„Haus der wilden Orgien“ – Damit lockte Barbara Wolters am Tag das offenen Denkmals in Amberg in Sachen Josefshaus die Neugier der Teilnehmer. Über 100 Menschen, aufgeteilt auf drei Vorstellungen, folgten der Stadtheimatpflegerin auf Schritt und Tritt – sehr zu Wolters Verwunderung. Die Namen als auch die Nutzung des Gebäudes änderten sich mit dem Wandel der Zeit – beginnend im 14. Jahrhundert mit dem Erbau der Stadtmauer. Diese sollte Jahrhunderte später als Sockel auf der Nordseite des zu entstehenden Hauses dienen. 1900 konnte der Bau für die Räumlichkeiten des Katholischen Gesellenvereins fertiggestellt werden. Das ausgefuchste an diesem Gebäude – um Steine zu sparen: es steht auf der Stadtmauer und noch immer sind die drei Umbauten von Gesellenhaus zum Josefshaus bis zum jetzigen Prechtlhaus zu sehen und nachzuvollziehen, war zu erfahren.
Amberg war beliebt und wucherte über die Stadtmauern hinaus. Einst nur im Kern bewohnt, musste aufgrund der Emaille-Fabrik der Gebrüder Baumann ausgebaut werden. Aber auch die Gesellen auf der Walz brauchten eine Bleibe. Adolph Kolping erkannte die Not dieser Zeit und gründete deshalb die Gesellenvereine. Der stetige Wachstum führte somit zur Entstehung von Stadtmauerhäusern, mit dem Gebäude des Katholischen Gesellenvereins als vorangehendes Beispiel, erklärte Wolters.
In diesem Vereinshaus fand der gemeine Bürger Fortbildungen, religiöse Betreuung und soziale Unterstützung. Es wurde aber auch gefeiert. Erstmals war es dort möglich, dass beide Geschlechter aufeinander treffen und zusammen tanzen durften.
Stark sanierungsbedürftig
Die Gesellenvereine wurden umgetauft auf Kolpinghäuser. Und um dieses noch zu würdigen, blieb eine Kopie des bekannten Bildes als Piktogramm auf dem jetzigen Prechtlhaus. Zwei Figuren und ein Stab stellen Priester Kolping mit offenen Armen und einen Handwerksburschen mit Rucksack, Wanderstab und Zimmermannshut dar. Während des Zweiten Weltkrieges wurde das soziale Engagement des Vereins verboten. Nach dem Krieg war das Gebäude stark sanierungsbedürftig.
Das Amberger Volksblatt berichtete ab 1954 über die Entstehung eines „Veranstaltungstempels mit jeglichem Schnickschnack“ inklusive Hausmeisterwohnungen. Die Kosten: 250 000 Mark. Der Architekt Hans Kierner entwarf ein Haus, in dem ab 1956 Platz für 1000 Amberger war. Ab den 70er-Jahren wurden Rockkonzerte veranstaltet und zwischendurch traten bereits Heranwachsende zu ihren Abschlussbällen hinein. Wolters: "1996 hieß es dann Ende Gelände – und die Jahre vergingen, während nur ein trostloses Mauerwerk an große Feierlichkeiten und wilde Orgien erinnerte."
Nun finden sich Wohnungen im Inneren des Prechtlhauses. Und über das Äußere wird diskutiert. Bereits 1956 schrieb die hiesige Volkszeitung über „eine gewagte Farbgebung“ - der Brombeerfarbton war für manch einen ein Dorn im Auge. Dieser Farbton wurde an den beiden Wandscheiben, die den früheren Saalbau begrenzten, wieder aufgenommen. Barbara Wolters bezog hierzu eine klare Stellung: „Für die heutige Bezeichnung ,Prechtlhaus' hätte meiner Meinung nach aber alles unternommen werden müssen, um tatsächlich das Original des Prechtlbildes sichtbar zu halten.“
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