Amberg
21.11.2018 - 10:34 Uhr

Wer macht beim Rodeln das Rennen?

Was ist besser? Der Bob? Oder doch der Schlitten? Ein OTH-Physiker gibt wissenschaftliche Antworten.

Wer macht das Rennen? Bob oder Schlitten? Ein OTH-Wissenschaftler vergleicht. Bild: Patrizia Tilly - stock.adobe.com
Wer macht das Rennen? Bob oder Schlitten? Ein OTH-Wissenschaftler vergleicht.

Zum Winter gehört Schnee und zum Schnee gehört der Schlitten. Früher war das meist ein Modell aus Holz, vorne gerne mit Hörnern und vielleicht einem Glöckchen geschmückt. Heute dürfen Schlitten auch aus anderem Material bestehen, zum Beispiel aus Kunststoff. In den letzten Jahren ist ein wahrer Glaubenskampf um den "richtigen" Schlitten entbrannt. Welches Modell ist besser: der klassische handgefertigte Holz-Rodel oder der neumodische Plastik-Bob für Kinder? Die einen erinnern sich an die Abfahrten der eigenen Kindheit, die anderen denken ganz praktisch an die Handhabbarkeit beim Familienausflug.

Woran die allerwenigsten denken, ist die Naturwissenschaft, die sich hinter dem Schneespaß verbirgt. Manfred Bauer ist Diplom-Physiker an der Ostbayerischen Technischen Hochschule (OTH) Amberg-Weiden. Er muss es wissen: Welcher Schlitten ist besser? Bauer schmunzelt. So einfach kann man die Frage natürlich nicht beantworten. "Das kommt ganz drauf an", lautet die Antwort des Wissenschaftlers. Er stellt eine Gegenfrage: "Wie sind die Schneeverhältnisse und wer benutzt den Schlitten?"

Ist der Schnee weich, tun sich die Hörnerrodel schwer. Ihre Kufen sind lang und schmal. Lastet ein Gewicht auf dem Schlitten, sinken sie im weichen Schnee tief ein. Und je nach Schneehöhe stoßen sie bald auf Gras und Matsch auf. Dann geht nichts mehr. Der Plastik-Bob mit seinem breiten Boden kann dagegen auch auf wenig und weichem Schnee gleiten. Sein Gewicht verteilt sich auf eine größere Fläche. Ist der Boden hartgepresst, dann rasen beiden Gefährte ins Tal. Der breite Bob kann dabei schon mal außer Kontrolle geraten. Die Kufen des Rodelschlittens dagegen finden auch auf harten Pisten noch ausreichenden Halt, um das eine oder andere Lenkmanöver durchzuführen.

"Aquaplaning"

Aber warum rutscht der Schlitten eigentlich? "Zwischen zwei aufeinander gedrückten Flächen wirken immer Reibungskräfte", erklärt Manfred Bauer von der OTH Amberg-Weiden. Raue Oberflächen verhaken sich richtig ineinander und verhindern das Gleiten. Ein Autoreifen bremst auf rauem Asphalt. Glatte Oberflächen haften nicht so stark. Deswegen kann die glatte Stahlkufe eines Schlittens über glatten Schnee gleiten. Hinzu kommt, dass bei Bewegung zwischen Kufen und Schnee ein dünner Wasserfilm entsteht. Das Wasser wirkt wie ein Schmiermittel. Das kennt man von der Rutschgefahr auf nassen Fliesen. Bei Autofahrern ist der Effekt als "Aquaplaning" berüchtigt. Doch wo kommt das Wasser her? Natürlich aus dem Schnee. Das Prinzip kennt man: Um kalte Hände aufzuwärmen, reibt man sie aneinander. Beim Schlittenfahren schmilzt die Reibungswärme die oberste Schneeschicht zu Wasser. Und auf diesem dünnen Film gleitet der Schlitten dann dahin.

