Amberg
08.11.2023 - 17:03 Uhr

Gymnasiasten werden Teil einer besonderen Aufführung im Stadttheater Amberg

"Mein Kampf" als Farce, mit einer Hitler-Figur als komischem Charakter: Zehntklässler des Gregor-Mendel-Gymnasiums lassen sich auf dieses Bühnenabenteuer ein – und werden Teil einer Aufführung im Amberger Stadttheater.

Reaktion auf die Mitspieler, Körperspannung, klares Sprechen im Rhythmus der Gruppe: All das beanspruchte am Montagvormittag die Aufmerksamkeit der Klasse 10a des Gregor-Mendel-Gymnasiums in Amberg. Zwei Ensemble-Mitglieder des "Theater Poetenpack", Thomas Wiesenberg und Rainer Gabriel, arbeiten in dieser Woche täglich mit Jugendlichen, um sie in die Aufführung von George Taboris Farce "Mein Kampf" zu integrieren, die am Freitag, 10. November, im Stadttheater zu sehen ist. Das ist eine anspruchsvolle Aufgabe, denn die Profis müssen gleich mehreres auf einmal leisten: Den Zehntklässlern ein Gefühl für die Bühne nahebringen, sie in die Welt des Stücks einführen und dann die Passagen einstudieren, bei denen die 16-Jährigen auf der Bühne stehen .

Am Montag ist das noch spielerisch. Man lernt sich erst kennen, versucht, das Gegenüber einzuschätzen "Welches Potential steckt in den Schülern?", fragen sich die Schauspieler. "Was haben die mit uns vor?" fragen sich die Schüler. Die Einzelheiten werden sich erst in den folgenden Tagen entwickeln. Doch warum sie gern an dieser Projektwoche teilnehmen wollten, ist den Jugendlichen schon klar. Einige sagen, dass sie sich darüber freuen, etwas über das Agieren auf der Bühne zu lernen, denn das Auftreten vor Publikum stärke das Selbstbewusstsein.

Thema plötzlich ganz aktuell

Doch auch die Thematik des Stücks ist den Jugendlichen als besonders aktuell bewusst. Sie verweisen darauf, dass in den zurückliegenden Landtagswahlen in mehreren Bundesländern eine wachsende Zahl von Stimmen auf "extreme Parteien" entfiel. Auch die Tatsache, dass der russische Überfall auf die Ukraine und der Angriff der Hamas auf Israel die Möglichkeit eines Krieges bedrohlich nahe ins Bewusstsein rücken, wird angeführt. So gerät mit einem Mal Taboris Farce von einem Stück leicht angestaubter Geschichte zu etwas Lebendigem und Vorstellbarem.

Was dem Publikum – und den jungen Mit-Akteuren – die Sache leichter macht, ist die Herangehensweise des Autors George Tabori. In "Mein Kampf" geht es darum, wie der junge, erfolglose Möchtegern-Maler Adolf Hitler in einem Wiener Männerwohnheim von dem jüdischen Buchhändler Schlomo Herzl bemuttert und getröstet wird, bis der spätere Diktator sich von seinem Beschützer emanzipiert. "An Brecht und Chaplin anknüpfend, entwickelte Tabori eine Hitler-Figur als komischen Charakter und bezieht sich damit auch auf eine Tradition jüdischen Humors, der er sich verpflichtet fühlt", erklärt der Kommentar auf der Internetseite von "Theater Poetenpack".

Theater steht im Lehrplan

Barbara Hauck vom Kulturamt der Stadt Amberg war vor einigen Wochen auf das GMG zugegangen mit dem Angebot, einer Schulklasse diesen besonderen Einblick in die Theaterwelt zu ermöglichen. Oberstudienrätin Bettina Wagner (Klassleiterin und Deutschlehrerin der 10a) entschied sich in Absprache mit der Klasse dann dafür, dieses Bühnenabenteuer zu wagen. "Das passt ideal zum Lehrplan der 10. Klasse", merkte sie an. Der sieht vor, in dramatischen Texten die Figurenkonzeption, aufführungsbezogene Aspekte und die Dialogführung zu untersuchen.

Die eingehende Beschäftigung mit einem Drama und seiner Inszenierung ist explizit vorgeschrieben. Dass die Schüler der 10a gleichzeitig etwas lernen, was zum Umgang mit der Gegenwart dient, und sie außerdem mit dem Zauber des Theaterspiels in Berührung kommen, ist den Theaterpädagogen vom „Poetenpack“ und dem Kulturamt der Stadt Amberg zu verdanken.

Einführender Text, Videos und Bilder zur Inszenierung durch "Theater Poetenpack"

 
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