Ambergs Stadtarchivar Dr. Johannes Laschinger öffnet dieses Türchen, das selbst viele Amberger nicht kennen, heute für unseren Adventskalender. Wobei "Türchen" zwar zu Größe passt, nicht aber zum Gewicht: Die schmale "Geheimtür" ist ganz schön schwer. Eigentlich ist es eher ein Stück Wandvertäfelung im kleinsten der drei Amberger Rathaussäle, die abgenommen werden kann. Wer sie nicht kennt, sieht sie aber gar nicht, denn sie fügt sich praktisch nahtlos in die aufwendig verzierte Holzvertäfelung ein, die diesen schmucken Raum umgibt.
Ein Raum für Entscheidungen
Heute finden hier Ambergs standesamtliche Trauungen statt. Weitreichende Entscheidungen wurden hier aber auch schon früher getroffen: Hier tagte der Innere Rat der Stadt, wie Laschinger berichtet. 1348 erstmals schriftlich erwähnt, hatte das Rathaus ursprünglich noch nicht die Gestalt, die es heute hat. Es besteht aus mehreren Bauteilen, die erst nach und nach zusammenkamen.
Der Teil, in dem sich der heutige kleine Saal mit seiner geheimen Tür befindet, entstand bei einer Rathaus-Erweiterung in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. 1571 kaufte die Stadt dieses Gebäude, das Wohnhaus von Hiob Schweiger, dem Sohn des bekannten Amberger Stadtchronisten Michael Schweiger.
Im Erdgeschoss gab es vier Läden, im Obergeschoss entstand jener Saal, der dem Inneren Rat für seine Zusammenkünfte diente. Hier hatten die führenden Geschlechter der Stadt Sitz und Stimme. Hinter der Geheimtür im kleinen Rathaussaal ist heute noch der Amberger Christof Ranft verewigt: In den Deckel der Zinnkanne, aus der man in der versteckten Nische Wasser in ein Becken gießen konnte, sind seine Initialen "CR" geprägt, dazu drei Sterne und das Amberger Stadtwappen. Der Zinngießer Ranft hatte laut Laschinger "einen gut gehenden" Meisterbetrieb mit zwei Läden und einer Werkstatt direkt gegenüber dem Rathaus, in der ehemaligen Ratstrinkstube, wo heute ein großer Textil-Filialist logiert.
Vielleicht auch aus Protest
Auch der Schöpfer der prächtigen Holzvertäfelung im Saal ist bekannt: Baltasar Geisl hieß der Schreiner. Den Holzteil mit gekräuselter Maserung hat er aus Esche gefertigt, den Rahmen aus hellem Ahorn. Unter den kunstvollen geschnitzten Verzierungen fallen besonders die Türportale mit den Wappen auf.
Mit diesem schmucken Saal war Amberg damals "auf der Höhe der Zeit", wie es Laschinger formuliert. Und das in einer für die Stadt nicht ganz einfachen Epoche, wie er hinzufügt: Laschinger verweist hier auf die Auseinandersetzungen mit dem Kurfürsten Friedrich III. Der wollte die Stadt calvinisieren, während die Amberger und ihr Rat am lutherischen Glauben festhalten wollten. "Und trotzdem oder deswegen diese prächtige Gestaltung" des Rathauses: Vielleicht, so sagt Laschinger, geschah dies ja auch, "um den absolutistischen Bestrebungen etwas entgegenzusetzen".
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