Amberg
15.09.2023 - 14:15 Uhr

DGB-Landeschef fordert in Amberg Investitionen statt Schuldenbremse

Der Bayern-Chef des Deutschen Gewerkschaftsbunds, Bernhard Stiedl, hat bei einem Besuch in Amberg die DGB-Forderungen für die bald neugewählte Staatsregierung mit örtlichen Betriebsräten abgecheckt. Beide sehen sich auf dem richtigen Kurs.

Die Schuldenbremse ist der falsche Weg, um Deutschland aus den vielen Krisen dieser Zeit zu führen. Davon ist neben der DGB-Region Oberpfalz auch ihr Landesvorsitzender Bernhard Stiedl überzeugt. Bei seinem Besuch in Amberg plädierte er für Investitionen in die Energiewende, aber auch in die Infrastruktur des Freistaats, zum Beispiel für den Ausbau von Schulen, Krankenhäusern und bezahlbarem Wohnraum, "damit ein solidarisches Bayern für alle bleibt".

Nötige neue Schulden belasten nach seinen Worten nicht die junge Generation, wie gern behauptet wird, sondern würden im Gegenteil dazu beitragen, den Nachkommen die später noch viel größeren Investitionsstaus zu ersparen. Letztere führen nämlich laut Stiedl zum Verlust von Arbeitsplätzen, vor allem in der Industrie, die nur dort bleiben könne, wo zukunftsgerechtes Arbeiten unter insgesamt passenden Bedingungen möglich sei.

Tariflohngesetz auch in Bayern

Dazu gehören für den bayerischen Chef des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) und den gastgebenden Amberger Stadtverband mit seinem Vorsitzenden Bernhard Wallner auch faire Löhne samt Tarifbindung. Beide fordern von der neuen Staatsregierung nach der Landtagswahl ein Tariflohngesetz, das mit Ausnahme von Sachsen, wo es aber schon im parlamentarischen Verfahren läuft, nur in Bayern nicht vorhanden ist. Alle anderen Bundesländer hätten es bereits umgesetzt – "nur in Bayern spielt Tarifbindung keine Rolle", klagte Stiedl vor dem Hintergrund, dass sich der Freistaat sonst gerne "zu den Besten zählt". Hier sei er am schlechtesten, unterstütze "für seine Bürger keine fairen Löhne". Noch dazu bekämen bei öffentlichen Ausschreibungen oft die allerbilligsten Anbieter mit Sub-Sub-Unternehmen den Zuschlag, während bei einem "Faire-Löhne-Gesetz", wie es der DGB nennt, auch der heimische Mittelstand profitieren könne.

Auch dass in Bayern die Inflation um bis zu 0,5 Prozent höher ist, während andere Bundesländer dagegen mit eigenen Programmen gehandelt hätten, kritisierte der DGB-Chef. Vor allem, weil die Preissteigerungen Ängste schürten und viele Menschen die Gefahr eines drohenden Abstiegs immer reeller auf sich zukommen sähen. Tatsächlich sind die Reallöhne nach Stiedls Auskunft um 4 Prozent gesunken und man müsse aufpassen, "dass die Gesellschaft nicht kippt" samt sozialer Spaltung mit politischem Zulauf für extreme Parteien, der wiederum die Demokratie gefährde.

"Der aktuelle Lohn muss wenigstens die Inflation ausgleichen", lautet die DGB-Forderung, flankiert von einer Steuer für Gewinnmitnahmen, die in anderen Ländern wie Spanien diesen Effekt und die Inflation erfolgreich gebremst hätten. Beim vielzitierten Fachkräftemangel vertritt der Landesvorsitzende die Ansicht, dass dieses Problem durch oft schlechte Bezahlung in den jeweiligen Bereichen hausgemacht – ja gar nicht vorhanden sei, wenn es bessere Löhne gäbe.

Ausländische Fachkräfte enttäuscht

Dass sie teils nicht gut sind, beweisen für Stiedl immer öfter die gern genannten ausländischen Kräfte: Sie würden häufig nach kurzer Zeit in die Heimat zurückkehren, weil sie sähen, dass ihr Verdienst für das insgesamt teure Leben in Deutschland kaum reiche. Auch die Arbeitgeber müssten "kapieren, dass nur faire Löhne und gute Arbeitsbedingungen" hier eine Besserung bringen. Vor allem vor dem Hintergrund der nötigen Transformationsprozesse in der Wirtschaft, für die unter anderem die IG Metall einen Milliardenfonds fordert. Außerdem möchte sie Fördergelder und Aufträge an Beschäftigungszusagen und Tarifverträge geknüpft sehen.

Statt Krisen- muss der Staat für ein Sicherheitsgefühl seiner Bürger sorgen, ergänzte Stiedl, der dafür die Schuldenbremse aufheben will. Allein angesichts der "Körperschaftssteuereinnahmen, die so hoch sind wie noch nie", könne man sich das leisten. Um mehr Vertrauen zu erzeugen, müssen für Stiedl ferner der Niedriglohnsektor und prekäre Beschäftigungsverhältnisse wieder deutlich zurückgefahren werden; auch "mehr Verteilungsgerechtigkeit" verlangte der DGB-Chef in Form einer Vermögensabgabe von einem Prozent bei mehr als einer Million Euro Einkommen.

"Wohlhabende können einen Sonderbeitrag leisten in dieser Situation", kam der Landesvorsitzende auf die Krisen im Land zurück, die nur mit gezielten staatlichen Investitionen zu bewältigen seien. Fehlten sie, seien das neue Schulden auf Kosten der jungen Generation. Dass die Ansätze des DGB für die Zukunft in die richtige Richtung gehen, bestätigten Betriebs- und Personalratsspitzen der Firmen Grammer, Rohrwerk, Luitpoldhütte und von der Stadt Amberg, die an dem Pressegespräch teilnahmen.

 
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