Und wenn man lenken oder gar anhalten muss? Der hölzerne Hörnerschlitten lässt sich nicht so einfach steuern - das richtige Bremsen mit den Schuhen muss man schon üben. Kinder-Bobs haben dagegen oft Lenkräder und Bremsen. Gerade Kinder bekommen damit den Schlitten sehr viel besser unter Kontrolle. Außerdem liegt bei diesen der Schwerpunkt niedriger. Das heißt, der Fahrer sitzt nur knapp über der Piste. Holzschlitten sind meistens höher, weswegen sie auch leichter umstürzen können.

Verletzungsgefahr besteht unabhängig von der Bauart durch mögliche Zusammenstöße mit feststehenden Hindernissen oder anderen Rodlern. Wenn man durch Umkippen oder durch eine Bodenwelle vom Schlitten geworfen wird, kann das auch sehr schmerzhaft werden. Diplom-Physiker Bauer ermahnt streng: "Da man sich beim Rodeln schneller als üblich durch die Gegend bewegt, sollte man auch sicherstellen, dass man die Strecke weit genug einsehen kann." Erst bei freier Bahn kann man die Abfahrt starten.

Die Frage, welches Vehikel besser ist, lässt sich also nicht grundsätzlich beantworten. Je nach Wetterlage und Untergrund fährt das eine oder das andere besser. Leichte Kunststoff-Bobs sind gut, wenn Kinder auf eigene Faust rodeln wollen. Der klassische Holzschlitten taugt mehr für Familienausflüge. Wenn man auf die Sicherheit achtet, kann man mit beiden viel Spaß haben.

Im Bob wippen?

Bleibt nur noch eine Frage: Wieso heißt der Bob eigentlich Bob? Auch das weiß Manfred Bauer von der OTH Amberg-Weiden. Die Bezeichnung ist ja für lenkbare Mehrsitzer-Schlitten üblich. Früher wollten die Mannschaften, die damit zu Wettbewerben antraten, die Geschwindigkeit erhöhen, indem sie mit den Oberkörpern gemeinsam im Takt vor und zurück wippten. Das brachte zwar nicht viel, aber weil wippen auf Englisch "to bob" heißt, entstand so immerhin der Name des Sportgeräts. (söm)

Unfallfreie...:

... Schlittenfahrt

Piste frei von Hindernissen

Strecke vorher gut ansehen, gegebenenfalls Testfahrt mit geringer Geschwindigkeit

Auf ausreichenden Auslauf achten

Kinder müssen einen Schutzhelm tragen

Nicht Kopf voraus rodeln

Ski-Handschuhe und feste Schuhe anziehen

Nur geprüfte Schlitten verwenden - keine aufblasbaren Schlitten

Für Erwachsene: keinen Alkohol trinken

OTH-Physiker Manfred Bauer vergleicht theoretisch, was praktisch ganz viel Spaß machen kann: Bob und Schlitten. Bild: Privat
OTH-Physiker Manfred Bauer vergleicht theoretisch, was praktisch ganz viel Spaß machen kann: Bob und Schlitten.
Auf festen Untergründen punktet der Schlitten. Bild: ARochau - stock.adobe.com
Auf festen Untergründen punktet der Schlitten.
Vorteil Bob: Er lässt sich in der Regel leichter lenken. Übrigens, seinen Namen hat der Bob aus dem Englischen: "To bob" bedeutet "wippen". Bild: Kathrin39 - stock.adobe.com
Vorteil Bob: Er lässt sich in der Regel leichter lenken. Übrigens, seinen Namen hat der Bob aus dem Englischen: "To bob" bedeutet "wippen".
Ein Hörnerschlitten kann im tiefen Schnee stecken bleiben. Bild: Ralf Geithe - stock.adobe.com
Ein Hörnerschlitten kann im tiefen Schnee stecken bleiben.
 
Kommentare

Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.

Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.

Zum Fortsetzen bitte

Sie sind bereits eingeloggt.

Um diesen Artikel lesen zu können, benötigen Sie ein OnetzPlus- oder E-Paper-Abo.