Amberg
05.02.2019 - 19:56 Uhr

Grippe-Impfstoff ist aus

Die Grippewelle rollt bereits. Doch eine Impfung wäre zumindest für Risikogruppen noch sinnvoll. Allein: Es gibt jetzt so gut wie keinen Impfstoff mehr.

Derzeit ließen sich solche Aufnahmen gar nicht mehr so leicht anfertigen: Es gibt kaum noch Arztpraxen, die Grippe-Impfstoff haben. Archivbild: Alexander Unger
Derzeit ließen sich solche Aufnahmen gar nicht mehr so leicht anfertigen: Es gibt kaum noch Arztpraxen, die Grippe-Impfstoff haben.

Im Bereich des Gesundheitsamtes Amberg (auch für den Landkreis zuständig) hat dessen Leiter Dr. Roland Brey in der vergangenen Woche eine Verdreifachung der laborbestätigten Influenzafälle auf 49 registriert. Diese Woche waren es bis Donnerstag, 13 Uhr, bereits 35. "Allerdings sind noch zahlreiche weitere Fälle bis zum Wochenende zu erwarten." 2018 war der Höhepunkt der Neuansteckungen mit 303 erst in der 10. Kalenderwoche erreicht. Brey schlussfolgert deshalb: "Bei einer durchschnittlichen Dauer einer Grippewelle von circa zwölf Wochen ist davon auszugehen, dass uns die Grippe noch einige Wochen beschäftigen wird." Der Medizinaldirektor vermutet aber, dass die Spitze der Influenzakurve heuer nicht ganz so hoch ausfällt wie 2018.

Ein Lichtblick im Vergleich mit dem vergangenen Jahr: Die heuer aktiven Influenza-A-Viren stehen für einen weniger heftigen Verlauf der Krankheit. Das bestätigt Dr. Daniel Polito von der "Hausärzte-Praxis" in Amberg: "Die Grippe-Saison verläuft derzeit eher mild, nicht so hochdramatisch wie im letzten Jahr, als die Leute oft zwei bis drei Wochen flachgelegen sind." Nach Breys Beobachtungen sind dieses Mal auch weniger die mittelalten Erwachsenen betroffen als vielmehr Kinder und ältere Leute. Wobei der aktuelle Vierfach-Impfstoff wohl nicht zu 100 Prozent schütze, so dass sich unter den gemeldeten Grippefällen auch Geimpfte befänden (etwa 15 Prozent). Bei ihnen sei aber ein leichterer Verlauf festzustellen.

Doch für die meisten Impfwilligen stellt sich das Problem in anderer Form: Es gibt keinen Impfstoff mehr. "Das wurmt mich", sagt Daniel Polito dazu. "Eigentlich ist es sogar ein Skandal." Seit Mitte Dezember könne man - trotz Anfragen bei mehreren Apotheken - keinen Impfstoff mehr beziehen. "Wir hätten in dieser Zeit bestimmt 100 Patienten gehabt, die wir hätten impfen wollen." Die Praxis habe zunächst genauso viel Impfstoff geordert wie im vergangenen Jahr. Bisher sei das Nachbestellen nie ein Problem gewesen. Aber in dieser Saison sei die Nachfrage viel höher gewesen. Woran das liegt, kann Polito nur vermuten: "Die Reglementierungen haben den freien Markt unterbunden." Apotheker Dr. Nicolas Strobl (Mariplus-Apotheke) drückt es anders aus: "Die haben sich wohl verkalkuliert." Soll heißen: Die große Nachfrage habe den Hersteller überrascht. Offiziell gebe es tatsächlich keinen Impfstoff mehr, durch einen guten Draht zum Hersteller sei es ihm aber gelungen, noch einige 100 Impfdosen für dringende Fälle zusammenzubekommen.

Dr. Roland Brey, der Leiter des Amberger Gesundheitsamts Bild: Stephan Huber
Dr. Roland Brey, der Leiter des Amberger Gesundheitsamts

Diese Saison haben wir bisher 137 Influenza-Meldungen, davon 46 stationär behandelt.

Dr. Roland Brey, Leiter des Amberger Gesundheitsamts

Ärzte-Tipps gegen Ansteckung mit Grippe:

- Ausreichend trinken, bis zu zwei Liter am Tag – hält die Schleimhäute feucht und unterstützt das körpereigene Abwehrsystem gegen eindringende Erreger.

- Bewegung an der frischen Luft – stärkt das Immunsystem.

- Händewaschen – verringert das Infektionsrisiko um bis zu 80 Prozent. Beim Nach-Hause-Kommen, nach der Toilette, nach jedem Niesen, Husten oder Naseputzen, vor dem Essen, vor und nach dem Kontakt mit Kranken. Hände gründlich waschen, mindestens 20 Sekunden, und sorgfältig abtrocknen.

- Ausgewogene Ernährung mit viel Obst und Gemüse – hilft dem Immunsystem.

- Hände im Gesicht vermeiden – so gelangen weniger Erreger in die Nähe der Schleimhäute.

- Geschlossene Räume regelmäßig lüften – senkt die Zahl von Viren und Bakterien in der Raumluft.

- Ausreichend schlafen – stärkt das Immunsystem.

- In die Armbeuge husten und niesen – so gelangen weniger Erreger auf die Hände.

- Zumindest Personen aus Risikogruppen (Senioren, chronisch Kranke, Schwangere und Heimbewohner) sollten sich gegen Grippe noch impfen lassen, wenn noch nicht geschehen.

(Quelle: Pressemitteilung UGOM)

Ärzteverbund UGOM warnt: Antibiotika helfen nicht gegen Grippe:

„Antibiotika helfen bei Erkältungen und Grippe nicht, da diese durch Viren verursacht werden.“ Darauf weist der Ärzteverbund UGOM (Unternehmen Gesundheit Oberpfalz Mitte) in einer Pressemitteilung hin.

Dessen Geschäftsführer Henryk Steinbach schreibt darin, in der Grippezeit steige auch die Zahl der Antibiotika-Verordnungen. Sie beträfen zum großen Teil Patienten mit Atemwegsinfekten. Die Ärzte wüssten zwar, dass Antibiotika gegen Viren wirkungslos sind. „Trotzdem fordert mancher Patient ein Antibiotikum ein oder der Arzt verschreibt es vorsichtshalber. Dadurch steigt das Risiko, dass sich Resistenzen bilden und Antibiotika wirkungslos werden.“

Diesen Umstand schätzt auch Dr. Roland Brey, der Leiter des Amberger Gesundheitsamtes, als ernstes Problem ein. Der Einsatz von Antibiotika sei nur bei bakteriellen Infektionen sinnvoll. Wenn man sie bei Viruserkrankungen anwende, „dann besteht die Gefahr, dass man Resistenzen züchtet“. Da müsse man aber auch eine Erwartungshaltung abbauen.

Laut Brey machen viel Ärzte deshalb gerne eine Laboruntersuchung. Dann wisse man genau, um welchen Erreger es sich handle, ob es eine Grippe (Influenza) sei oder ein Infekt, und könne daran erkennen, was dagegen am besten wirke. Die laborbestätigten Influenzafälle bilden die Datengrundlage für die Statistik des Gesundheitsamtes.

UGOM-Geschäftsführer Henryk Steinbach warnt vor Antibiotika-Resistenzen bei falschem Einsatz der Medikamente - etwa gegen Grippe. Bild: Wolfgang Steinbacher
UGOM-Geschäftsführer Henryk Steinbach warnt vor Antibiotika-Resistenzen bei falschem Einsatz der Medikamente - etwa gegen Grippe.
 
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