Man ist doch nie zu alt, um noch einmal etwas Neues anzufangen. Den Beweis für diese Erkenntnis hat der aus Funk und Fernsehen bekannte Musikcomedian Chris Boettcher angetreten. Obwohl er, wie er selbst sagt, der Babyboomer-Generation angehört und in diesem Jahr die Sechzig vollmacht – eine Zahl, die die Zuhörer auf seine Bitte hin gern mit intonierten –, hat er die Coronazeit dazu genutzt, sich noch einmal neu zu orientieren. Oder besser: Sich einen geheimen Traum zu erfüllen, indem er seit 2022 „nicht ohne meine Big Band“ auftritt, um Musik im Stil von Michael Bublé und Frank Sinatra zu machen.
Nichtsdestotrotz ist sich der Künstler freilich treu geblieben. Auch wenn er immer wieder nachdenklich stimmende Themen anschneidet, die jeder im Saal irgendwie kennt, da sie „dem wahren, dem echten, dem wirklichen Leben“ entstammen, blitzt er immer wieder auf, der Schalk, der Chris Boettcher nach wie vor im Nacken sitzt. Und so dürfen Parodien auf seine alternden Musikerkollegen nicht fehlen, wenn es darum geht, zu beweisen, dass „70 das neue 50 ist“. Genauso wie später beim Promi-Geburten-Song, der beweist, dass man bei bedeutenden Persönlichkeiten gleich bei der Geburt erkennen kann, dass einmal etwas Besonderes aus ihnen wird.
Ein bisschen Comedy
Die Zuhörer, zur Normalität verdammt, sind freilich gar nicht so unglücklich darüber, dass es ihnen nicht gelingt, ihren Hals „um 360 Grad drehen“ zu können wie Markus Söder oder ihren „Bruder vorzuschicken“ wie Hubert Aiwanger. Auch die bissigen Gedichte wie eine Nikolausansprache im Jugendjargon, die unter einer „Reimschwäche“ leidende Hymne an alle Schwiegermütter sowie die Mahnung, sich von kleinen braunen Zecken nicht zu sehr erschrecken zu lassen, sorgen für allgemeine Begeisterung bei all Jenen, die sich entschlossen haben, an diesem Rosenmontag das Faschingskostüm im Schrank hängen zu lassen und stattdessen diese Gala zu besuchen. Nicht zu vergessen die Heiratsanträge unterschiedlicher Berufsgruppen, die bei den Zuhörern für großes Gelächter sorgten.
Doch weg von der Comedy und hin zu dem, weshalb man ebenfalls in das Amberger Stadttheater gekommen ist, und damit zur Musik der Big Band, die sich dankenswerter Weise immer wieder in Szene setzen darf und kann. Es ist schon beeindruckend, welchen Sound die herausragenden Musiker auf die Bühne bringen, wenn sie als Jazz-Orchester in den Vordergrund rücken oder einzeln ihre Soli zum Besten geben. Sie alle hätten es daher verdient, namentlich hier aufgeführt zu werden. Da dies jedoch den Rahmen sprengen würde, seien stellvertretend nur zwei von ihnen genannt. Zum einen Andreas Unterreiner an der Trompete, den Chris Boettcher an diesem Abend nicht müde wird als brillanten Arrangeur zu bezeichnen, da es ihm hervorragend gelungen ist, zu seinen Texten die passenden Arrangements zu schreiben. Zum anderen der in Regensburg lebende Rüdiger Eisenhauer, dessen Bruder Gerwin häufiger in Amberg gastiert, und der als einer der besten Live- und Studio-Gitarristen Deutschlands gilt.
Die Texte, die die Grundlage für diese musikalischen Highlights liefern, stammen ausschließlich aus der Feder von Chris Boettcher und können unter der Überschrift „Das Leben ist das, was Dir passiert, während Du dabei bist, ganz andere Pläne zu schmieden“ und damit unter einem Ausspruch von John Lennon zusammengefasst werden, den der Musikcomedian an diesem Abend ebenfalls mehrfach zitiert. Sie handeln vom Durchschnittstypen Max Mustermann und vom Vertrauensverhältnis zu seinem Friseur, von Ehen und Kindern, die sich im Laufe der Jahre deutlich verändern, und (natürlich!) von Liebe und dem Verlassenwerden. Überhaupt: Liebe und Leid liegen nach Boettcher eng beisammen, schließlich handle es sich dabei um eine „Lotterie mit vielen Nieten“, die einem aber auch „unverhofft den Hauptgewinn“ bescheren kann.
Ein "erfülltes Leben"
Zentraler Punkt und deshalb gleich zwei Mal in der Setlist vertreten ist der Song „Auf’m Weg“, den der Künstler als ersten von allen geschrieben hat und der den Startpunkt der BBB, der Boettcher Big Band, markiert. Doch nicht nur deshalb liegt er dem Künstler ganz besonders am Herzen, sondern auch darum, weil er „die wesentlichen Wünsche für ein gutes, erfülltes Leben“ beschreibt. Eine Hoffnung, die wir ja alle in irgendeiner Form mit ihm teilen, und darum konstatieren können, dass uns „der Boettcher“ ganz aus der Seele spricht. Kurzum: „Schee war’s“, so die Bilanz des Protagonisten am Ende seines Gastspiels – für ihn, für seine Musikerkollegen und ganz besonders für das begeisterte Publikum.













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