Der Prozess gegen eine mutmaßliche Drogenhändlerin sollte eben beginnen, als sich Spektakuläres im Schwurgerichtssaal des Amberger Landgerichts ereignete. Durch eines der wegen permanenter Corona-Lüftung geöffneten Fenster schoss plötzlich pfeilschnell ein Vogel in den Raum, drehte eine kurze Runde und ließ sich dann auf dem Tisch des Staatsanwalts nieder. Wenige Sekunden der Beobachtung reichten zur ornithologischen Einordnung. "Ein Falke", war man sich einig.
Während dabei der Verdacht entstand, der von seiner Art her seltene Besucher könne vom Turm der nahen Martinskirche stammen, hüpfte der offenbar noch sehr junge Falke auf den Parkettboden und setzte zu einem fußläufigen Spaziergang in der justitiellen Halle an. Die Tour dauerte gut zwei Minuten. Dabei wurde deutlich: Niemand trachtete danach, den wandernden Falken zu erschrecken oder gar in Panik zu versetzen. Nach längerer Erkundung kam er dann im Zuhörerraum an, wo ihn ein Prozessbeobachter mit beiden Händen aufhob und den gefiederten Eindringling in die Arme einer Justizbediensteten legte. Zum Fenster waren es nur ein paar Schritte. Dann hatte der Falke seine Freiheit wieder und flog von dannen. Fragend blickte zu diesem Zeitpunkt die Gerichtsvorsitzende Jutta Schmiedel auf alle Verhandlungsbeteiligten und wollte mit trockenem Humor wissen, ob denn sonst noch etwas im Hinblick auf tierische Angelegenheiten abzuarbeiten sei. Als das verneint wurde, ließ die Richterin anklingen: "Dann können wir anfangen."















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