Amberg
07.10.2019 - 17:13 Uhr

Historikerin Laura Gebauer über den Aufstieg der NSDAP in Amberg und den Protest gegen den Kruzifix-Erlass

"Unsere Männer schreiben vom Feld heim, dass die Kinder für sie beten sollen, den Kindern nimmt man aber die Kreuze weg." Dieser Satz ist ein Stück Amberger Stadtgeschichte aus dem Jahr 1941. Mit einem guten Ende übrigens.

Laura Gebauer zitierte aus Originalquellen, um die Amberger Proteste gegen den Kruzifix-Erlass 1941 zu verdeutlichen. Bild: inl
Laura Gebauer zitierte aus Originalquellen, um die Amberger Proteste gegen den Kruzifix-Erlass 1941 zu verdeutlichen.

Laura Gebauer hat auf rund 400 Seiten die Geschichte der Stadt Amberg während des Nationalsozialismus zusammengefasst. Zu diesem Thema referierte sie am Mittwochabend im Stadtarchiv. Dies geschah im Rahmen der Interkulturellen Wochen. Im Zentrum des Vortrags standen die Anfänge der Amberger NSDAP bis zu ihrer Konsolidierung in den ersten Jahren nach der Machtergreifung und der Umgang der lokalen NS-Führung mit der katholischen Kirche und Bevölkerung.

Auch wenn die 1922 vom Traunsteiner Bernhard Reiter gegründete Amberger Ortsgruppe der NSDAP die erste der Oberpfalz war, analysierte Gebauer: "Dass sie im öffentlichen Leben der Stadt bis zur Machtergreifung 1933 eine Nischenexistenz fristete". Entscheidend dafür sei gewesen, dass Amberg stark katholisch geprägt gewesen sei. "Das gesellschaftliche Leben organisierte sich in Amberg in den Kirchengemeinden", erklärte die Historikerin, die sich seit 2013 mit dem Thema beschäftigte. Auch das wüste Auftreten der Ortsgruppe in den Anfangsjahren samt Biersaal-Schlacht im Frühjahr 1923 mit zahlreichen Verletzten und demolierten Möbeln hat laut Gebauer zu einem negativen Image der nationalsozialistischen Ortsgruppe beigetragen.

Schnelle Kontrolle

Aber die NSDAP gewann auch in Amberg bis 1933 immer mehr Wählerstimmen. Insbesondere zwischen 1928 und 1930. Mit der Leitung der Ortsgruppe durch den unterfränkischen Studienrat Josef Filbig ab 1931 und einem Stimmanteil von 28,2 Prozent bei der letzten Reichstagswahl im März 1933 habe sich die NSDAP in Amberg schließlich stabilisiert. Nach Adolf Hitlers Ernennung zum Reichskanzler am 30. Januar 1933 gewann die NSDAP im Amberg auch schnell die politische Entscheidungsmacht, führte Gebauer aus: "Binnen sechs Monaten hatten sie die Stadtverwaltung komplett unter ihre Kontrolle gebracht". Erst schlossen NSDAP und Bayerische Volkspartei die Vertreter der SPD aus dem Stadtrat aus, bevor die BVP selbst aus dem Gremium entfernt wurde. Schließlich erhob die erste rein nationalsozialistisch besetzte Stadtratssitzung am 3. August 1933 Josef Filbig in einer unangekündigten Wahl zum Bürgermeister.

Katholische Proteste

Nachdem Gebauer die Anfangsjahre der NSDAP in Amberg skizziert hatte, war der Umgang der NS-Führung mit dem in Amberg starken Katholizismus der zweite Aspekt, den die Historikerin aus ihrer 400-seitigen Doktorarbeit vorstellte. Sie schilderte zahlreiche Beispiele für den "hartnäckigen Versuch, den Einfluss der katholischen Kirche in Amberg zurückzudrängen": NS-Anhänger entfernten Aushänge in den Schaukästen der Kirchen, verschmierten den Beichtstuhl in St. Georg mit Hakenkreuzen. 1937 schloss Josef Filbig den Knabenhort der Salesianer und entfernte bis 1941 alle klösterlichen Lehrerinnen aus dem Schuldienst der Armen Schulschwestern.

Dagegen habe sich in Amberg bereits früh Protest formiert, sagte Gebauer und zitierte aus entsprechenden Quellen. 1941 kam der Protest gegen die nationalsozialistischen Verdrängungsversuche zu seinem Höhepunkt. Grund dafür war der bayernweite "Kruzifix-Erlass", die Entfernung aller Kreuze aus den Schulen. Ab dem 12. September protestierten Frauen beim Kreisleiter Dr. Arthur Kolb und beim Bürgermeister Sebastian Regler. Von 15 Demonstrantinnen wuchs die Zahl bis zum 22. September auf 500. Am 10. Oktober 1941 schließlich zahlte sich die Hartnäckigkeit der Eltern und Geistlichen aus - die Kreuze kehrten in die Klassenzimmer zurück.

Auch wenn die lokale Ortsgruppe ein engatives Image hatte: bis 1933 hatte die NSDAP in auch in Amberg deutlichen Stimmenzuwachs, wie Gebauer in einem Überblick der vorangegangenen Reichstagswahlen zeigte. Bild: inl
Auch wenn die lokale Ortsgruppe ein engatives Image hatte: bis 1933 hatte die NSDAP in auch in Amberg deutlichen Stimmenzuwachs, wie Gebauer in einem Überblick der vorangegangenen Reichstagswahlen zeigte.
 
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