Demo und Mahnwache: Erinnerung an Neonazi-Opfer Klaus-Peter Beer

Amberg
09.08.2020 - 17:28 Uhr

Vor 25 Jahren starb Klaus-Peter Beer eines gewaltsamen Todes. Zwei Neonazis misshandelten ihn schwer und warfen ihn in die Vils, wo er ertrank. Dass an diesen grausamen Tod bis heute nichts erinnert, stört ein neu gegründetes Bündnis.

Der Vilssteg in der Nähe des Englischen Gartens. Dort geschah vor 25 Jahren ein grausames Verbrechen: Zwei Neonazis misshandelten den homosexuellen 48-jährigen Klaus-Peter Beer schwer und warfen ihn anschließend über die Brüstung in die Vils. Im Fluss ertrank der Mann.

In der Nacht zum 7. September 1995 starb Klaus-Peter Beer. Er starb allein deshalb, weil er homosexuell war und dies nicht in das Weltbild zweier stadtbekannter Amberger Neonazis passte. Die beiden, damals 22 und 19 Jahre alt, misshandelten ihn schwer und warfen ihn in die Vils. Beer ertrank im Fluss. Stefan Dietl von Verdi wird nicht müde, an den gewaltsamen Tod von Klaus-Peter Beer zu erinnern. Was ihn extrem stört: "Bis heute gibt es keinen Ort des Gedenkens an Klaus-Peter Beer." Keine Gedenktafel erinnere an ihn, weder eine Straße noch ein Platz sei nach ihm benannt, kein Preis werde in seinem Namen gestiftet.

Neues Bündnis

Stefan Dietl ist Sprecher des im Frühjahr neu gegründeten "Bündnisses gegen das Vergessen". Darin engagieren sich Gewerkschaften, die Jugendverbände von Parteien, antirassistische und -faschistische Initiativen, Gruppen und Vereine. Zum 25. Jahrestag des gewaltsamen und grausamen Todes von Klaus-Peter Beer organisiert das Bündnis eine Mahnwache am Marktplatz, eine Woche später folgt eine Demonstration, die am Multifunktionsplatz beginnt und über den Marktplatz zum Vilssteg in der Nähe des Englischen Gartens führt, wo die beiden Skinheads den damals 48-jährigen Busfahrer brutal zusammengeschlagen und ihr schwerstverletztes Opfer in die Vils geworfen hatten.

Am 7. September, dem Todestag von Klaus-Peter Beer, hält das "Bündnis gegen das Vergessen" eine Mahnwache am Marktplatz ab. Beginn ist um 18.30 Uhr. Am darauffolgenden Samstag, 12. September, folgt eine Demonstration. Beginn ist um 15 Uhr am Multifunktionsplatz. Damit will das Bündnis einerseits an Klaus-Peter Beer erinnern, andererseits auch seinen, wie es Bündnis-Sprecher Stefan Dietl formuliert, Protest gegen "unserer Meinung nach verfehlte Politik im Umgang mit dem rechten Terror in Amberg" zum Ausdruck bringen. Wegen Corona müssen die Teilnehmer Maske tragen und Abstand halten. Angesichts der Pandemie wird der Demonstrationszug auch nicht durch die allerengsten Straßen von Amberg führen.

Stefan Dietl, Sprecher des "Bündnisses gegen das Vergessen", wünscht sich in Amberg ein sichtbares Zeichen der Erinnerung an den 1995 getöteten homosexuellen Busfahrer Klaus-Peter Beer.

Zum einen geht es dem Bündnis mit der Aktion darum, an den Tod von Klaus-Peter Beer zu erinnern, zum anderen um die Mahnung vor rechtem Terror. Dietl spricht von einer Kontinuität des rechten Terrors: Der beginne beim Anschlag auf das Oktoberfest, setze sich über das Attentat auf die Synagoge in Halle bis zu Hanau fort, wo neun Menschen mit ausländischen Wurzeln erschossen wurden. Rechtsextremistische Taten seien nicht weit weg, erklärt Dietl und blickt zurück auf Schwandorf: 1988 verübte dort ein Neonazi einen Brandanschlag, eine dreiköpfige türkische Familie und ein Deutscher starben. Dietl verweist darauf, dass es auch heute noch Terror von rechts gebe. Der Sprecher des neuen Bündnisses erwähnt den Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke und die Bedrohungen durch den NSU 2.0. "Die Gefahr von rechts ist nicht weniger virulent als vor Jahren oder Jahrzehnten."

Aktuell wieder Drohungen

Stefan Dietl und seine Mitstreiter kämpfen schon lange für ein "würdiges Gedenken und Erinnern" an Klaus-Peter Beer. Für ein Erinnern, das zugleich eine Mahnung sei. Deshalb soll der Protest gegen rechts auch den Blick auf den Umgang der Stadt mit rechten Aktivitäten lenken. In den letzten Wochen und Monaten habe es Drohungen der extremen Rechten gegeben, sagt Dietl und nennt Beispiele: beschmierte Autos, abgebrochene Spiegel, Angriff auf einen alternativen Treff. "Rechte Umtriebe, auch unter der Gewaltschwelle, müssen benannt werden", so Dietl. Seitens Politik und Polizei heiße es zwar, dass es in Amberg keine rechte Szene gebe. Die Identitären seien aber gut vernetzt. Szenebildung heiße nicht, "dass sie sich einmal wöchentlich zum Kameradschaftsabend treffen". Vieles laufe über das Internet, weiß Dietl und betont nochmals: "Die entsprechenden Akteure gibt es auch in Amberg, auch in der Region."

OnetzPlus
Amberg09.08.2020

So sah das Gedenken zum 20. Todestag von Klaus-Peter Beer aus

Den rechtsradikalen Hintergrund der Tat hat ein Gericht bestätigt

Hintergrund:

Die Gerichtsurteile

In erster Instanz sprach die Jugendkammer am Landgericht unter Vorsitz des damaligen Landgerichtspräsidenten Josef Auernhammer im Februar 1997 das Urteil gegen die beiden Neonazis wegen gefährlicher Körperverletzung mit Todesfolge: zwölf Jahre Haft für den 22-jährigen Angeklagten, acht Jahre Haft für den 19-jährigen. Dagegen legte der Ältere der beiden Angeklagten Revision ein, die der Bundesgerichtshof zuließ. Im zweiten Prozess verhandelte die große Strafkammer am Landgericht unter Vorsitz des damaligen Landgerichtsvizepräsidenten Günter Müller gegen die beiden Skinheads. Im April 1998 verurteilte die Kammer die beiden Männer wegen Totschlags und bestätigte die Höhe der erstinstanzlichen Strafen. Lediglich wegen des "Verschlechterungsverbots" seien sie nicht höher ausgefallen. Dabei wäre nach Auffassung des Gerichts lebenslänglich für den Älteren und zwölf Jahre Jugendstrafe für den Jüngeren vorstellbar gewesen. In beiden Urteilen hatten die Richter sehr deutlich gemacht, dass das Motiv in der rechtsradikalen Gesinnung beider Angeklagter zu finden sei: Hass auf Homosexuelle.

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