Hörnerklänge, Jagdhunde, Greifvögel, viel Information zum Thema Naturschutz und Jagd, jede Menge Prominenz und ganze Wände voller prachtvoller Hirschgeweihe - das ist das Ambiente, das jedes Jahr ein jagdinteressiertes Publikum auf Gut Heringnohe bei Vilseck führt. Vielerlei Vertreter von Behörden, Vereinen und Verbänden, von Bauern, Imkern, Fischern und US-Armee füllten den Stodel, als der Oberpfälzer Bezirksvorsitzende der Jäger, Landtagsabgeordneter Alexander Flierl, die BJV-Veranstaltung als „bundesweit bedeutende Hegeschau“ titulierte. Das Rotwild und sein Stellenwert für die Oberpfalz, aber auch seine Probleme standen im Mittelpunkt der Beiträge.
BJV-Präsident Ernst Weidenbusch erinnerte daran, dass diese Tierart nur auf 16 Prozent der Landesfläche geduldet werde. Colonel Kevin A. Poole, der Garnisonskommandeur von Grafenwöhr, würdigte die Verdienste des Bundesforstes um die Bewahrung und den Erhalt des für den Übungsplatz so wichtigen Rotwilds, das die Landschaft offenhält.
Zehn Rotwildgebiete in Bayern
Damit die Faktenlage klarer wird, läuft derzeit eine Untersuchung der TU München unter Federführung von Professor Andreas König zur „Erhebung der genetischen Populationsstruktur und des Zustandes der bayerischen Rotwildvorkommen“. Damit soll durch eine massive Probenentnahme, eine genetische Analyse samt Interpretation die genetische Vielfalt in den einzelnen Rotwildgebieten ergründet werden, ebenso der Austausch zwischen den Arealen und der Zustand der jeweiligen Population. In vielen anderen Bundesländern sei nämlich eine genetische Verarmung zu beobachten, bedingt durch die Verinselung der Rotwildvorkommen - dies führe nachweislich auch zu Missbildungen, erklärte Andreas König. Lediglich zehn Rotwildgebiete gebe es in Bayern, hauptsächlich in den Alpen, im Osten und Norden sowie in Spessart, Rhön und Odenwald. Rund 3000 Proben müssten gezogen und ausgewertet werden, fast die Hälfte seien schon in Arbeit. Man warte gespannt auf das Endergebnis.
Deutschlands bekanntester Wildtier-Ökologe, Prof. Dr. Dr. Sven Herzog von der TU Dresden, beleuchtete den Problemkreis Rotwild-Bejagung und Waldbau. Unter dem Eindruck von Borkenkäfer, Trockenheit und Klimawandel müssten vermehrt forstwirtschaftliche, aber auch jagdliche Hausaufgaben gemacht werden - ein langfristiger Prozess. Die Lebensraum-Kapazität müsse angepasst werden, ebenso das Bejagungskonzept. „Wie wenig Wild ist zu wenig?“, „Wieviel Wild braucht der Wolf, aber auch der Naturschutz für offene Landschaften?“, diese Fragen stellte der Wissenschaftler und pries den Übungsplatz Grafenwöhr mit seinen 23.000 Hektar, davon 9000 Hektar Offenland, für seine sehr hohe Artenvielfalt und das tagaktive Rotwild auf den Wiesen.
Fokussierte Jagd
Die Problemkreise seien zum einen die Sicherung der zielgerechten Waldentwicklung, zum anderen die großräumige Offenhaltung der Landschaft. „Konkret heißt das: Wenig Rotwild im Wald, viel im Offenland“, fasste Herzog zusammen. Der saisonale Energiebedarf dieser Wildart für Geweihaufbau, Brunft oder Kälberaufzucht spiele dabei eine entscheidende Rolle. Herzog stellte dann seine bahnbrechende Erkenntnis vor: Dank Besenderungen von vielen Rotwild-Exemplaren habe seine Untersuchung ergeben, dass sich die Jahresstreifgebiete, also die Aufenthaltsorte der einzelnen Rotwildfamilien, auf teilweise nur 34 bis 75 Hektar konzentrierten. „Befinden sich hier Flächen mit natürlich nachwachsenden Bäumen, so muss genau hier stark gejagt werden“, folgerte der Experte daraus. Die Jagd-Schauplätze flächendeckend zu verteilen, ergebe überhaupt keinen Sinn. Es genüge, an diesen Schwerpunkten stark einzugreifen. Auch die Frühjahrsjagd am Waldrand vermiese dem Rotwild den eigentlich erwünschten Aufenthalt im Offenland. „Wir müssen die erlegen, die im Wald fressen“, beschrieb er das Credo: Fokussierte Jagd auf Verjüngungsschwerpunkten, Ruhe auf den übrigen Flächen und Äsungszonen.
„Reduktion ist ein Projekt, keine Lebensaufgabe“, schrieb er all denen ins Stammbuch, die eine flächendeckende Absenkung des Wildbestandes als Allheilmittel priesen. Früher gab es zusätzlich noch Wisente, Auerochsen, Elche, und der Wald habe sich auch gut entwickelt. Entstandene Kahlflächen mit Fördermitteln sofort wieder komplett anzupflanzen, sei meist grundfalsch.
Offenland mit Schafen zu beweiden, mache der Wolf immer schwerer: „Wir brauchen Rotwild flächendeckend, wenn wir den Wolf wieder wollen“, stellte er abschließend die ökologischen Zusammenhänge klar.
Planung diszipliniert erfüllt
Die lange erwarteten Zahlen für das Jagdjahr gaben schließlich für die Hochwild-Hegegemeinschaft Nord/Veldensteiner Forst Leitender Forstdirektor Alexander Krone und für den Süden Forstdirektor Matthias Kellner bekannt. „Damit wurde die Planung diszipliniert erfüllt“, lautete die Bilanz. In Hohenfels müssten wegen der hohen Ausfälle bei den Kiefern jagdliche Schwerpunkte an Verjüngungsflächen gesetzt werden, bemerkte Matthias Kellner, Alexander Krone kündigte die Fortsetzung des bisherigen Jagdsystems an, bei dem auch der Wolf mit einkalkuliert sei. Er gehe für Grafenwöhr von zwei Muttertieren aus, die jährlich über ein Dutzend Jungtiere zur Welt bringen könnten. Probleme könne es geben, wenn der Wolf das Raumnutzungsverhalten des Rotwildes beeinflusse und den auf die freien Flächen „gelenkten Hirsch“ im Wald halte.
Abschließend besprach Andreas Rohrseitz die ausgestellten rund 120 Geweihe. Der stärkste Hirsch der Schau kam dieses Jahr aus Hohenfels, es handelt sich um einen ungeraden 20-Ender mit sechs Kilogramm Geweihgewicht und einer Bewertung von 196 Internationalen Punkten. Platz zwei belegte ein 18-Ender aus Grafenwöhr mit 6,2 Kilo und 195 Punkten, Dritter ist mit sechs Kilo ein ungerader 16-Ender mit 194 Punkten.
Rotwildstrecke in der Oberpfalz
- Nord: 2198 Tiere (98 Prozent des Abschussplans)
- Süd: 1493 Tiere (97 Prozent des Abschussplans)
- Gesamt: 3691 Tiere
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