Obwohl sich ihr politisches Themengebiet längst auf den Haushaltsausschuss verlagert hat, brennt das Herz der Bundestagsabgeordneten Ekin Deligöz (Grüne) schon seit vielen Jahren für das Soziale und den Kinderschutzbund. Selbst bezeichnet sie sich als "Grüne und Kinderschützerin". Gerne folgte sie deshalb der Einladung der Stadtratsfraktion der Grünen in die Räumlichkeiten des Deutschen Kinderschutzbundes (DKSB) in Amberg. Erst im Mai wurde Deligöz zur Vizepräsidentin des Verbands gewählt. "Das war für mich total überraschend", ließ die Politikerin in der Runde wissen.
Familienpatenschaften und Besuchs-Café
Bevor Deligöz das Wort an die Anwesenden richtete präsentierte Vorsitzende Brigitte Breitfelder das breite Portfolio des Kinderschutzbundes. Besonders am Herzen liegen ihr die Familienpatenschaften und das Besuchs-Café. Diplompsychologin Yvonne Straller-Höhlein erklärt das Konzept: Familien bei aktuellen Belastungen präventiv unterstützen, bevor es zur Krise kommt. "Wir wollen die Familien dort abholen, wo sie stehen und nicht von oben auf sie herab reden", sagt Breitfelder. Mehr Öffentlichkeitsarbeit wünscht sich Daniela Bernschneider, die sich um die Elterngruppe von Autisten kümmert. "Trotz ihrer geistig einwandfreien Fähigkeiten, ist es oft unheimlich schwer für die Autisten einen Arbeitsplatz zu finden", erklärt Bernschneider. Dort gebe es noch einige Vorurteile abzubauen.
Kinder sind keine kleinen Arbeitslosen
Delgöz' größtes Anliegen für den Kinderschutzbund, was sie auf bundesweiter Ebene verfolgt, ist es, den Verein "finanziell wieder auf stärkere Beine zu stellen". Für eine gute Entwicklung, die Kinder später nicht zu Opfern werden lässt, brauche es vor allem Zeit, Geld und Infrastruktur. "Kinder sind keine kleinen Arbeitslosen. Sie brauchen vom Staat eine Chance, Unterstützung und keine Sanktionen. Wir müssen Kindern eine Kindheit geben", erklärte Deligöz. Was an der Stelle in die Gesellschaft investiert werde, kriege man schließlich wieder zurück. Zudem müsse sich die Kultur, Familie sei etwas rein Privates, ändern. Rund 20 Prozent aller Familien mit Kindern benötigten schließlich externe Unterstützung.
Auch Eltern brauchen Unterstützung
An dieser Stelle warf Christa Schuster vom DKSB ein, dass es zwar gute Betreuung für die Kinder, jedoch kaum Angebote für die Eltern gebe. Gerade wenn Kinder aus Familien geholt werden. Diesen Gedanken nimmt Deligöz gerade in der Diskussion um Kinderrechte im Grundgesetz mit nach Berlin. Die Politikerin lobte die Arbeit des Vereins in Amberg: "Sie machen das ganz richtig, so niederschwellig." Eines dieser Angebote ist beispielsweise das Besuchs-Café. Hier könnten sich getrennte Eltern an einem "sicheren Ort" zur Übergabe der Kinder treffen. Leider werde das Angebot noch nicht sehr gut angenommen, sagte Breitfelder.
"Nun verlassen wir aber die Werbung in Richtung Materie", stellte Deligöz im Laufe der angeregten, rund eineinhalbstündigen Diskussion fest. Gemeinsam schnitten die Stadträte, Politiker und Mitarbeiter des DKSB viele Themen an. Brigitte Breitfelder schlug beispielsweise Rentenpunkte vor, um das Ehrenamt attraktiver zu machen. Mit genauen Ausführungen über die komplizierte Lage der Renten - und Sozialsysteme in Deutschland erläuterte Deligöz Vor - und Nachteile einer solchen Idee. Auch Stadträtin Elke Winkel (Grüne), die sich für das Zustandekommen des Besuchs eingesetzt hatte, befürwortete den Vorschlag.
Mehr als ein feuchter Händedruck
Morgens als Schülerlotse an der Straße stehen, nachmittags Trikots für die E-Jugend waschen, abends Flöte unterrichten: Ehrenamtliche leisten täglich Großes. Und was bekommen sie dafür? In der Regel nicht mehr als eine
goldene Ehrennadel und einen feuchten Händedruck. Wenn der Staat alles zahlen müsste, was Ehrenamtliche leisten, könnte die Gesellschaft gleich dichtmachen. Ohne Ehrenamtliche funktioniert der Laden nicht. Warum soll sich die Wertschätzung für das Ehrenamt nicht auch finanziell niederschlagen? Es muss nicht gleich Geld auf die Hand sein. Aber eine Aufbesserung der Ehrenamtspauschale oder die Möglichkeit, Rentenpunkte zu erwerben, wären eine konstruktive Idee für eine spürbare Gegenleistung der Gesellschaft. Eine, die mehr bewirkt, als ein feuchter Händedruck.
Kathrin Moch