„Schon bei geringer körperlicher Belastung fühle ich mich komplett schlapp. Selbst kurze Wege werden für mich dann zur Tortur und dieses Gefühl hält manchmal ein bis zwei Tage an.“ Von diesen Symptomen erzählt eine Pressemitteilung des Klinikums St. Marien. Zugeschrieben wird das Zitat einem 37 Jahre alten Patienten, der an "anfallweisem Vorhofflimmern" leidet. Immer wieder komme so etwas vor, vor kurzem sei es so schlimm gewesen, dass Angstzustände folgten und er daraufhin das Krankenhaus aufgesucht habe.
Keine Pumpleistung mehr
Vorhofflimmern ist laut einer Pressemitteilung des Klinikums eine Volkskrankheit. Etwa 44 Millionen Menschen weltweit und rund 1,5 bis zwei Millionen Menschen in Deutschland leiden daran. "Im Verlaufe seines Lebens wird jeder Dritte an Vorhofflimmern erkranken", heißt es in der Mitteilung. Da Vorhofflimmern auf Dauer den Herzmuskel stark belastet, könne es im schlimmsten Fall zur Herzschwäche führen. Die meisten Menschen mit Vorhofflimmern hätten außerdem ein erhöhtes Risiko, einen Schlaganfall zu bekommen.
Was ist Vorhofflimmern? Die Ursache findet sich laut Klinikum meist in den Lungenvenen, die in den linken Vorhof des Herzens münden. Falsche Zündimpulse gelangen über elektrische Verbindungen in die Herzvorhöfe und verursachen dort ein elektrisches Chaos. Das hat erhebliche Auswirkungen auf die Pumpleistung der Vorhöfe. Das Blut fließt quasi passiv in die Herzkammern, die ebenfalls zu schnell schlagen und dadurch weniger Blut pumpen. Das führt zu einem unregelmäßigen, meist zu schnellen Puls. "Die Folgen sind mannigfaltig, aber akut nicht lebensbedrohlich. Meist resultieren daraus Herzklopfen, Angst und Panik, Kurzatmigkeit und Belastungsintoleranz, manchmal aber nur Konzentrationsschwäche, Abgeschlagenheit oder Müdigkeit", erklärt Klinikums-Sprecherin Sandra Dietl.
Eine bewährte Methode, um den Herzrhythmus zu stabilisieren, ist die Katheterablation. Die kathetergestützte Unterbrechung dieser Verbindungen geschieht mittels Wärme oder Kälte. Dabei besteht allerdings die Gefahr, dass benachbartes Gewebe oder Organe mit beeinträchtigt werden können. „Nun haben wir bei uns ein neues, hochinnovatives und sichereres Verfahren für unsere Patienten etabliert, welches viel schonender und dabei genauso effektiv ist: die Pulsed Field Ablation (PFA), auch Elektroporation genannt“, erklärt Oberarzt Dr. Steffen Christow, Elektrophysiologe am Klinikum.
Seit Mai in Amberg
„Dieses Verfahren ist sehr spezifisch für Herzmuskelzellen, sprich, wir können so jetzt viel gezielter diejenigen Herzmuskelzellen ansteuern, die die Fehlimpulse ins Herz leiten, und schonen damit umliegende Organe, Gefäße und Nerven. Mittels eines Katheters, der über die Leiste eingeführt wird, werden kurze, hochenergetische, elektrische Stromimpulse abgegeben, die Poren in den Zellen erzeugen, die daraufhin keine elektrischen Impulse mehr leiten können. Anders als mit den thermischen Verfahren können wir durch die Elektroporation noch schonender im Sinne des Patienten arbeiten. Ein echter Game-Changer“, zitiert die Pressestelle des Klinikums den Mediziner. Bei vielen Patienten müsse das Vorhofflimmern aber akzeptiert werden, weil sie spät zur Behandlung kommen und die Erkrankung weit fortgeschritten ist. "Dann sind Medikamente, die den Puls in Grenzen halten, oft die einzige Möglichkeit der Behandlung."
Die Pulsed Field Ablation (Elektroporation) steht in Deutschland seit März 2021 zur Verfügung. In der Oberpfalz ist das Klinikum St. Marien neben dem Universitätsklinikum Regensburg bislang das einzige Krankenhaus, das diese Methode anwendet. Der erste Patient in Amberg wurde im Mai 2024 auf diese Weise behandelt, bisher sind es laut Klinikum schon 30 Patienten.














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