Die Religionspädagogin Marianne Moosburger aus Hahnbach weiß aus jahrelanger intensiver Beschäftigung mehr über das Thema, und sie gibt der AZ gerne Auskunft.
ONETZ: Frau Moosburger, sind die drei „Heiligen Könige“ reiner Mythos, nur ein orientalisches Märchen?
Marianne Moosburger: Ja und Nein. Ja, weil frühchristliche Erzähler phantastische Erzählungen dazu geboten haben. Dem Evangelisten Matthäus – nur bei ihm findet man „die Anbetung der Weisen“ – dienten sie für seinen theologischen Gesamtplan. Glaubende Heiden kommen an die Krippe Jesu, der am Ende seines Lebens vom eigenen Volk verstoßen wird. Unmittelbar nach Jesu Tod erklärt wiederum ein Heide, ein römischer Hauptmann: „Wahrhaft, dieser Mensch war Gottes Sohn!“ Nein, weil Matthäus zusätzlich eine Anzahl von Fachausdrücken und sonstigen historischen Details bringt, die sich alle in den zeitgeschichtlichen Hintergrund einfügen. Als Heimat der Weisen kommt dabei nur das mesopotamische Babylon infrage. Dort wurde jahrhundertelang exakte Astronomie mit verblüffender Genauigkeit betrieben. Die Ausübenden waren eine bevorzugte Kaste von Priestergelehrten, von denen ungezählte Keilschriften berichten. Zur Zeit Jesu waren es aber nur noch wenige dieser weisen Männer, „Magoi“ genannt, die jene wissenschaftliche Tätigkeit aufrechterhielten und umherzogen, nicht zuletzt auch, um so ihren Lebensunterhalt zu verdienen.
ONETZ: Gab es einen Stern von Bethlehem tatsächlich?
Die Diskussion um den Stern der Weisen eröffnete der Astronom Johannes Kepler (1571-1630). Er meinte, dass es sich dabei um die dreifache Begegnung der Planeten Jupiter und Saturn im Jahre 7 v. Chr. gehandelt habe. Astronomisch gesehen war es wahrscheinlich einfach die nahe Konjunktion der drei Planeten Jupiter, Saturn und Mars, wie das die Computer-Experten für das Jahr 5 v. Chr., das wohl wirkliche Geburtsjahr Jesu, aufgrund ihrer naturwissenschaftlichen Daten historisch nachgewiesen haben.
Im biblischen Bericht finden sich zudem mehrere Fachausdrücke, die babylonischen Astronomen geläufig waren, wie der „Aufgang“ des Sterns, also sein „Erscheinen“ am Morgenhimmel. Auch dass der Stern „vor ihnen einherging“, dass er „still stand“, womit der scheinbare Stillstand des Planeten in den beiden Umkehrpunkten seiner jährlichen Bandschleife gemeint war. Als Stern kommt nur Jupiter infrage. Der heißt auf akkadisch „kakkabu“. Die altsyrische Übersetzung des Matthäusevangeliums verwendet bezeichnenderweise das gleichbedeutende „kaukeba“. Jupiter war der Stern des babylonischen Hauptgottes Marduk.
Saturn, der zweite Stern, war nach babylonischer Deutung der Stern Israels. Das ganze Ereignis fand außerdem im Sternbild Fische satt, das dem „Westland“, also Palästina, zugeordnet war. In babylonischer Deutung hieß dies: Marduk sucht mit seinem Stern, dem Jupiter, den Saturn, den Gott Israels, heim. Sein „Aufgang“ soll die Geburt des großen Königs im Westland ankündigen, von dem wiederholt Sätze auf alten Keilschrifttafeln berichten.
ONETZ: Aber Astrologie gilt doch in der ganzen Bibel als „Aberglaube und Götzendienst“.
Das stimmt. Die Planetenkonstellation war ja auch nur für die Magier, und wirklich nur für sie, ein Zeichen Gottes, das sie aber unmittelbar verstanden. Auch wollte jene Erzählung zeigen, dass Gott sich allen Menschen offenbaren kann, die sich im Glauben geöffnet haben und nach der Wahrheit suchen.
ONETZ: Sind die Gebeine der Heiligen Drei Könige im Kölner Dom echt?
Eine frühchristliche Legende erzählt von der Taufe der drei durch den Apostel Thomas, ihrer Weihe zu Bischöfen und ihrem Tod im Jahr 54. Die Kaiserin Helena soll deren Gebeine geborgen haben, sie nach Konstantinopel gebracht und später dem Bischof Eustorgius von Mailand geschenkt haben. Nachdem Barbarossa im Jahr 1158 Mailand eingenommen und 1162 zerstört hatte, ließ er die Gebeine durch seinen Kanzler Rainald von Dassel, den Erzbischof von Köln, über Chur nach Köln bringen. Ein Teil der Reliquien wurde 1904 nach Mailand zurückübertragen, wo sie in San Eustorgio ruhen sollen.
ONETZ: Was bedeuten ihre Namen: Kaspar, Melchior und Balthasar?
Diese Namen tauchen erstmals Anfang des 6. Jahrhunderts auf einem der berühmten Mosaiken in San Appolinare Nuovo in Ravenna auf. Ihre Anzahl, die nicht in der Bibel erwähnt wird, ist ab dem 4. Jahrhundert auf drei geschrumpft, abgeleitet von den Gaben an das Jesuskind. Dabei bedeutet Kaspar „Schatzmeister“. Er ist der Herrscher des Landes Araba. Er ist schwarz und steht stellvertretend für Afrika. Sein Geschenk: Gold, das steht für Königtum. Melchior oder Melkon, das heißt „Mein König ist Licht“, ist der Herrscher von Persien. Er ist weiß und steht für Europa. Er schenkt Weihrauch als Symbol für anbetende Verehrung, für Göttlichkeit. Balthasar bedeutet „Beschütze sein Leben“. Er ist der Herrscher von Indien. Er hat eine gelbe Hautfarbe und vertritt Asien. Seine Myrrhe (ein Harz ähnlich wie Weihrauch) steht für Priestertum, auch für Heilung, Salbung und die reinhaltende Kraft der Selbstbeherrschung.
ONETZ: Die Sternsinger schreiben also deren Initialen an den Türstock?
Ja und Nein. Die Inschrift 20 + C + M + B + 19 wurde umgedeutet in „Christus mansionem benedicat“ in „Christus segne dieses Haus“, eingerahmt von der jeweiligen Jahreszahl. Der alte Brauch der Hausweihe geht dabei auf einen vorchristlichen Abwehrsegen in den Rauhnächten zurück, mit dem böse Geister gebannt werden sollten. Seit 1950 ist mit der Aktion Sternsinger daraus die größte und äußerst segensreiche Sammelaktion von Kindern für Kindern geworden.














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