Vertrauen ist gut, kontrolliert wird nicht. Nach der bisher zweitägigen Beweisaufnahme in einem laut Anklageschrift 7,4 Millionen Euro schweren Betrugsprozess (www.onetz.de/2884465) zeichnet sich ab, dass der Beschuldigte (62) kaum zu befürchten brauchte, dass ihm schnell jemand auf die Schliche kommen könnte. Gegenüber seinem Netzbetreiber soll er sieben Jahre lang Öko-Strom höchster Güteklasse abgerechnet haben, obwohl er aus einem mit Heizöl betriebenen Block-Heizkraftwerk (BHKW) kam. Es war Kommissar Zufall, der die Ermittler auf die Spur des 62-Jährigen brachte. Denn vorgeschriebene Kontrollmechanismen sieht die durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) ausgelöste Wertschöpfungskette nicht vor. Der Angeklagte betrieb zur Tatzeit über eine Vermögensverwaltungs-GmbH nicht nur vier BHKW-Einheiten an zwei Standorten. Er nannte auch eine Spedition sein Eigen.
Verkehrspolizisten stutzig
Dieser Umstand brachte ihn letztendlich auf die Anklagebank, weil zwei Verkehrspolizisten bei einer Kontrolle eines seiner Lastzüge Ungereimtheiten bei den Ladepapieren feststellten. Sie informierten ihre Kollegen von der Kripo und die stießen auf "völliges Neuland" vor, wie sich der zuständige Sachbearbeiter als Zeuge ausdrückte. Erst nach und nach habe herausgearbeitet werden können, dass der Angeklagte wohl ein mit Holzpellets betriebenes BKHW abrechne, diese Kraftwerkseinheit aber mit Heizöl befeuere.
Zudem wird ihm vorgeworfen, die Sondervergütung für Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) in Anspruch genommen zu haben, obwohl keine Wärmenutzung - meist sind es Trocknungsanlagen - stattgefunden habe. Auch ein Technologie-Bonus sei geltend gemacht worden, die geförderte Technik sei über das Versuchsstadium aber nicht hinausgekommen.
All das, so der Stand der Beweisaufnahme, wurde nie kontrolliert. Ähnlich einer Photovoltaik-Anlage auf einem Privathaus genügten entsprechende Antragsformulare und Bestätigungen, um die eingeforderte Einspeisevergütung bei dem Netzbetreiber zu beantragen und genehmigt zu bekommen. Auch in dieser Größenordnung, hier geht es um eine Nennleistung von 600 Kilowatt.
Aussage am Montag
Lediglich ein sogenanntes Brennstoff-Einsatztagebuch über den laufenden Betrieb forderte der Netzbetreiber als Nachweis ein, ob regenerative Energieträger eingesetzt werden. Falsche Angaben darin beschrieb der Angeklagte in einer polizeilichen Vernehmung als selbst verschuldete Schlamperei. Für Montag kündigte der 62-Jährige an, sich vor Gericht zu äußern. "Wir sind schon gespannt", sagte Kammervorsitzende Roswitha Stöber dazu.
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