Amberg
12.10.2018 - 15:14 Uhr

Obstschwemme? Kein Problem

Viele Gartler sind heuer richtig gestresst wegen der üppigen Ernte. Franz Gerl hat keine Angst davor: In seinem Obstgarten wird alles verwertet.

Mit den richtigen Gerätschaften kann man sich die Arbeit im Obstgarten erleichtern: Franz Gerl nutzt dazu zum Beispiel den Rollsammler. Bild: exb
Mit den richtigen Gerätschaften kann man sich die Arbeit im Obstgarten erleichtern: Franz Gerl nutzt dazu zum Beispiel den Rollsammler.

Die Lieferanten für die Juradistl-Apfelsammlung kamen aus allen Winkeln des Landkreises und aus der Stadt Amberg. "Eine gute Sache, dass man hier sein überschüssiges Obst abgeben kann. Viele Leute sind regelrecht gestresst angesichts der Apfelmengen, die vom Baum fallen", erklärt ein Obstgärtner. "Man hat ein schlechtes Gewissen, wenn die vergammeln. Da entscheidet sich manch einer dafür den Baum einfach umzusägen. Damit a Ruh is."

Auch Franz Gerl bringt einen Anhänger voll Äpfel zur Juradistl-Sammlung. Der Amberger hat keine Angst vor großen Obstmengen. In seinem Erdkeller hat er bereits rund eine Tonne Äpfel eingelagert. Dort halten sich die Früchte zum Teil bis zum nächsten Juni.

Auf Gerls Streuobstwiese in Kümmersbruck beginnt die Ernte Ende August mit dem süßen Charlamowsky-Apfel. Von da an ist er fast täglich im Obstgarten, um zu sammeln und zu pflücken. Die Familien seiner vier Kinder helfen regelmäßig mit. Die ersten Äpfel lässt er in Gebenbach zu Saft pressen. "Die müssen richtig ausgereift sein, damit das einen guten Saft ergibt", betont Gerl. Einen Teil dieses Saftes verarbeitet er selbst weiter zu Wein und Cidre. Außerdem setzt er aus Zwetschgen und Äpfeln Maischen an, aus denen er im Nürnberger Land Schnaps brennen lässt.

Franz Gerl ist 69 Jahre alt und mit dem Streuobst und der Verarbeitung aufgewachsen. "Mein Vater hat die Streuobstwiese 1951 angelegt. Damals waren die Hungererfahrungen aus dem Krieg ausschlaggebend für ihn." Heute stehen 8 Birn- und 30 Apfelbäume auf der Wiese, darunter viele alte Sorten wie der Adersleber Kalvill, verschiedene Renetten, Geheimrat Dr. Oldenburg, Gelber Bellefleur, Ontario, Berner Rosen- oder der Gewürzluikenapfel. Außerdem ein paar Walnuss-, Zwetschgen-, Renekloden-, Quitten- und Kirschbäume. Weil Franz Gerl die Sortenvielfalt liebt, hat er in den letzten Jahren noch Speierlinge, eine Mispel und eine Aprikose dazu gepflanzt.

Mit dem Obst in flüssiger und fester Form versorgt er hauptsächlich Familie und Verwandte. Heuer hat er viel verschenkt. Nach getaner Arbeit stellt er eine Kiste voller Früchte vor den Gartenzaun. Spaziergänger nutzen dieses Angebot gern. "Jetzt kommen noch die Winteräpfel runter. Einen Termin zum Saftpressen haben wir noch ausgemacht. Wenn dann keiner mehr frische Äpfel will, lasse ich einfach alles liegen für die Vögel und das Wild.

Im Winter, wenn Schnee liegt, mache ich alle Tore auf, damit die Tiere reinkönnen. Die fressen tatsächlich alles auf." Mit leuchtenden Augen erzählt er von unzähligen Spuren, die Rehe, Vögel und Kleintiere im Schnee auf seiner Wiese hinterlassen: Im Obstgarten von Familie Gerl ist der Tisch für alle gedeckt.

Info:

Der Landschaftspflegeverband (LPV) setzt sich auf vielfältige Weise für den Erhalt der Streuobstkultur im Amberg-Sulzbacher Land ein. Mit der Juradistl-Apfelschorle und dem Öko-Modellregion-Projekt "Kulturerbe Streuobst" soll die Nutzung der wertvollen Ernte gefördert werden. Insbesondere die alten Obstbäume sind bedeutend für kulturelle und biologische Vielfalt, betont der LPV. Neupflanzungen seien wichtig, könnten jedoch nur zum Erhalt der Streuobstkultur beitragen, wenn diese Bäume von Anfang an und kontinuierlich gepflegt werden.

Darum bietet der Verein über die Öko-Modellregion (ÖMR) im Frühjahr wieder zwei Kurse zur Obstbaumpflege mit Josef Weimer an. Im November laden LPV und Kreisverband für Gartenbau zu einem Pomologie-Kurs mit Josef Wittmann ein. Auf der ÖMR-Internetseite finden Interessierte alle Termine sowie Infos zu Sortenauswahl und Obstpressen.

Die nächste Juradistl-Sammlung läuft im Herbst 2019. Für die Unterstützung älterer Streuobstgärtner, für die die Apfelernte sehr beschwerlich ist, sucht der LPV freiwillige Helfer. Schulklassen und Jugendgruppen könnten sich dabei ein Taschengeld für die Gruppenkasse verdienen. Interessenten können sich melden (09126/3 92 38, oekomodellregion[at]lpv-amberg-sulzbach[dot]de).

Hier muss sich keiner bücken: Der Rollsammler ist ein praktisches Helferlein. Bild: exb
Hier muss sich keiner bücken: Der Rollsammler ist ein praktisches Helferlein.
Bei der Apfelernte auf seiner Obstwiese hat Franz Gerl Helfer. Bild: exb
Bei der Apfelernte auf seiner Obstwiese hat Franz Gerl Helfer.
Im Erdkeller ist die üppige Apfelernte optimal eingelagert. Bild: exb
Im Erdkeller ist die üppige Apfelernte optimal eingelagert.
Macht die Apfelernte einfacher: Der Greifer. Bild: exb
Macht die Apfelernte einfacher: Der Greifer.
 
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