezieht. Qualität könne ein Ziel sein, das man mit einem Bauvorhaben erreichen möchte. Man könne den Menschen als Maß der Dinge sehen, der sich integriert und sicher fühlen möchte.

Planung auf Autos ausgerichtet

Lange Zeit und auch heute noch sei die Stadtplanung auf das Auto ausgerichtet - mit weitreichenden Folgen. Hierl: "Die Umwelt passt sich an die Geschwindigkeit des Autos an, das erfordert größere Schilder, breitere Straßen. Auch Gebäude in ihrer Größe und Länge passen sich an, Entfernungen werden größer, es geht viel um ausgelagerte Industrie- und Handelsbereiche, die mit dem Auto leicht zu erreichen sind. Damit geht die Kaufkraft raus aus den Städten, sie wird umgesiedelt und man nimmt der Innenstadt die Grundlage." Wer mit dem Menschen als Maßstab plant, bekomme sehr viel mehr Platz für andere Funktionen als Parkplätze: breite Flaniermeilen, Platz für Radfahrer, Sicherheit für Fußgänger, viele Begegnungsorte. "Und Begegnungen hängen von der Atmosphäre eines Platzes ab."

Faktoren, dass sich Menschen an bestimmten Orten wohlfühlen, könne man auch in der Stadtplanung verwenden. Die Balance zwischen verschiedenen Maßstäben und Funktionen spiele eine entscheidende Rolle. So könne man beispielsweise für Strukturen sorgen, die Privatsphäre schaffen, aber trotzdem durchlässig sind. Sichtlinien sorgen dafür, dass eine Stadt visuell attraktiv ist, Funktionen schaffen Bewegungsflüsse, die es einem Fußgänger leicht machen sollen, an einen bestimmten Ort zu gelangen oder Abkürzungen zu gehen. Nicht nur die gebaute Umwelt könne stimulierend auf den Menschen wirken, sondern auch die Schaffung von sozialer Atmosphäre: "Dazu tragen zum Beispiel andere Menschen bei oder eine Begrünung wie auf der Kräuterwiese mit der tollen Bepflanzung, oder Sitzbänke, die so positioniert sind, ohne dass man konsumieren muss."

"Spannende Sichtlinien"

Aber wie schafft man soziale Atmosphäre im und ums Bürgerspital? "Hier braucht man eine Kombination aus Funktionen", sagte Hierl. Sie empfahl, das Gelände durchlässig zu gestalten, um für Fußgänger Abkürzungen zu schaffen, den Fokus auf Geschäfte im Erdgeschoss zu legen, spannende Sichtlinien für Ein- und Ausblicke zur Bahnhofstraße zu ermöglichen, wo man andere Menschen beobachten könne. Doch: "Warum sollte man sich überhaupt auf etwas schwammiges wie Gefühle oder Atmosphären fokussieren?", stellte Hierl die Frage und beantwortete sie gleich selbst: "Warum lohnt es sich in Nachhaltigkeit zu investieren? Soziale und ökologische Nachhaltigkeit gehen Hand in Hand. Sie steigern die Attraktivität und schaffen Identität mit Stadt und Mitmenschen."

Im Anschluss an den Vortrag gab es Fragen, unter anderem zum Thema Parken. Auch hier hatte die Stadtplanerin einen Vorschlag: "Warum können die Autos nicht in einer der zahlreichen Tiefgaragen rund um den Altstadtring parken?" Denn wenn am Bürgerspital eine Tiefgarage geplant werde, müsste der Verkehr immer dort hin und auch wieder weg kommen.

Oberbürgermeister äußert sich

Auch Oberbürgermeister Michael Cerny war unter den Zuhörern und wurde von Achim Hüttner aufgefordert, sich zu äußern. "Was jetzt ansteht, ist, über die Bürgerbeteiligung die Zielsetzung von 2015 zu aktualisieren." Auch er vertrat die Meinung, dass Stadtentwicklung nicht lokal auf ein Gelände zentriert werden sollte. Der Bürgerrat werde herausarbeiten, welche Ziele die Stadt mit dem Gelände verwirklichen soll. Egal ob das Gelände in Erbpacht vergeben oder verkauft wird: "Es muss an kommunale Richtlinien gebunden sein." Denn das Bürgerspitalgelände gehöre der Stadt und somit allen Bürgern. Er stellte aber auch klar, dass der Bürgerrat keine Planung entwickeln werde, sondern dem Stadtrat zuarbeiten.

 
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