Am Tor warnt ein Schild vor querenden Enten. Ungewöhnlich. Und doch wird schnell klar, wer hier im Zweifel "Vorfahrt" hätte. Geschäftsführender Gesellschafter Klaus Herdegen begrüßt mit Handschlag und einem freundlichen Lächeln. Ohne Sakko, leger, natürlich-souverän. "Kaffee? Gerne." - "Schauen Sie mal da raus!", kommt der Lüdecke-Chef in seinem Büro schnell zur Sache.
"Gerade eben waren die Gärtner da und haben das Schilf zugeschnitten", sagt er und zeigt auf: den Ententeich. "Die Gärtner kommen jetzt nur noch ein-, zweimal im Jahr. Früher war das dagegen eine Grasfläche, die permanent gepflegt werden musste. Mit dem Teich haben wir stattdessen einen Lebensraum geschaffen für Fische, Enten, Insekten. Das ist Naturschutz und spart Geld!"
Kupplungssysteme
Die Lüdecke GmbH produziert "Kupplungssysteme zur Verbindung flexibler medienführender Leitungen", ist im Unternehmensprospekt zu lesen. Sehr vereinfacht (und für den Techniker alles andere als korrekt) ausgedrückt, sind dies Metallteile unterschiedlicher Form und Größe ("Kupplungssysteme"), die Schläuche ("flexible medienführende Leitungen") und Apparaturen miteinander verbinden. In diesen Schläuchen wiederum werden "Medien" weitergeleitet, also Flüssigkeiten oder Gase. Oftmals sind diese "Medien" hochverdichtet oder sehr heiß. Auf die "Kupplungssysteme" muss daher hundertprozentig Verlass sein. Knapp 200 Mitarbeiter beschäftigt das 1930 gegründete Unternehmen, in unmittelbarer Nachbarschaft zu Siemens. Die Geschäfte laufen gut.
Das Unternehmen versteht sich als "Green Company" - und Herdegen ist jemand, der es wagt, dafür ungewohnte Wege zu beschreiten. Umweltschutz zahlt sich aus, lautet sein Credo. Schon seit vielen Jahren ist der 49-jährige Unternehmer Mitglied im Bund Naturschutz und im Landesbund für Vogelschutz: "Wir müssen lernen, wieder nachhaltig zu denken", fordert er und meint die ganze Gesellschaft.
Ökostrom, Abwärme, Honig
Als Unternehmer sieht sich Herdegen in besonderer Verantwortung. "Wir müssen unsere Welt den nachfolgenden Generationen lebenswert übergeben." Lüdecke-Produkte seien daher langlebig, qualitativ erstklassig. "In der Herstellung nutzen wir ausschließlich regional erzeugten Ökostrom, mit der Abwärme aus der Produktion heizen wir im Winter; Nebenprodukte, wie Metallspäne, werden gesammelt und wiederverwendet", nennt Herdegen einige Punkte, die ihm wichtig sind.
Man schaue sich aber auch die Lieferanten und die Abnehmer genau an, macht Herdegen klar. "Die Zulieferer müssen nach ähnlichen ökologischen Grundsätzen produzieren. Auch Kundenaufträge lehnen wir schon mal ab, wenn wir der Auffassung sind, dass die Produkte unethisch sind. Lüdecke-Produkte werden Sie zum Beispiel nicht in der Waffentechnik finden. Einmal hatten wir einen Interessenten, der unsere Kupplungen für Harpunen verwenden wollte, mit denen man Robben jagt: Wir lehnten ab!"
Herdegen führt durch die Betriebsgebäude, bleibt immer wieder stehen, verweist auf Details: "Sehen Sie die Betonstelen dort an der Lkw-Auffahrt? Die haben wir in Insektenhotels umfunktioniert! Die Streuobstwiese da? Da können unsere Mitarbeiter im Sommer ihre Mittagspause verbringen. Außerdem haben wir dort Bienenvölker angesiedelt (siehe Bild oben). Den Honig verschenken wir an Geschäftspartner. Das ist ein günstiges und individuelles Werbegeschenk und kommt gut an. Viele Gäste fragen schon immer: Gibt's wieder frischen Lüdecke-Honig?"
Langfristig denken
"Green Company", das sei für ihn mehr als Umweltschutz, gibt Herdegen zu verstehen. "Nachhaltigkeit zielt auch darauf ab, wie man mit den Mitarbeitern umgeht." Es gehe um eine langfristige Denkweise, um die Gesundheit der Kollegen, um deren persönliche Zufriedenheit und Weiterentwicklung. "Das muss alles zusammenpassen." Und: "Ökologie und Ökonomie ergänzen sich dann." Da täten sich inhabergeführte Mittelstandsunternehmen wie Lüdecke aber leichter als Investmentfirmen, bei denen die kurzfristige Rendite im Mittelpunkt stehe: "Da ist der Zeithorizont ein anderer." Dabei zahle sich eine nachhaltige Unternehmenspolitik oft schon schnell aus: "Wir sind auch ohne große Kampagnen ein begehrter Arbeitgeber." Eine positive Atmosphäre spreche sich eben schnell herum.
Nachhaltigkeit kann dabei auch durch den Magen gehen: "In das Konzept passt zum Beispiel unsere Kantine sehr gut. Die ist gerade bei den jungen Leuten der Renner." Aufgetischt wird natürlich viel Salat und Gemüse und das Fleisch kommt aus der Region.
Wer zu viele Kalorien erwischt, kann sie schnell wieder loswerden, denn Lüdecke gewährt seinen Mitarbeitern einen Zuschuss auf Fahrräder: "Das Job-Rad kommt sehr gut an, rund 80 Kolleginnen und Kollegen machen davon Gebrauch." Das freut den Chef, der selbst gerne aufs Auto verzichtet und lieber in die Arbeit radelt.
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